Trotz Antisemitismusvorwürfen Roger Waters darf doch in Frankfurt auftreten
Das umstrittene Roger-Waters-Konzert in Frankfurt soll nun doch stattfinden. Das hat das Verwaltungsgericht entschieden – obwohl Stadt und Land das Konzert verhindern wollten.
Die Messe Frankfurt muss Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters in der Frankfurter Festhalle auftreten lassen. Das hat das Verwaltungsgericht in Frankfurt am Montag entschieden. Demnach sei der Vertrag, den die Messe im Herbst 2022 mit der Produktionsfirma des Antragstellers geschlossen habe, gültig.
Zuvor hatte die Messegesellschaft auf Betreiben des Frankfurter Magistrats und des Landes Hessen dem Konzertveranstalter des 79-Jährigen für dessen Auftritt am 28. Mai ein Kündigungsschreiben zustellen lassen. Grund für die Entscheidung war das "anhaltend israelfeindliche Auftreten" des Künstlers, wie die Stadt mitteilte. Waters gelte als "einer der reichweitenstärksten Antisemiten der Welt".
Eilantrag auf Zugang zur Festhalle
Waters Anwälte hatte Anfang April wegen des abgesagten Konzerts einen Eilantrag auf Zugang zur Festhalle gestellt. Der Antrag richtete sich somit auch gegen die Stadt Frankfurt und das Land Hessen, da beide als Anteilseigner der Messegesellschaft gelten. Zudem warf der Musiker der Stadt einen Angriff auf die Kunstfreiheit vor.
Auf diese berief sich auch das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung. Das Konzert verletze zudem nicht die Menschenwürde der in der Festhalle misshandelten jüdischen Männer und es lasse sich nicht zweifelsfrei eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Geltungs- und Achtungsanspruchs der in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden feststellen, erklärte die Kammer. Dem Gericht zufolge waren an dem Veranstaltungsort nach der Pogromnacht mehr als 3000 jüdische Männer zusammengetrieben, festgehalten und misshandelt worden – anschließend wurden sie deportiert.
Roger Waters bediene ich zwar im Rahmen seiner Bühnenshow offenkundig einer an die nationalsozialistische Herrschaft angelehnten Symbolik. Gerade vor dem historischen Hintergrund der Festhalle möge die Bühnenshow daher, als besonders geschmacklos zu bewerten sein. "Dies zu bewerten, ist aber nicht Sache des Gerichts", sagte eine Sprecherin.
Weitere Waters-Konzerte in Deutschland geplant
Ausschlaggebend sei allein, dass der Auftritt des Musikers nicht die nationalsozialistischen Gräueltaten verherrliche oder relativiere oder er sich mit der nationalsozialistischen Rassenideologie identifiziere. "Zudem haben wir keine Hinweise darauf, dass Rogers bei seiner Show Propagandamaterial verwendet", so die Sprecherin.
Waters wird unter anderem für seine Nähe zur BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) kritisiert, die zum Boykott des Staates Israel und seiner Güter wegen der Palästina-Politik aufruft. Bei Konzerten ließ er Ballons in Schweineform mit einem Davidstern aufsteigen. Auch Äußerungen zum Krieg in der Ukraine sorgten für Aufsehen – etwa, dass Russlands Präsident Wladimir Putin damit den Faschismus in dem Land bekämpfen wolle und dass die USA ein Hauptaggressor sei.
Neben dem Auftritt in der Mainmetropole sind im Rahmen der Tour "Roger Waters – This is not a drill" insgesamt fünf Konzerte in Deutschland geplant. Auch in München, Berlin, Hamburg und Köln stehen die geplanten Auftritte in der Kritik – Absagen konnten allerdings rechtlich nicht durchgesetzt werden.
Der Gießener Rechtswissenschaftler Maximilian Roth erklärte am Montag, dass die Entscheidung des Frankfurter Verwaltungsgerichts aus juristischer Sicht so zu erwarten war – gerade mit Blick auf die weit zu fassende Kunstfreiheit. Er gehe aber davon aus, dass Stadt und Land Einspruch einlegen werden.
- verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de: Mitteilung vom 24. April 2023
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa