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Krabbenfischer in Wremen: "Nur, wer noch was im Tank hat, fährt raus"


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Krabbenfischer bangen um Existenz
"Nur, wer noch was im Tank hat, fährt raus"


Aktualisiert am 20.03.2022Lesedauer: 3 Min.
Deckmann Sven Majewski navigiert die Apollo zur Wartung in die Slip am Fischereihafen.Vergrößern des Bildes
Deckmann Sven Majewski navigiert die Apollo zur Wartung in die Slip am Fischereihafen. (Quelle: Niklas Golitschek)

Für die Krabbenfischer an der Nordsee haben sich die Treibstoffpreise binnen Tagen fast verdreifacht. Rentabel könne man damit nicht mehr arbeiten. Erste Betriebe stehen bereits vor der Insolvenz.

Anfang der Woche war Michael Peters, Krabbenfischer aus Wremen, mit seinem Kutter Apollo dann doch wieder auf hoher See. Zum ersten Mal seit rund drei Monaten. "Ich hatte noch ein bisschen Brennstoff vom letzten Jahr", sagt Peters und schmunzelt. Immerhin zehn Kisten holte er mit seinem Kollegen so aus einer Doppeltiede.

Eigentlich ganz passabel, findet Peters. "Wären da nur nicht die zuletzt stark gestiegenen Preise für den Sprit seiner Apollo. Putins Angriffskrieg in der Ukraine und steigende Treibstoffpreise haben sich unmittelbar an den deutschen Fischereihäfen bemerkbar gemacht. Dabei profitiert die Branche eigentlich von Zoll- und Steuerbefreiungen.

"Selbst dann liegen wir inzwischen bei 1,35 Euro", sagt Peters. Das Hoch lag Berichten zufolge sogar bei 1,50 Euro. Kein Vergleich zu den 50 bis 60 Cent der Vorjahre.

Für die Fischer sei das kaum zu tragen, sagt Peters und rechnet vor: "Wenn ich eine Woche durchforste, also richtig aktiv durchfische, dann liege ich schon bei 2.000 Liter Brennstoff." Bei den Preisen könne er da nicht rentabel zur See fahren. Die seien zuletzt durch die neue CO2-Steuer zusätzlich in die Höhe geschnellt: "Für mich ist das einfach nur, uns das Geld aus der Tasche zu ziehen", kritisiert er.

Reserven sind aufgebraucht

Den Fischern droht nun durch die hohen Brennstoffpreise das bereits vierte schlechte Jahr in Folge: Preisverfall, Pandemie und schlechte Fangmengen haben der Branche in den vergangenen Jahren zugesetzt.

"Wir müssen für die drei Wintermonate ein bisschen was auf das Konto kriegen", betont er. Einen Puffer könnten jedoch viele nicht mehr aufbauen. "Wenn man im Frühjahr wieder angefangen hat, war das Konto leer und manchmal auch mehr als leer – also im Minus", untermauert der Fischer.

Hinzu komme eine zunehmende Bürokratisierung des Berufs mit neuen Auflagen und kostenpflichtige Kontrollen, die ebenfalls ins Geld gingen. "Als ich angefangen habe, war das alles noch ein bisschen entspannter", sagt der 56-Jährige und zieht die Augenbrauen hoch. Bereits als Jugendlicher ist Peters mit seinem Vater zur See gefahren. Diese Neuerungen seien inzwischen ein großer Kostenfaktor.

Erzeugerpreise auf ordentlichem Niveau

Dabei lägen die Erzeugerpreise derzeit auf einem guten Niveau für diese Jahreszeit. "Nur wenn sich die Unkosten so steigern, dann bleibt nichts über", sagt Peters. Diese auf den Kunden umzulegen, sei auch keine Option, wenn dadurch dann die Nachfrage ausbleibe – die Erfahrung habe er bereits selbst gemacht.

Majewski spricht von großer Unsicherheit

Diese Unsicherheit spürt auch Peters' Deckmann Sven Majewski. "Man weiß nicht, was morgen ist", sagt der 40-Jährige, der vor fünf Jahren als Quereinsteiger zum Fischen kam. Zu Hause habe er eine Familie mit zwei Kindern – und im Grunde habe er noch kein gutes Jahr erlebt, wirft der Kuttereigner ein.

"Das macht dann schon große Sorgen, die man eigentlich nicht haben sollte, wenn man so einen Job macht", findet Majewski. Als er sich für den Beruf entschied, habe er auch andere Vorstellungen davon gehabt. Hoffnungen auf eine gute Rente mache er sich zumindest nicht mehr. "Ich war noch nie so schlecht gelaunt", räumt er ein.

Wenn Fischen zur Verzweiflungstat wird

Peters und Majewski sind mit ihren Sorgen gewiss nicht alleine. "Wir sitzen alle ziemlich bedrückt da", sagt Dirk Sander, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft der Deutschen Krabbenfischer. Seit Beginn des großflächigen Krieges in der Ukraine liege alles still: "Nur, wer noch was im Tank hat, fährt raus."

Inzwischen leerten sich die Lagerbestände und eine Handvoll Betriebe habe bereits Insolvenz angemeldet. Wann Peters wieder rausfahren möchte? Er seufzt. "Man kann ja nicht immer liegen bleiben." Ein bisschen privat verkaufen, ein bisschen was an den Großhändler. Wieder hält Peters inne. "Keine Ahnung", sagt er. Nun zu fahren gleiche mehr einer Verzweiflungstat.

Auf politischer Ebene ist die Not der Fischer offenbar bereits erkannt. Jüngst hat Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) angekündigt, Hilfen für die Branche ausloten zu wollen und den Unterstützungsbedarf betont.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Michael Peters und Sven Majewski
  • Gespräch mit Dirk Sander, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft der Deutschen Krabbenfischer
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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