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Stadtparlament Frankfurt
Wilde Debatte über Ächtung des N-Wortes

Von Stefan Simon

Aktualisiert am 31.01.2022Lesedauer: 4 Min.
Auf einem Bus der Frankfurt Dream Academy steht "Kein Platz für Rassismus: Keine Entscheidung über den Antrag zur Ächtung rassistischer Begriffe in FrankfurtVergrößern des Bildes
Auf einem Bus der Frankfurt Dream Academy steht "Kein Platz für Rassismus: Keine Entscheidung über den Antrag zur Ächtung rassistischer Begriffe in Frankfurt (Quelle: Manfred Segerer/imago-images-bilder)
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In Frankfurt diskutiert das Stadtparlament über den Umgang mit rassistischen Begriffen. Eigentlich sind sich alle über ein Verbot einig. Eine Entscheidung wurde trotzdem vertagt - Grund dafür ist offenbar ein Streit in der Koalition.

Die Stadtverordneten in Frankfurt haben am Donnerstag keine Einigung über einen Antrag zur Ächtung rassistischer Begriffe gefunden. Die Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt sowie weitere Fraktionen stimmten für die Zurückstellung der Vorlage.

Zudem äußerte sich der SPD-Stadtverordnete Omar Shehata gegenüber t-online zur Debatte vom Donnerstag, die er als "unerträglich" empfand. So sprach er von Verhöhnung gegenüber von Rassismus betroffenen Personen und kritisierte auch die "Fraktion" in Person Nico Wehnemanns, dem er vorwirft, einen Keil in die Koalition treiben zu wollen.

Frankfurt: Linke Oppositionsparteien empört und verwundert

Die Zurückstellung des Antrags sorgte bei den Oppositionsparteien Ökolinx-EFF, Linke und der Fraktion "Die Fraktion" für Verwunderung und Empörung. Die Römer-Koalition will dagegen ihren eigenen Antrag erweitern. Denn der Antrag kommt ursprünglich von den Grünen.

Die Stadtverordnete Mirrianne Mahn, die sich für die Sitzung am Donnerstag krankgemeldet hatte, hatte ihn gestellt. Innerhalb der Koalition scheiterte der Antrag bislang an der FDP.

N-Wort und M-Wort sind Abkürzungen für rassistische Begriffe

Wie der Antrag in die Hände der "Fraktion" kam, bleibt ein Geheimnis. Der Inhalt des Antrags jedoch nicht. Er sieht vor, dass die Stadt Frankfurt das N-Wort und M-Wort ächtet. Beide Abkürzungen stehen für rassistische Begriffe.

Die Wörter werden von vielen schwarzen Menschen und Personen of Color mit Leid, Gewalt, Diskriminierung und Entmenschlichung verbunden.

Außerdem sind viele rassistische Stereotypen mit diesen Wörtern verknüpft. Bundesweit haben bisher nur die Städte Köln und Kassel das N-Wort geächtet.

SPD-Mann: Scharfe Kritik an rechte Stadtverordnete

Scharfe Kritik äußerte der Sozialdemokrat Shehata in Richtung des AfD-Stadtverordneten Markus Fuchs. Für den Rechtsaußen gehörten das N-Wort im Sprachgebrauch dazu. "Er hat es sogar ausgesprochen", berichtete Shehata.

Haluk Yildiz von der Fraktion BFF-BIG äußerte sich laut Shehata mit den Worten, dass es auch Rassismus gegen Deutsche gebe. "Er meinte tatsächlich, dass er ja auch nicht das K-Wort sagen würde. Also Deutsche nicht als Kartoffel bezeichnete. Das ist eine Verhöhnung gegenüber allen Menschen, die von Rassismus betroffen sind", ärgerte sich der Sozialdemokrat.

SPD-Stadtverordneter: "So eine Debatte tut weh"

"Nicht-Betroffene können gar nicht erahnen, wie so eine Debatte und solche Äußerungen auf Betroffene wirken. Ich bin ja nicht der einzige in der Fraktion, in der Koalition und in der Stadtverordnetenversammlung", sagte er. Shehata ist in Frankfurt geboren und aufgewachsen. Seine Eltern stammen aus Ägypten.

