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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Frankfurter Nordend Impfgegner demonstrieren auf Spielplatz – Anwohner protestieren
Wiederholt haben rund 1.000 Menschen im Frankfurter Holzhausenpark gegen die aktuellen Corona-Maßnahmen demonstriert. t-online trifft sie – und die genervten Anwohner im Nordend.
Bereits zum vierten Mal in diesem Jahr demonstrierte die Querdenker-Szene am Samstag im Frankfurter Nordend. Das städtische Ordnungsamt erwartete rund 1.000 Demonstrierende, die gegen die geltenden Corona-Maßnahmen und eine mögliche Impfpflicht protestieren wollen. Eine t-online-Reporterin war vor Ort.
Die Demonstrierenden treffen sich in einem der beliebtesten Parks in Frankfurt, ein Platz mit einem großen Spielplatz und Rasenfläche, der normalerweise Familien mit Kindern am Wochenende als Ort der Entspannung dienen soll. Schon seit einigen Wochenenden verwandelt sich dieser Ort samstags in einen Platz des Protests – von familiärer Gemütlichkeit keine Spur. Nur wenige bleiben mit ihren Kindern, während sich immer mehr Menschen versammeln.
Vom Park aus ziehen die Impfgegner und Impfgegnerinnen Richtung Frankfurter Innenstadt, auf dem Oeder Weg, einer beliebten Einkaufsstraße, marschieren sie an Cafés, Blumenläden und Friseuren vorbei – Orte, die an einem Samstag auf ihre Kundschaft zählen. Von einzelnen Balkonen hängen Plakate mit Aussagen wie "Manche denken quer. Viele denken weiter" oder "Solidarität kennt keine Grenzen".
Frankfurter Magistrat prüft Verbot von Demos auf Spielplätzen
Die Anwohner des Frankfurter Nordends sind genervt. Vor zwei Wochen waren die Demonstrationen auch Thema im Ortsbeirat. Er einigte sich auf eine Anregung an den Magistrat: Die Stadt solle nun prüfen, ob Versammlungen im Zuge einer Demonstration oder sogenannter öffentlicher Spaziergänge auf einem Spielplatz verboten werden können. Ein Ergebnis steht bislang aus. Und so gehen die Demonstrationen weiter – wie auch der Frust der Anwohner.
Besonders hart trifft es die Gastronomen des Viertels: "Unsere Gäste sind genervt", sagt Jason Weller, Mitarbeiter der Frankfurter Biermanufaktur "BrauStil". "Diejenigen, die Samstag zu uns kommen und in Ruhe draußen ein Bier trinken wollen, halten sich an die Corona-Regelungen. Anders kommt man bei uns gar nicht rein – da stört es natürlich, wenn vor der Tür Impfgegner vorbeiziehen." Trotzdem sei er auch für eine freiheitliche Meinungsäußerung, erklärt Weller. Einen Einbruch der Gästezahlen habe er bislang nicht festgestellt.
Am nördlichen Ende des Oeder Wegs trifft die protestierende Menge auf eine Gegendemo. Eine kleine Gruppe von Anwohnern hat sich zusammengefunden. "Ich bin nicht dafür, dass die Demo generell verboten wird," so ein Mann aus dem Nordend. "Jeder hat ein Recht auf freie Meinungsäußerung." Deswegen demonstriere er hier mit seiner Familie gegen "Querdenker".
Ein Mann aus dem Demonstrationszug sieht eine Frau, die in einem Café sitzt. Eine vermeintliche Bekannte, denn er winkt ihr freudig zu und ruft ihren Namen – sie dreht sich beschämt zur Seite.
Corona-Demo in Frankfurt: Polizei setzt Corona-Auflagen durch
Die Stimmung ist aufgeladen. Begleitet von Trommeln und Rasseln zieht der Zug Richtung Konstablerwache. Immer wieder bleiben Kinder aus dem Zug stehen, um Gänseblümchen mit Kreide auf den Boden zu malen. Ein kleines Mädchen ruft in ein Mikro: "Für die Freiheit". Begleitet wird die Gruppe von einem vorausfahrenden Auto, aus dem abwechselnd Pink Floyd und John Lennon dröhnt. Deutschland- und andere Länderfahnen werden im Takt geschwenkt.
Die Auflagen der Demonstration, 1,5 Meter Abstand und Maskenpflicht, werden nur spärlich eingehalten. Immer wieder muss die Polizei Menschen aus der Menge ziehen, die sich nicht an die Regeln halten. Der Zug quittiert diese Maßnahmen mit "Lasst ihn frei"-Rufen.
In der Innenstadt trifft die Gruppierung erneut auf vereinzelte Gegendemonstranten, viele sind es nicht. Als sich der Zug dem Willy-Brandt-Platz nähert, wird es langsam dunkel.
Vereinzelte Gegendemonstrationen in der Frankfurter Innenstadt
Ein paar Demonstrierende haben sich Lichterketten angezogen, die in der Dunkelheit blinken. Damit ziehen sie die Blicke von einigen Passanten auf sich, die zufällig auf die Demo gestoßen sind. Immer wieder werden sie von Leuten aus dem Pulk aufgefordert, sich dem Zug anzuschließen, "gemeinsam für die Freiheit zu kämpfen". Eine Frau schreit daraufhin: "Wie jeden Samstag – Nein, danke!" An der Ecke zur Zeil hat der Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten einen Stand aufgebaut.
Die Demo endet wieder im Holzhausenpark, es sind deutlich weniger Teilnehmende geworden. Die Veranstalterin beendet den Abend mit einer Kritik an den "Qualitätsmedien", die nur auf die "Gegendemos gehalten" hätten. Sie selbst seien "ja nur eine kleine Minderheit". Daraufhin wird gemeinsam die Nationalhymne angestimmt.
- Reporterin vor Ort bei der Demonstration
- Ordnungsamt Stadt Frankfurt: Facebook-Post am 04.02.2022