Prozess gegen Lina E. Schwere Vorwürfe gegen Bundesanwaltschaft und Oberlandesgericht
Im Schlussplädoyer schießt der Verteidiger der mutmaßlichen Linksextremistin gegen den vorsitzenden Richter: Lina E. sei vorverurteilt worden.
Die Verteidigung der mutmaßlichen Linksextremistin Lina E. hat im Schlussplädoyer schwere Vorwürfe gegen die Bundesanwaltschaft und den Senat am Oberlandesgericht Dresden erhoben. Verteidiger Ulrich von Klinggräff sprach am Mittwoch von "politischer Justiz".
Es habe von Anfang an eine Vorverurteilung seiner Mandantin gegeben. Die Bundesanwaltschaft vertrete die Ansicht, dass Gefahr gleichermaßen von den radikalen Rändern drohe und links und rechts gleichzusetzen seien. Nach den Worten des Verteidigers beruht die Anklage auf Mutmaßungen. "Hypothesen ersetzen für die Bundesanwaltschaft die Beweise."
Lina E. soll Kopf einer "krimineller Vereinigung" sein
Neben der inzwischen 28 Jahre alten Studentin Lina E. müssen sich drei Männer aus Leipzig und Berlin vor Gericht verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen vor, zwischen 2018 und 2020 Angehörige der rechten Szene in Leipzig, Wurzen und Eisenach zusammengeschlagen zu haben. Zudem sind sie wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt, als deren Kopf Lina E. gilt: "Sie hat unmittelbar aktiv an allen bislang bekannten Überfällen mitgewirkt", so eine Staatsanwältin am letzten Verhandlungstag.
Verteidiger von Klinggräff sagte, aus minimalen Anhaltspunkten seien Indizien gebastelt worden. Er warf der Bundesanwaltschaft "Rosinenpickerei" vor – sie picke sich nur das heraus, was in ihre eigene Anschauung passe.
Verteidigung hält Richter für voreingenommen
Scharfe Kritik gab es auch am Vorsitzenden Richter Hans Schlüter-Staats. Er sei mit der Verteidigung in beleidigender Weise umgegangen. Zu keinem Zeitpunkt habe man den Eindruck gewonnen, dass der Senat eine kritische Würdigung der Beweise und der polizeilichen Arbeit vorgenommen habe.
Immer, wenn es Kritik an der Arbeit der Sonderkommission Linksextremismus gab, habe sich der Vorsitzende dazwischengeworfen, als hätte er die Kritik persönlich genommen. Dieser Reflex sei nicht anders zu erklären, als dass er sich der Polizei innerlich verbunden fühle, so von Klinggräff.
Die Bundesanwaltschaft hatte für Lina E. acht Jahre Haft gefordert. Für die anderen Beschuldigten wurden Haftstrafen zwischen zwei Jahren und neun Monaten sowie zwischen drei Jahren und neun Monaten gefordert. Der Prozess hatte unter hohen Sicherheitsvorkehrungen im September 2021 begonnen.
- Nachrichtenagentur dpa