"Fassungslos" Scharfe Kritik an Beschluss zum Roger-Waters-Auftritt in Frankfurt
Roger Waters darf nun doch in Frankfurt auftreten – trotz offenkundiger NS-Symbolik bei seinen Konzerten. Jüdische Institutionen und Stimmen aus der Politik kritisieren den Beschluss deutlich.
Der Sänger Roger Waters darf nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichtes nun doch in der Frankfurter Festhalle auftreten. Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom Montag könnte von den Parteien Einspruch beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegt werden.
Ob die Stadt als Hauptgesellschafter Rechtsmittel einlegt, ist bislang unklar. Wie der Hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker (CDU) am Mittwoch auf t-online-Anfrage mitteilt, sei er sehr dafür", dass alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden." Waters sei in den letzten Jahren zum "Gesicht eines israelbezogenem Antisemitismus geworden", weshalb man ihm "keine Plattform bieten" dürfe.
Becker hofft, im Falle des Auftritts, auf eine "breite zivilgesellschaftliche Unterstützung", die ein "Starkes Signal" gegen das Konzert setzt. Städte wie Köln und München, in denen Waters ebenfalls im Rahmen seiner Tour auftreten soll, hatten bereits angekündigt, Gegenveranstaltungen wie Diskussionsrunden und Zeichen für Völkerverständigungen anzubieten.
"Für Deutschland eine bittere Situation"
Auch das Internationale Auschwitz Komitee hat das Urteil des Frankfurter Verwaltungsgerichtes zum Auftritt des britischen Rocksängers Roger Waters in der Frankfurter Festhalle deutlich kritisiert. "Nicht nur jüdische Überlebende der deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager bleiben nach dem Urteil einmal mehr traurig, fassungslos und zunehmend desillusioniert zurück", sagte der Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner, in Berlin. Das berichten "Zeit Online" und die "Jüdische Allgemeine".
"Mit großer Sorge" beobachteten die Überlebenden des Holocaust "ein Vordringen des Antisemitismus aus verschiedenen Richtungen der Gesellschaft, und sie erleben, wie sie und ihre Familienmitglieder vermehrt Beleidigungen und Drohungen bis hin zur Gewalt ausgesetzt sind", so Heubner.
Waters ist Mitbegründer der Band Pink Floyd. Laut Heubner verbindet der Rockmusiker immer wieder Schmähungen des Staates Israel mit antisemitischen Einstellungen und Verschwörungsbotschaften. Durch seine Propagandashows sei er für das Ansteigen antisemitischer Stimmungen und Feindseligkeiten stark mitverantwortlich.
"In diesem Zusammenhang ist die Feststellung des Gerichtes, das Konzert in der Festhalle verletze nicht die Menschenwürde der 1938 eben dort festgesetzten und dem antisemitischen Hass der Nazis ausgesetzten jüdischen Männer, ein erneuter Angriff auf die Würde dieser Menschen und die Erinnerungen ihrer Familien", sagte Heubner. Nach den antisemitischen Darstellungen auf der documenta vor wenigen Monaten sei die Entscheidung des Gerichtes für jüdische Menschen ein weiterer Beleg dafür, "dass Teile dieser Gesellschaft und manche ihrer Institutionen sie zu schützen nicht willens sind. Für Deutschland eine bittere Situation."
Scharfe Kritik an der Entscheidung ist auch aus dem Frankfurter Römer zu hören. Die Stadtverordnete Jutta Ditfurth (Ökolinx) fordert auf Twitter, die zuvor eingereichte Kündigungsbegründung der Messe zu lesen. Ditfurths Verdacht: Die Begründung sei "Schlampig + angreifbar + unvollständig".
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Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisierte den Gerichtsentscheid des Frankfurter Verwaltungsgerichts. "Es ist unerklärlich, wie eine offenkundige Anlehnung an nationalsozialistische Symbolik keine juristischen Konsequenzen haben soll", sagte Präsident Josef Schuster der "Jüdischen Allgemeine". "Volksverhetzung ist verfassungswidrig und niemals nur eine Geschmacklosigkeit", sagte er.
Waters bedient sich einer an die nationalsozialistische Herkunft angelehnter Symbolik
Auch die Jüdische Gemeinde Frankfurt äußerte sich zur Causa Roger Waters: "Das Verwaltungsgericht hat einen für uns nicht nachvollziehbaren Beschluss gefasst, indem es einem ausgewiesenen Antisemiten wortwörtlich eine Bühne in Frankfurt bietet."
Das Gericht hatte am Montag entschieden, dass der britische Rockmusiker trotz Antisemitismusvorwürfen am 28. Mai in Frankfurt auftreten darf. Roger Waters bediene sich zwar im Rahmen seiner Bühnenshow offenkundig einer an die nationalsozialistische Herrschaft angelehnten Symbolik. Gerade vor dem historischen Hintergrund der Festhalle möge die Bühnenshow daher, als besonders geschmacklos zu bewerten sein. "Dies zu bewerten, ist aber nicht Sache des Gerichts", sagte eine Sprecherin.
Zuvor hatte die Messegesellschaft auf Betreiben des Frankfurter Magistrats und des Landes Hessen dem Konzertveranstalter des 79-Jährigen für dessen Auftritt am 28. Mai ein Kündigungsschreiben zustellen lassen. Grund für die Entscheidung war das "anhaltend israelfeindliche Auftreten" des Künstlers, wie die Stadt mitteilte. Waters gelte als "einer der reichweitenstärksten Antisemiten der Welt".
- zeit.de: Auschwitz Komitee und Zentralrat kritisieren Urteil zu Waters-Auftritt
- juedische-allgemeine: Auschwitz-Komitee entsetzt über Urteil zu Roger Waters
- twitter.com: Account Jutta Ditfurth
- Anfrage an Hessische Staatskanzlei