"Das ist eine Form von moderner Sklaverei" Lkw-Streik auf A5-Raststätte: Es fehlen mehr als 97.000 Euro
Auch nach rund einem Monat haben noch nicht alle Fernfahrer ihren ausstehenden Lohn erhalten. Wie lange wollen sie den Protest noch durchziehen?
Ein Ende des Streiks osteuropäischer Lastwagenfahrer im Kampf um ausstehende Löhne auf der südhessischen Raststätte Gräfenhausen bei Darmstadt ist auch nach rund einem Monat nicht abzusehen. Zwar hat der polnische Speditionsunternehmer, für den die meist aus Georgien und Usbekistan stammenden Männer arbeiten, mittlerweile nach Einzelverhandlungen einen Teil des strittigen Geldes überwiesen.
Es fehlen aber noch immer über 97.000 Euro Lohn und nicht gezahlte Tagessätze, berichtete die hessische Fraktionsvorsitzende der Linken, Elisabeth Kula, am Donnerstag nach einem Besuch bei den Fahrern.
Die Fernfahrer klebten unterdessen auf einen blauen Lastwagen mit weißem Klebeband: "Mazur – 97.585 Euro? No money", wie das Projekt "Faire Mobilität" vom DGB auf Twitter veröffentlichte.
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Nach Angaben des niederländischen Gewerkschafters Edwin Atema, der im Auftrag der Fahrer verhandelt, habe noch keiner die gesamte ausstehende Summe erhalten. Die Fahrer wollen in Gräfenhausen bleiben, bis alle ihr Geld haben.
"Das ist eine Form von moderner Sklaverei", sagte Kula zu den Arbeitsbedingungen der Fahrer, die mit dubiosen Verträgen als Scheinselbständige bei dem polnischen Spediteur arbeiteten. Nach Angaben des Beraternetzwerks "faire Mobilität" hat der Streik in Gräfenhausen mittlerweile zwar Aufmerksamkeit weit über die Grenzen Hessens heraus bekommen, die Arbeitsbedingungen der Fahrer seien aber alles andere als ein Einzelfall.
Kontrolle auf hessischen Straßen auch Aufgabe von Landesregierung
Politisch sei das Problem hauptsächlich eine europapolitische Angelegenheit, räumte Kula ein. Wenn es um Kontrollen auf hessischen Straßen gehe, sei aber auch die Landesregierung gefragt. Ein Problem sei, dass die Regeln für Arbeitsentsendung innerhalb Europas teils sehr unterschiedlich seien und viele Schlupflöcher enthielten – "die müssen wir stopfen."
Verkehrsstaatssekretär Oliver Luksic (FDP) sah unterdessen in Deutschland ein massives Defizit bei der Kontrolle von Sozialvorschriften für Lastwagenfahrer. Die "Riesenherausforderung" müsse mit Polizei und dem zuständigen Bundesamt für Logistik und Mobilität angegangen werden, sagte Luksic, der Logistik-Koordinator der Bundesregierung, am Donnerstag in Frankfurt.
Bereits am Dienstag hatten auch Politiker im Europäischen Parlament über den Protest der Lkw-Fahrer und die schlechten Arbeitsbedingungen debattiert. Dabei war die Rede von "moderner Sklaverei" oder die "Spitze des Eisbergs". Das sagte etwa SPD-Politiker Gabriele Bischoff. Denn solche Arbeitsbedingungen gebe es nicht nur in der Transportbranche.
- Twitter/Faire Mobilität
- Nachrichtenagentur dpa
- EU-Parlamentsdebatte am 18. April: Erklärungen des Rates und der Kommission – Wahrung der Arbeitsmobilität und der sozialen Rechte streikender Lkw-Fahrer aus Drittländern