Plädoyer früher als erwartet Prozess gegen Lina E. – Bundesanwaltschaft sieht Vorwürfe bestätigt
Die Bundesanwaltschaft ist nach 92 Verhandlungstagen überzeugt: Linksextremistin Lina E. soll an Überfällen aktiv beteiligt gewesen sein.
Im Dresdner Prozess gegen die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. und drei Mitangeklagte sieht die Bundesanwaltschaft ihre Vorwürfe als bewiesen an. Nach 92 Verhandlungstagen stehe fest, dass sie als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung zwischen 2018 und 2020 Überfälle auf Angehörige der rechten Szene in Leipzig, Wurzen und Eisenach (Thüringen) geplant und ausgeführt haben, sagte ein Vertreter der Anklagebehörde am Donnerstag im Prozess am Oberlandesgericht Dresden.
Danach hatte die aus Hessen stammende Studentin eine herausgehobene Stellung in der Gruppe, sei an Planung und Taten, Auswahl der Opfer und beteiligt gewesen und habe eine überwachende und steuernde Funktion gehabt. "Sie hat unmittelbar aktiv an allen bislang bekannten Überfällen mitgewirkt."
Anstieg der Gewalt zwischen Rechts- und Linksextremen
Nach Überzeugung der Anklage bildete sich die auf Begehung politisch links motivierter Gewalttaten in und um Leipzig orientierte Vereinigung spätestens 2018. Ihre Mitglieder hätte eine militant-extremistische Ideologie verbunden –mit dem Ziel, Gegner aus der rechten Szene körperlich zu attackieren, zu verletzen und so zur Aufgabe ihrer politischen Betätigung zu zwingen. E. habe der Vereinigung spätestens seit August 2018 angehört, ihre Mitangeklagten ab 2019 beziehungsweise 2020. Der per Haftbefehl gesuchte Verlobte von Lina E. sei einer der zentralen Akteure und auch an Gewalttaten beteiligt gewesen.
Die Bundesanwaltschaft beobachtet eine Zunahme der gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen dem rechts- und linksextremen Lager "in Anzahl und Intensität", wie Staatsanwältin Alexandra Geilhorn zu Beginn des Schlussvortrags allgemein feststellte. "Massive Gewaltanwendungen, Verletzungen, körperliche Angriffe auf politische Gegner sind gleichermaßen zu verurteilen, zu verfolgen und zu bestrafen." Politischer Meinungskampf finde dort seine Grenze, wo zur Durchsetzung der eigenen Agenda Straftaten verübt würden. "Es gibt keine gute politische Gewalt."
Lina E. sitzt seit 2,5 Jahren in Untersuchungshaft
Die Angeklagten hätten gemäß ihres Weltbildes das Recht in die eigenen Hände genommen. Mit diesem Handeln werde nur die Radikalisierung der politischen Lager vorangetrieben. "Das Gericht ist berufen, dieser Gefahr einer solchen radikalisierten Spirale entgegenzuwirken."
Der Prozess hatte unter hohen Sicherheitsvorkehrungen im September 2021 begonnen. Neben der inzwischen 28 Jahre alten Studentin Lina E. müssen sich drei Männer aus Leipzig und Berlin unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht verantworten. Die Verteidigung hält diesen Vorwurf für konstruiert und spricht von einem "politisierten Verfahren". E. ist seit November 2020 in Untersuchungshaft, ihre Mitangeklagten sind auf freiem Fuß.
- Nachrichtenagentur dpa