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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hängepartie um Flughafen-Verkauf Hahn-Mitarbeiter: "Wir wollen wissen, woran wir sind"
Der Flughafen Hahn steht vor dem Verkauf. Was bedeutet das aber für die Mitarbeiter – und was sagen die Bewohner des kleinen Dorfes in der pfälzischen Provinz?
Die Hängepartie um den Flughafen Hahn hält an. Bisher hat weder der russische Unternehmer Viktor Charitonin mit möglicher Putin-Nähe noch die Mainzer Firmengruppe Richter einen Zuschlag für den Kauf erhalten. Die Belegschaft im Flughafen sitzt derweil auf heißen Kohlen. Die Stimmung unter den meisten Mitarbeitern ist gedämpft.
Betriebsratsanwalt Gerhard Wohlleben weiß, dass die Situation "wirklich misslich ist. Der Betriebsrat hat ein großes Interesse daran, dass die Hängepartie beendet wird". Ein liquider Investor, der den Flugbetrieb fortführen kann und will, sei wichtig, sagt er im Gespräch mit t-online.
Eine junge Frau, eine von 400 Mitarbeitern am Flughafen Hahn, sieht es ähnlich. "Wir wollen wissen, woran wir sind. Das ständige Auf und Ab ist bedrückend. Gesten Abend hieß es, dass wir heute Mittag etwas erfahren werden. Bis jetzt wissen wir nur das, was man in den Nachrichten hört."
Nur müdes Abwinken und Kopfschütteln
Währenddessen läuft der Betrieb am Flughafen weiter. Passagiere ziehen ihre Rollkoffer durch das Abfertigungsgebäude, voller Vorfreude auf ihren Urlaub. Der kleine Ort im Rhein-Hunsrück-Kreis, nach dem der Flughafen Hahn benannt ist, sieht idyllisch aus. Kleine Gassen, Fachwerk. Rund 200 Einwohner gibt es hier. Pferde dösen auf Koppeln in der Sonne, mit Blick auf den hohen Zaun des Flughafens. Der Westturm der Simultankirche Sankt Antonius wurde 1370 gebaut, der Ort 1120 zuerst urkundlich erwähnt. Draußen ist fast niemand unterwegs. Zum Thema Flughafen Hahn gibt es fast keinen Kommentar.
Nur müdes Abwinken und Kopfschütteln. Ein Hobbyfotograf aus dem Hunsrück wartet nicht weit von dem kleinen Ort darauf, ein Flugzeug fotografieren zu können. "Die kommen heute aus einer anderen Richtung", kommentiert er. "Hier ist doch immer irgendwas mit dem Flughafen. Was jetzt wieder los ist, weiß ich nicht. Mich interessieren nur die Flieger", so der Mann.
"Ich hätte den Hahn auch kaufen wollen"
In Lautzenhausen auf der gegenüberliegenden Seite des Flughafens wird bereits am ersten Hotel Bezug auf den Airport genommen. "Gasthaus am Flughafen" steht über dem Eingang des altrosa gestrichenen Gebäudes. Es ist geschlossen. "Schon lange. Es gehört der Gemeinde. Die hat den Pächter rausgeekelt", erzählt Walter Hitthaler (85). Er betreibt das Airport Hotel Fortuna. Seit 50 Jahren ist er hier. "Angefangen haben wir als Imbiss 'Futterkrippe'. Als die Amis weg waren, haben wir als Hotel mit neun Zimmern angefangen."
Jetzt sind es 41 Zimmer. "Egal, was passiert ist, es ging immer weiter. Warum sollte ich mir den Kopf zerbrechen. Man weiß nicht, was kommt. Ich bin immer zuversichtlich und immer noch da", sagt er und lacht. "Ich hätte Hahn auch kaufen wollen und habe mit der Bank gesprochen, aber die wollten mir den einen Euro nicht geben", meint er scherzend. "Humor hilft, egal wer oder was kommt".
"Es kann gut gehen oder auch nicht"
Andrea Schuch betreibt seit 16 Jahren den Blumenladen "Schatzkästchen". Auch sie will sich momentan "nicht den Kopf zerbrechen. Man weiß eh nicht, was kommt. Wenn es dann bekannt ist, kann man immer noch etwas dagegen tun oder auch nicht. Wir leben schon so lange mit dem Theater um den Flughafen, dass sich hier keiner mehr aufregt", sagt sie und bindet einen dicken Strauß Blumen. „Irgendwann werden wir irgendetwas erfahren.
Dann ist immer noch Zeit, zu meckern. Vorher ist es unsinnig“, meint die Floristin. Mehr Sorgen mache sie sich um die Flüchtlingsunterkunft, die "ab Mitte Februar 650 Flüchtlinge am Flughafen aufnehmen wird." Sie habe kein Problem damit, Flüchtlinge aufzunehmen. "Aber das sind deutlich mehr, als wir hier Einwohner haben", erzählt sie.
Lautzenhausen zählt gut 400 Einwohner. "Ob das Probleme gibt, werden wir sehen. Weder in Sachen Flughafen noch in Sachen Flüchtlingsunterkunft für so viele Menschen sind wir hier befragt worden. Also warten wir einfach ab." Sie zuckt die Schultern. "Wenn ein Mexikaner den Flughafen würde kaufen wollen, hieße es bestimmt 'Drogenkartell'. Man weiß doch nie, ob ein Käufer ein Guter ist. Es kann gut gehen oder auch nicht. Egal, wer den Flughafen kauft."
"Es interessiert mich, ob der Flughafen funktioniert"
Nicht weit entfernt hat Karin Daum den Sportbekleidungsladen "Sports & More". "Ich habe das Geschehen zum Flughafen gar nicht genau verfolgt. Man bekommt immer ein bisschen was aus den Nachrichten mit, aber mich interessiert eigentlich nur ein Ja oder Nein, wenn es darum geht, ob es weitergeht. Und es interessiert mich, ob der Flughafen funktioniert."
Seit 20 Jahren verkauft sie Sportsachen. "Viele Kunden vom Flughafen kommen nicht, dafür aber jede Menge Fußballer, Handballer und Freizeitsportler und Leute, die eine Reha machen. Ich kann mich nicht beklagen und möchte das auch gar nicht", sagt sie.
- Recherche vor Ort