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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ältester Comicladen feiert Jubiläum Anfangs wurde oft ans Schaufenster gespuckt
Volker Riedel hat mit seinem Laden in Frankfurt den Comic aus der Schmuddelecke geholt. Nun feiert das Geschäft 40 Jahre Bestehen.
Der älteste Comicladen Deutschlands steht in Frankfurt. Für seinen Besitzer Volker Riedel begann das Abenteuer allerdings im Oktober 1982 in Paris. "Beim Bummeln bin ich über einen Laden gestolpert, der vom Boden bis zur Decke mit Comics gefüllt war. Da bin ich mit großen Augen reingegangen und habe nur gestaunt. Überall tolle Bilder, Lithografien und Merch. Ich war total begeistert, aber so erschlagen, dass ich nichts gekauft habe. Ich hätte nicht gewusst, was", sagt der 76-jährige Mann, der Jura und Lehramt studierte und eine Spielstube in Bornheim gegründet und aufgebaut hat, lachend.
"Den Urlaub habe ich spontan abgebrochen und bin zurück nach Frankfurt gereist und auf die Buchmesse gegangen, um Benedikt Taschen und Ludwig Könemann und zu treffen, die damals einen Comic-Vertrieb hatten, bevor sie Verleger wurden." Er hatte zwar noch keinen Laden, aber Riedel und die beiden Herren wurden sich schnell einig.
25.000 Comics sollten sie liefern. "Ich wollte ein neues Konzept und raus aus der Schmuddelecke, in der Comics eher getauscht als gekauft wurden. Einen Laden in guter Innenstadtlage wie in Paris wollte ich aufmachen." Am Sonntag war ich auf der Buchmesse, danach habe ich direkt Immobilienangebote in der Zeitung durchstöbert und fand den Laden in der Berliner Straße 20. Einen Tag später habe ich den Mietvertrag unterschrieben.“
Pro Jahr erscheinen etwa 1.000 neue Comics in Deutschland
Weil Riedel "spontan und tatkräftig" war und ist, gibt es hier seit Dezember 1982 auf drei Etagen, die mit Wendeltreppen verbunden sind, Comics jeder Art. Er hat seinen Freund Rainer Krebs angerufen und auch er war sofort dabei. Sie haben die Einrichtung gesucht, die Firma gegründet und "nach vier bis sechs Wochen von der Idee bis zur Realisierung" den Laden aufgemacht.
Dass Riedel damals einen Gips am Bein hatte, weil er "zu wild Fußball gespielt hat", störte ihn nur wenig. "Der ist geplatzt, als ich auf der Leiter stand und die Regale eingeräumt habe. Das Bein war riesig geschwollen. Bereut habe ich die Spontan-Entscheidung weder damals noch bis heute an keinem Tag", sagt er schmunzelnd.
"comic" steht in orange-roter Schrift auf weißem Neongrund an der Seite des Eingangs.Über dem Laden noch einmal – ebenfalls als Neonleuchte – auf einer Wolke über dem Eingang. Anfangs haben sich Riedel und Krebs aufgeteilt, Riedel arbeitete gleichzeitig noch in der Spielstube. Zwei Mitarbeiter kamen dazu. Heute sind es acht Mitarbeiter, die zwischen Asterix, Lucky Luke, Tim und Struppie, Tintin, Mangas und unzähligen anderen Comics mit Rat und Tat zur Seite stehen. "Pro Jahr gibt es in Deutschland etwa 1.000 Comic-Neuerscheinungen, in Frankreich rund 6.000".
Jeder Titel kann besorgt werden
Alle hat er nicht im Laden, aber jeder Titel kann sofort besorgt werden. "Mangas sind weiterhin enorm gefragt. Sie sind eine Art Sucht für bestimmte Leute. Das gab es auch früher wie bei Fix und Foxi. Bis heute hält sich der Trend vor allem bei den Comics, die als Serie laufen." Es gibt alles. Romance, Novels, Krimis, Mystery, Science Fiction, Marvel, Graphic Novels und Fantasy.
Auch wenn sich Riedel mehr in seiner anderen Firma für Werbeartikel im Maintal aufhält – "wer gute Mitarbeiter hat, muss selbst nicht so oft da sein" - ist seine Liebe zu Comics ungebrochen. Zu Hause hat er die Gesamtausgabe von Carl Barks, dem bekanntesten Disney-Zeichner, der Donald Duck erschaffen hat.
Der amerikanische Künstler ist 2000 verstorben. "Da gucke ich gerne rein und auch in die Erstausgabe von Mickey Mouse, die je nach Zustand aktuell auf Auktionen zwischen 6.000 bis 9.000 Euro gehandelt wird. "In den USA wurde Band 1 von Superman für 250.000 US Dollar versteigert. Manche Comics sind sehr viel wert, aber man muss eben auch immer jemanden haben, der sie haben möchte. Wenn es mehrere Bieter auf Auktionen sind, kann es gut laufen, aber das ist nie garantiert", sagt er.
"Wenn es nach mir geht, folgen noch weitere 40 Jahre hier"
Mittlerweile sammelt es selbst nicht mehr so viel, sondern bleibt bei seinen Lieblingsheften. "Wer jeden Tag Steak isst, hat irgendwann zu viel und jede Wohnung ist irgendwann voll", erklärt er seine persönliche Einschränkung und grinst. Besonders gern mag er Prinz Eisenherz, weil es ihn an früher erinnert. Bei den aktuellen Comics schwört er auf "Die 5 Reiche", die der Franzose Jérôme Lereculey zeichnet. "Das ist so ähnlich wie Games of Thrones mit Tieren", schwärmt er.
Dass anfangs oft ans Schaufenster gespuckt wurde, weil Comics als "Schund" galten, belächelt Riedel heute. "Schon bald kamen Leute aus ganz Deutschland und haben dann selbst ähnliche Läden aufgemacht. Dass Comics auch den Titel ‚9. Kunst‘ tragen, hat sich rumgesprochen." Noch bekannter wurde "X-tra-BooX", weil Comiczeichner im Schaufenster des Ladens auftreten.
Morris, der Zeichner von "Lucky Luke", war hier; "Die Simpsons"-Zeichner Bill Morrison, Phil Ortiz und Mike Rote; Walter Moers, der den "Käpt’n Blaubär" zum Leben erweckt hat; Rötger Feldmann alias Brösel, der "Werner" erfunden hat und der "Adler-Olymp"-Zeichner Michael Apitz.
Es soll noch viel mehr Überraschungen im Comic-Laden geben. Riedel hat jede Menge Pläne. "Im 40. Geburtstagsjahr wollen wir jeden Monat eine besondere Aktion machen. Die brüten wir gerade alle aus. Im Frühjahr geht es los." Mehr verrät er noch nicht. Sein Tatendrang ist groß. "Wenn es nach mir geht, folgen noch weitere 40 Jahre hier". Dass Comics schier endlos überleben, zeigt sich kurz vor Ladenöffnung. Ungeduldige Fans warten schon, um zu stöbern und zu shoppen.
- Gespräch mit Volker Riedel vor Ort