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Rassistische Angriffe nach Konzert? Comedian Polak: "Er rief 'Sieg Heil'"


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Böhse Onkelz-Fans in Frankfurt
Rassistische Angriffe nach Konzerten? Comedian Oliver Polak: "Er rief 'Sieg Heil'"


Aktualisiert am 09.08.2022Lesedauer: 5 Min.
Gitarrist Matthias Röhr (links), Bassist Stephan Weidner und der Comedian Oliver Polak: Dem deutsch-jüdischem Comedian zeigte ein Onkelz-Fan in Frankfurt dem Hitlergruß.Vergrößern des Bildes
Gitarrist Matthias Röhr (links), Bassist Stephan Weidner und der Comedian Oliver Polak: Dem jüdischen Comedian soll ein Onkelz-Fan in Frankfurt den Hitlergruß gezeigt haben. (Quelle: Fotomontage t-online/imago-images-bilder)

Betroffene berichten von rassistischen und antisemitischen Übergriffen von Fans der Rockband Böhse Onkelz. Die Band äußert sich zu den Vorfällen nicht.

Die deutsche Rockband Böhse Onkelz hat kürzlich zwei Konzerte im Deutsche Bank Park gespielt. Am Rande der Konzerte sei es rund um den Hauptbahnhof zu mehreren rassistischen und antisemitischen Vorfällen gekommen. Das berichten zwei Betroffene t-online. Auch der jüdische Comedian Oliver Polak erzählt in seinem Podcast "Friendly Fire", den er gemeinsam mit dem Comedian Micky Beisenherz produziert, von einem antisemitischen Vorfall. Die Band, deren Mitglieder aus dem Frankfurter Raum stammen, feierte mit ihren Fans ihr 42-jähriges Bandjubiläum. Sie sind eine der erfolgreichsten und zugleich umstrittensten Deutschrockbands.

Wenn er in Frankfurt ist, geht der Comedian Oliver Polak gern ins "Bristol Hotel" im Bahnhofsviertel, erzählt er in der Podcast-Folge. Was er an dem Wochenende allerdings nicht weiß, ist, dass die Deutschrockband Böhse Onkelz zwei Konzerte in Frankfurt spielt. "90 Prozent der Zimmer waren von Onkelz-Fans belegt", erzählt er weiter. Sie fielen unangenehm auf, tranken und seien asozial gewesen, berichtet er. "Ich weiß, es klingt wie ein Klischee, aber ich war abends mit einer Freundin essen und komme so um halb 12 abends ins Hotel. Da ist so ein kleiner Platz vor dem Hotel und da standen drei Onkelz-Fans", so Polak. Der Comedian erkennt sie als Fans, weil die Männer T-Shirts der Band tragen. "Der eine stellt sich vor mich hin und macht den Hitlergruß. Ich hatte Angst. Dann rief er noch ein 'Sieg Heil'."

Die Onkelz, wie sie stets von ihren Fans genannt werden, gehörten in ihrer Anfangszeit der rechten Skinheadszene an. Einige Songs, wie "Türken raus" oder "SS-Staat", sind klar rassistisch und antisemitisch. Die Band hat sich offiziell schon lange von ihrer Vergangenheit distanziert und wehrt sich bis heute gegen Kritikerinnen und Kritiker, die sie immer mal wieder in die rechte Ecke stellen wollen. Zumindest, was ihre Fans angeht, bleiben jedoch Zweifel. Zu den Vorfällen in Frankfurt hat sich die Band bislang nicht geäußert, denn eine t-online-Anfrage bleibt unbeantwortet.

Mit gesenktem Kopf laufen sie an Böhse-Onkelz-Fans vorbei

"Ihr Blick war hasserfüllt", erinnert sich Cemile* im Gespräch mit t-online. Sie meint eine Frau, die ein T-Shirt der Böhsen Onkelz getragen und sie mit dem Blick provoziert haben soll.

Am Freitag, dem 22. Juli, fand das erste von zwei Konzerten der Band statt. Cemile kam mit ihrem Kind vom Afrika-Fest und war auf dem Weg zum Hauptbahnhof. In der Tram saßen viele People of Color (PoC), erzählt sie. "Ich sah aus dem Fenster. Eine Frau saß in einem Einkaufswagen. Sie lachte, aber als sich unsere Blicke trafen, hatte sie diesen Blick. Dann stieg sie aus und warf einen Kaffeebecher auf Kopfhöhe an die Fensterscheibe", erzählt sie.

Cemile und ihr Kind verließen am Hauptbahnhof die Tram. Zu dem Zeitpunkt waren der Bahnhofsvorplatz, die Kaiserstraße und der Kaisersack voll mit Onkelz-Fans, erzählt sie. Cemile sagte zu ihrem Kind, es solle den Kopf senken. "Wir mussten umsteigen und liefen zur Haltestelle Münchner Straße. Ich wollte nicht, dass sich unsere Blicke mit denen der Onkelz-Fans treffen. Ich hatte ja keine Ahnung, was sonst noch passieren könnte", berichtet sie.

Sie stiegen in die Tram ein und setzten sich bewusst neben schwarze und migrantisierte Menschen. "Vor uns saß ein Busfahrer, der von seiner Schicht kam. Er sprach mit Akzent. Er sagte, es sei die Schicht des Grauens gewesen", erzählt sie. Die Onkelz-Fans hätten randaliert, er habe Angst gehabt, berichtet sie. "Ich denke, das Wochenende war für viele von Rassismus betroffene Personen die Hölle", schätzt Cemile. Beunruhigend sei gewesen, so Cemile, dass am Hauptbahnhof und drumherum keine Polizei zu sehen gewesen sei. "Die Onkelz-Fans haben gefühlt die ganze Stadt eingenommen." Wie viele Anhänger der Band in der Stadt waren, lässt sich schwer beurteilen. Hunderte waren es allein am Hauptbahnhof. Auf beiden Konzerten fanden sich insgesamt um die 100.000 Besucherinnen und Besucher ein.

"Sie zeigten mir den Hitlergruß"

Einen Tag später fragte Cemile Freunde und Bekannte, die ebenso People of Color sind, ob sie ähnliche Erfahrungen gesammelt hätten. Ein Bekannter sei Zeuge gewesen, wie eine schwarze Familie am Hauptbahnhof von Onkelz-Fans rassistisch beleidigt wurde. "Sie sagten, sie sollen Deutschland verlassen."

Auch Mary* erlebte am späten Samstagabend eine unangenehme Begegnung mit drei Onkelz-Fans, wie sie erzählt. Spät kam sie mit einer Bahn am Hauptbahnhof an, um von dort aus nach Hause zu laufen. "Sie sind sofort aufgefallen, waren laut und grölten herum. Aber die waren mit sich selbst beschäftigt", erzählt sie. Sie lief durch die Menge. Erst als sie in die Kaiserstraße einbog, fielen Mary auf der gegenüberliegenden Straßenseite drei Männer mit Böhse-Onkelz-T-Shirts auf. "Ich fühle mich im Bahnhofviertel sicher. Ich kenne hier viele Ladenbesitzer. Das ist mein Zuhause."

Das änderte sich an diesem Abend. Mary lief weiter die Kaiserstraße entlang, die Männer auf der anderen Seite schauten immer wieder zu ihr rüber. Dann, am Ende des Viertels an einer Straßenecke, stehen sie ihr gegenüber und heben alle den rechten Arm. "Sie zeigten, klar in meine Richtung, den Hitlergruß", erzählt Mary.

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In dem Moment habe sie keine Angst gespürt. Mary sei geschockt gewesen, "mit welcher Selbstverständlichkeit sie das so in der Öffentlichkeit machen können", sagt sie. Und selbst wenn die Polizei mit einer erhöhten Präsenz am Hauptbahnhof gewesen wäre, hätte sie sich dadurch nicht geschützt gefühlt. "Ich spüre keine Sicherheit, und darum geht es auch nicht, sondern eben um Schutz. Viele migrierte Personen sind in Telegram-Gruppen organisiert, um sich gegenseitig zu schützen. Wir benötigen unsere eigenen Strukturen", erklärt sie. Sie fühle sich auch von der Stadt Frankfurt im Stich gelassen.

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Doch die Stadt hat hier wenig Spielraum. "Es ist nicht üblich und auch nicht möglich, bei Konzerten dieselben Sicherheitskonzepte anzuwenden wie etwa bei Fußballspielen. Die Fans eines auswärtigen Teams nehmen eher denselben Heimweg und lassen sich leichter eskortieren als Besucherinnen und Besucher eines Konzerts", sagt der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Dimitrios Bakakis.

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Doch Bakakis sei erschüttert über diese Vorfälle, sagt er zu t-online. "Ich hoffe, die Band macht diesbezüglich eine deutliche Ansage in Richtung ihrer Fans. Ich sehe sie in der Pflicht, sich ganz klar von derartigem Verhalten zu distanzieren. Das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole ist genauso wenig tolerierbar wie die Tatsache, dass Teile der Stadt für bestimmte Menschen plötzlich zu unsicheren Orten werden."

Polizei wehrt sich gegen Kritik

Gegen die Kritik von Cemile und Mary, dass keine Beamten am Hauptbahnhof waren, wehrt sich die Polizei. Vor allem am Wochenende bestünde ständig eine hohe Polizeipräsenz, insbesondere an zentralen Orten in der Stadt – wie auch am Hauptbahnhof, "um Straftaten zu verhindern und für Sicherheit zu sorgen". Die Begebenheiten am Wochenende mit Hunderten von Onkelz-Fans am Hauptbahnhof ähnelten sehr denen von Fußballfans. "Bei Fußballspielen besteht gelegentlich eine enge Seitenbegleitung, um Straftaten rivalisierender Gruppen zu verhindern. Ein Vergleich zwischen Fußballfans und Konzertbesuchern ist von einem möglichen Gefährdungspotenzial unterschiedlich zu bewerten", so die Polizei.

Der Grünen-Stadtverordnete Bakakis sagt, dass die Polizei leider dennoch nicht umhinkomme, "ihre Gefährdungsbeurteilungen und -konzepte anzupassen und künftig auch bei Konzerten bestimmter Bands an neuralgischen Punkten Präsenz zeigen zu müssen". Daher sei es umso wichtiger, dass die Vorfälle gemeldet werden.

Für Cemile und Mary waren die Erfahrungen an diesen zwei Tagen ein Schock. "Solche Erlebnisse sind für Kinder noch schlimmer. Mein Kind hat auch Hanau mitbekommen. Es fragte mich, Mama, wann verlassen wir Deutschland", erzählt Cemile.

*Namen der Redaktion bekannt

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräche mit Cemile und Mary
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