Tod eines jungen Flüchtlings Prozess um Polizeischüsse: Gericht verkündet Urteil
Seit einem Jahr sitzen fünf Polizeibeamte wegen eines tödlichen Einsatzes vor Gericht. Die ursprünglichen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft wogen schwer. Nun sind für einige der Angeklagten Freisprüche wahrscheinlich.
Ein Jahr nach dem Start des Prozesses um die tödlichen Polizeischüsse auf einen 16 Jahre alten Flüchtling in Dortmund wird das Gericht heute (13.00 Uhr) sein Urteil fällen. Auf der Anklagebank sitzen fünf Polizisten und Polizistinnen, die im August 2022 bei einem fatalen Polizeieinsatz in einer Dortmunder Jugendwohngruppe beteiligt waren.
Mouhamed Dramé, ein Jugendlicher aus dem Senegal, war damals von fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole der Polizei getötet worden. Er hatte in einer Nische gelehnt und sich – vermutlich in Suizidabsicht – ein Messer an den Bauch gehalten. Um ihn zu entwaffnen, hatte der Dienstgruppenleiter den Einsatz von Pfefferspray angeordnet. Daraufhin bewegte er sich mit dem Messer in der Hand auf die Beamten zu. Die Taser stoppten ihn nicht, direkt darauf eröffnete ein als Sicherungsschütze eingeteilter Beamter das Feuer.
Die Staatsanwaltschaft hatte den 31 Jahre alten Polizeibeamten ursprünglich wegen Totschlags angeklagt. Ein Kollege und zwei Kolleginnen waren wegen gefährlicher Körperverletzung, der Vorgesetzte wegen Anstiftung zu dieser vor Gericht gekommen.
Staatsanwaltschaft fordert Freisprüche für vier Angeklagte
Nach der Beweisaufnahme hatte die Staatsanwaltschaft jedoch ihre Einschätzung geändert und für vier der fünf Angeklagten Freisprüche gefordert: So habe etwa der Schütze – wenn auch irrtümlicherweise – geglaubt, sich in einer Notwehrlage zu befinden.
Fahrlässige Tötung hingegen warf die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer dem Dienstgruppenleiter vor: Er habe zu Unrecht und zu unüberlegt den Einsatz von Pfefferspray angeordnet – und so den fatalen Lauf der Dinge erst in Gang gesetzt.
Die Polizisten hatten ihr Handeln vor Gericht stets verteidigt: Mit dem Pfefferspray habe der sich selbst gefährdende Jugendliche entwaffnet werden sollen. Als er das Messer nicht fallen ließ, sondern augenscheinlich zum Angriff übergegangen sei, habe man sich verteidigen müssen.
- Nachrichtenagentur dpa