Neuaufstellung von Thyssenkrupp geplant Stahlarbeiter protestieren mit Grablichtern und Holzkreuzen
Am Freitag kommt der Aufsichtsrat von Thyssenkrupp in Duisburg zusammen, um über die Zukunft des Stahlerzeugers zu beraten. Bereits im Vorfeld gibt es Proteste.
Bei Deutschlands größtem Stahlerzeuger Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE) berät der Aufsichtsrat am Freitag über eine grundlegende Neuaufstellung. Das Aufsichtsgremium wird sich dazu mit einem noch unveröffentlichten Restrukturierungsprogramm befassen. Der sogenannte Businessplan wurde vom Management in den vergangenen Monaten aufgestellt.
Die Sparte steht vor einer Verselbstständigung. Um wettbewerbsfähiger zu werden, ist eine deutliche Reduzierung der Produktionskapazitäten geplant, die auch mit einem Stellenabbau verbunden sein wird. Betriebsbedingte Kündigungen sollen aber ausgeschlossen werden.
Vom Stahlunternehmen HKM wolle man sich komplett trennen. Das hatte der Aufsichtsratschef von Thyssenkrupp Steel Europe, Sigmar Gabriel, das Vorhaben in einem Interview mit der "Rheinischen Post" untermauert.
Beschäftigungsgarantie bis Ende März 2026
An HKM hält die Stahlsparte des Industriekonzerns Thyssenkrupp die Hälfte der Anteile, der Rest entfällt auf das niedersächsische Unternehmen Salzgitter und den französischen Konzern Vallourec. "Unser Ziel ist der Verkauf", sagte der frühere Bundeswirtschaftsminister und SPD-Vorsitzende.
In der Thyssenkrupp-Stahlsparte arbeiten rund 27.000 Menschen, davon 13.000 in Duisburg. Bis Ende März 2026 gilt eine Beschäftigungsgarantie.
Vergangene Woche war das Energieunternehmen EP Corporate Group (EPCG) des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky mit 20 Prozent bei TKSE eingestiegen. Ob Kretinsky am Freitag persönlich an der Sitzung teilnehmen wird, war zunächst nicht bekannt.
"Visuelle Guerilla-Aktion" am Vorabend
Am Vorabend der Sitzung hatten zahlreiche Stahlarbeiter mit Grablichtern und Holzkreuzen in der Dämmerung gegen den geplanten Stellenabbau protestiert. An der rund 30-minütigen "visuellen Guerilla-Aktion" beteiligten sich nach Angaben des Betriebsrats rund 200 Menschen. Vier schwarz gekleidete Männer trugen einen Sarg mit einer Puppe darin. Auch bengalische Fackeln und Rauchtöpfe wurden entzündet.
Die Beschäftigten wollten mit der Aktion für die Zukunft der Stahlsparte demonstrieren, erklärte der Betriebsrat. Am Vorabend einer wichtigen Aufsichtsratssitzung wolle man damit "ein Zeichen setzen", sagte Jens Burnicki vom Gesamtbetriebsrat.
Betriebsrat fürchtet mögliche Insolvenz
Strittig ist vor allem die finanzielle Ausstattung, mit der der Mutterkonzern die Stahlsparte in die Selbstständigkeit schicken wird. Der Betriebsratsvorsitzende am Standort Duisburg/Beeckerwerth, Ali Güzel, äußerte am Donnerstagabend die Sorge, dass der Mutterkonzern zu wenig Geld zur Verfügung stellt. "Die Befürchtung ist, dass man uns so wenig wie möglich Mitgift gibt, sodass am Ende des Tages der Insolvenzverwalter vor der Tür steht", sagte Güzel vor Journalisten. "Die Insolvenzgefahr ist sehr groß", sagte er weiter.
Nach seinen Angaben steht am Freitag auch die Beauftragung eines weiteren Gutachtens über die nötige Finanzausstattung der Sparte auf der Tagesordnung der Aufseher. Die bisherigen Vorstellungen des Stahlmanagements, des Thyssenkrupp-Vorstands und der Mitbestimmung lägen bislang noch zu weit auseinander. Einem vom Stahl-Management erarbeiteten Businessplan werde die Arbeitnehmerseite erst zustimmen, wenn die künftige Finanzierung geklärt sei, so Güzel.
Die Thyssenkrupp AG mit Sitz in Essen ist ein börsennotierter, diversifizierter Industriekonzern mit Schwerpunkt in der Stahlverarbeitung und Deutschlands größter Stahlhersteller. Insgesamt sind rund 96.000 Menschen bei dem Konzern beschäftigt.
- Material der Nachrichtenagentur dpa
- Eigene Recherche