Bauarbeiten offenbaren Besonderheit Archäologen machen spezielle Funde im Nordviertel

Bei Bauarbeiten im Essener Nordviertel stoßen Archäologen auf einen jahrzehntelang verborgenen Deckungsgraben aus dem Zweiten Weltkrieg. Auch Spuren eines Bombenangriffs werden entdeckt.
Was als gewöhnliches Bauprojekt an der Tiegelstraße begann, entwickelte sich zu einem der spektakulärsten archäologischen Funde der letzten Jahre in Deutschland. Im Frühjahr 2023 stießen Bauarbeiter im Essener Norden offenbar auf eine massive Betonstruktur. Das berichtet die "WAZ" am Dienstag (1. April). Archäologe Dr. Johannes Müller-Kissing habe schnell erkannt, dass es sich bei dem Fund um einen sogenannten Deckungsgraben handelt. Die Stadtarchäologie hat die Funde auf t-online-Anfrage bestätigt.
Bei diesem Luftschutzbauwerk aus der Frühzeit des Zweiten Weltkriegs sei die Bauweise, die typisch für die Jahre 1939 und 1940 sei, zu erkennen. Die Betonstruktur sei damals ohne Verdichtung gegossen worden – schnell, hektisch und wenig dauerhaft. "Ab Mitte 1940 gab es eine Professionalisierung dieser Bauten, aber das hier stammt ganz klar aus der frühen Kriegszeit", so Müller-Kissing im Gespräch mit der "WAZ".
Doch was die Archäologen im Inneren des Grabens fanden, habe dann selbst erfahrene Fachleute erschüttert. Recherchen und Zeitzeugenberichte ergaben laut "WAZ": Im Sommer 1943 traf eine Fliegerbombe den Schutzbau direkt. Der Einschlag – ein sogenannter Volltreffer – zerstörte einen großen Teil des Grabens nahe einer Luftfilteranlage. Vermutlich hielten sich zu diesem Zeitpunkt Zwangsarbeiter, Mitglieder einer Wachmannschaft und Grundschüler in der Anlage auf.
Einschlag einer Fliegerbombe: Kinder unter den Toten?
Wie viele Menschen dabei ums Leben gekommen seien, lasse sich nicht mehr genau sagen. Doch bei den Ausgrabungen stießen die Archäologen auf Knochenfragmente von mindestens drei verschiedenen Personen. Die Identifizierung läuft, sei jedoch schwierig.
Ein besonders bewegender Fund sei ein kleiner Kinderstiefel, den Archäologen im Schutt entdeckten. Auch ein Gewehrkolben aus Holz, vermutlich Teil eines Wehrmachtskarabiners, und das Innenfutter eines Stahlhelms seien geborgen worden.
Einzigartige Funde – bald öffentlich zugänglich?
Angesichts der Sensationsfunde werde der genaue Standort des Grabens bewusst geheim gehalten. Zu groß sei die Gefahr, dass viele Neugierige mit unangemessenen Absichten zur Fundstelle kommen. Die geborgenen Überreste wurden daher professionell dokumentiert, untersucht und konserviert.
Derzeit lagern die geborgenen Artefakte unter idealen klimatischen Bedingungen im Depot des Ruhr Museums – bei 50 Prozent Luftfeuchtigkeit und 20 Grad. Ziel sei es, die Fundstücke später der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
- waz.de: "Einmalig": Archäologen machen Sensations-Fund in Essen vom 1. April 2025 (kostenpflichtig)
- Anfrage bei der Stadtarchäologie Essen am 1. April 2025 (per E-Mail)
- Anfrage bei der Stadt Essen am 1. April 2025 (per E-Mail)