"Am Jahrestag der Befreiung von Auschwitz so eine Debatte zu führen, tut weh. Meine Großeltern wurden von den Nazis ermordet. Ich musste während der Debatte weinen", sagte er. Der Sozialdemokrat kritisierte auch Antragsteller Nico Wehnemann. Er wirft ihm vor, mit dem Antrag die Grünen bloßstellen zu wollen und einen Keil zwischen den Koalitionspartner treiben zu wollen. "Es ging ihm gar nicht um die Sache."

Die Koalition sorge mit ihrem Verhalten schon selbst dafür, einen Keil ins Viererbündnis zu treiben, verteidigte sich Wehnemann im Gespräch mit t-online. "Den Antrag abzulehnen ist ein Schlag ins Gesicht für Schwarze Menschen. Vor allem, weil der ursprüngliche Antrag der Grünen von einer Schwarzen Stadtverordneten stammt."

"Fraktion" Frankfurt: Das Verhalten der Römer-Koalition ein "Skandal"

Für den Vorsitzenden der "Fraktion" sei das Verhalten der Römer-Koalition ein "Skandal", weil sie keine Einigung fanden und das bei solch einem wichtigen Thema. "Natürlich handelt es sich bei dem gestellten Antrag um Symbolpolitik", sagte er. Aber diese Symbolik sei eben nötig.

Der SPD-Stadtverordnete habe auch das Verhalten Wehnemanns als herablassend empfunden, als er zu Shehata sagte, er solle sich doch einfach zu dem Thema selbst äußern. "Die haben ihren Leuten einen Maulkorb verpasst. Wenn das meine Fraktion mit mir anstellen würde, dann würde ich meinen Mund trotzdem nicht halten", so Wehnemann.

Hintergrund ist, dass laut Shehata die Römer-Koalition vor der Debatte gemeinsam beschlossen hatte, dass nur der Grünen-Fraktionschef Dimitrios Bakakis sich in der Debatte äußern sollte.

"Ich konnte dann trotzdem meinen Mund nicht halten und warf den Linken wie der Fraktion vor, dass sie ausschließlich weiße Männer zu Wort kommen lassen", so Shehata.

Dem widerspricht der Co-Vorsitzende der Linken, Michael Müller. "Wir haben uns in der Fraktion darauf geeinigt, dass nicht immer nur Betroffene sich zu diesen Themen äußern sollen", sagte er.

Auf Müller wirkte das Verhalten der Koalition hilflos. "Sie hätten dem Antrag zu stimmen können. Sie haben sich mit ihrem Verhalten selbst ins Abseits gestellt", so Müller. Dem kann sich Wehnemann nur anschließen.

Volt Frankfurt kritisiert das Verhalten der eigenen Fraktion

Selbst der kleinste Koalitionspartner Volt wird kritisiert – und zwar von den eigenen Parteifreunden. Volt Frankfurt teilte mit, dass das Aufschieben des Antrages "sehr verletzend für Schwarze Menschen" sei.

"Den Betroffenen hilft der im Koalitionsvertrag stehende Aktionsplan für die Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus nicht ohne weitere Maßnahmen. Es müssen Taten folgen."

Weiter heißt es: "Wir als Partei Volt Frankfurt unterstützen den Kampf gegen Rassismus." Die Koalition müsse zeigen, dass sie den Kampf gegen Rassismus ernst meine.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit dem SPD-Stadtverordneten Omar Shehata
  • Gespräch mit dem Vorsitzenden der "Fraktion" Nico Wehnemann
  • Gespräch mit dem Co-Fraktionsvorsitzenden der Linken Michael Müller
  • Antrag zur Ächtung des N*Wortes und des M*Wortes gemäß den Zielen der UN-Dekade für Menschen afrikanischer Abstammung von der Fraktion "Die Fraktion"
  • Pressemitteilung Volt Frankfurt vom 26. Januar 2022
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