Nach Massenschlägerei in Essen Landtag beschäftigt sich mit "Clan-Kriminalität"
"Clan-Kriminalität" wird am Donnerstag zum Thema im Landtag. Auslöser dafür sind wohl auch die Ereignisse in Essen im Sommer 2023.
Im Sommer 2023 stand Essen wegen einer Massenschlägerei bundesweit in den Schlagzeilen. Zwei Gruppen syrischer und libanesischer Herkunft gerieten damals vor einem Restaurant aneinander. Jetzt wird das Thema "Clan-Kriminalität" im Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags debattiert.
Experten betonen vorab, dass der Staat auf kriminelle Strukturen reagieren muss, warnen jedoch vor einer Stigmatisierung ganzer Bevölkerungsgruppen. Mahmoud Jaraba vom Erlanger Forschungszentrum für Islam und Recht in Europa weist darauf hin, dass der Begriff "Clan-Kriminalität" stigmatisierend wirken könne. Vor allem Frauen und Kinder mit Migrationshintergrund würden so in die gesellschaftliche Isolation gedrängt werden.
Bund Deutscher Kriminalbeamter sieht Handlungsbedarf
Die Ursprünge solcher Auseinandersetzungen seien komplex und nicht allein auf kriminelle Aktivitäten zurückzuführen. Historische Konflikte, Konkurrenz um Anerkennung sowie wirtschaftliche Rivalitäten spielten eine wesentliche Rolle, meint Jaraba.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter sieht allerdings Handlungsbedarf. Landeschef Oliver Huth schlägt die Einführung eines spezifischen Gesetzes vor, das ähnlich wie der Anti-Mafia-Paragraph in Italien Strukturen des "Gesetzes des Schweigens" in Deutschland bekämpfen soll.
Bei der Massenschlägerei vor einem Essener Restaurant, die sich vermutlich aus einem Familienstreit in Castrop-Rauxel entwickelt hatte, waren weit mehr als hundert Menschen aneinandergeraten. Es gab mehrere Verletzte, darunter auch Polizisten. Nach der Schlägerei hatten Zeugen keine Angaben mehr gemacht oder waren erst gar nicht zu Vernehmungen erschienen, wie aus einem Bericht des NRW-Innenministeriums hervorgeht.
Ein effektiveres Konzept für den Umgang mit abgeschotteten Milieus fordert auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG). Stellvertretender Bundesvorsitzender Manuel Ostermann beschreibt das soziale Umfeld der Großfamilien als stark hierarchisch und oft von Statusdenken und Gewaltbereitschaft geprägt.
Um Erkenntnisse über die Strukturen im Bereich syrischer Migranten zu gewinnen, brauche es mehr Personal und Mittel, so der Polizeigewerkschafter. Zudem seien "kluge gesetzliche Regelungen" unverzichtbar.
AfD prangert "Kuschel-Justiz" an
Die AfD-Opposition wendet sich in ihrem 25 Punkte umfassenden Forderungskatalog unter anderem gegen eine "Kuscheljustiz". Sie will "einen migrationspolitischen Paradigmenwechsel", der die Interessen der deutschen Bürger in den Vordergrund stellt.
"Parallelgesellschaften, die unseren freiheitlichen Rechtsstaat infrage stellen und offensiv herausfordern, werden wir bekämpfen." Aus Sicht der Sachverständigen sind aber mehrere Forderungen der AfD, etwa zur Ausweisung krimineller Clan-Mitglieder oder Grenzkontrollen unter NRW-Beteiligung, rechtlich so nicht umzusetzen.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa