Klimaretter oder teures Experiment? Frankfurt setzt auf "Tiny Forests"
Bäume verbessern die Luftqualität und spenden Schatten, daher werden sie in Zeiten der Klimakrise dringend gebraucht. Doch in den Städten ist der Platz knapp. Ein Konzept aus Japan soll helfen.
Ahorn, Eiche, Faulbaum und Felsenbirne: Mehr als 350 Büsche und Bäume verschiedener Arten wachsen auf dem nur 120 Quadratmeter messenden Gelände im Frankfurter Norden. Es handelt sich um einen "Tiny Forest", einen kleinen Wald. Angelegt mithilfe von Schulkindern nach einer Methode, die schnelles Wachstum und Artenreichtum ermöglichen soll.
Julia Auer ist Mitglied der Initiative Main-Wäldchen, die Frankfurts ersten "Tiny Forest" vor knapp einem Jahr auf einer ehemaligen Brachfläche ins Leben gerufen hat. Das Konzept, das auf den japanischen Biologen Akira Miyawaki zurückgeht, will kleine Wälder ohne großen Pflegeaufwand hervorbringen, wie sie sagte. Mehr als anfängliches Gießen und zwischenzeitliches Ausreißen von wildwachsenden Pflanzen sei auch nicht zu tun. Rund 12.000 Euro seien in den Mini-Wald geflossen.
Zu sehen sind auf dem umzäunten Gelände neben den Pflanzen Steinhaufen, Totholz und eine Mini-Wasserfläche. Diese sollen Tieren Unterschlupf gewähren. Es wurden regionaltypische Bäume und Sträucher ausgewählt, die für Insekten und Vögel attraktive Blüten, Früchte und Beeren tragen. Auch jetzt Anfang Oktober blüht es in dem Wäldchen noch. Die Initiative Main-Wäldchen gehört zu Transition-Town Frankfurt, einem Verein, der zahlreiche Projekte beherbergt. Sie ist auf der Suche nach weiteren Flächen.
Drei Wäldchen für Frankfurt
Mindestens drei Mini-Wälder soll es nach Beschluss der Frankfurter Stadtverordneten nach demselben Konzept bis kommendes Jahr geben. Dies solle vorrangig in Gebieten umgesetzt werden, in denen die Kühlung des Mikroklimas besonders wichtig sei, teilte eine Sprecherin des Umweltdezernats mit. Zahlreiche Flächen seien bereits geprüft worden, der Prozess dauere noch an.
Frankfurt treibt zudem an anderer Stelle die Begrünung der Stadt voran: Tausende Bäume wurden in den vergangenen Jahren gepflanzt, Dächer und Fassaden begrünt. Es stehen auch Fördermittel bereit, damit Bürger mitmachen. Mini-Wälder sind auch andernorts in Hessen schon entstanden, unter anderem während der Landesgartenschau in Fulda.
Auch Darmstadt sucht nach Flächen
In Darmstadt gibt es seit drei Jahren einen "Tiny Forest". Die Suche nach einem weiteren Standort läuft nach Auskunft eines Sprechers der Stadt. Ein geeignetes, freies Grundstück zu finden, sei für eine Stadt in einem Ballungsgebiet eine große Herausforderung. Der Mini-Wald mit 250 Quadratmetern Fläche an der Berliner Allee verursachte Kosten von rund 40.000 Euro. Das sei mehr gewesen als ursprünglich geplant, da zunächst ein umfangreicher Bodenaustausch nötig gewesen sei.
Die Stadt erhofft sich eine höhere Lebensqualität, ein verbessertes Mikroklima und die Filterung von Feinstaubpartikeln. Mini-Wälder seien Magneten für Insekten, Vögel und andere Kleinlebewesen, die Artenvielfalt werde erhöht. Auch um Umweltbildung gehe es, denn die Pflanzung nach dem sogenannten Miyawaki-Prinzip sieht die Beteiligung der Nachbarschaft vor. Auch andernorts soll es in der südhessischen Stadt grüner werden: Darmstadt arbeitet an einem Freiraumkonzept zur Weiterentwicklung des Bestands von Grün- und Freiräumen.
Nabu lobt pädagogischen Ansatz
Der Nabu Hessen lobte mehrere Aspekte der Mini-Wälder, vor allem den umweltpädagogischen Ansatz. "Die "Tiny Forests" tragen auch dazu bei, das lokale Klima zu verbessern und sind für Biodiversität von Vorteil", sagte Waldexperte Mark Harthun. Der normalen Forstwirtschaft überlegen sei das Konzept aber nicht. "Insgesamt sind die "Tiny Forests" eine gute Idee", sagte der Nabu-Experte.
- Nachrichtenagentur dpa