Bremen "Hört auf zu kämpfen": Tausende fordern Frieden in Ukraine
Um Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu zeigen, sind in Niedersachsen und Bremen am Freitag nach Polizei-Angaben Tausende Menschen auf die Straße gegangen. In Hannover versammelten sich nach einem interreligiösen Friedensgebet in der Marktkirche auf dem Platz davor rund 1500 Menschen. Einige hatten Ukraine-Flaggen und Kerzen mitgebracht. Bei zwei Kundgebungen in Bremen auf dem Domshof und auf dem Marktplatz kamen laut Polizei nach vorläufigen Angaben bis zu 3000 Menschen zusammen. Alle Versammlungen verliefen friedlich. Auch in Hameln, Bremerhaven, Göttingen und Osnabrück gab es Veranstaltungen.
Bei einem Friedensgebet auf dem Bremer Marktplatz rief Bürgermeister Andreas Bovenschulte zum Frieden in der Ukraine auf. "Die Angriffe müssen sofort gestoppt werden. Die russischen Truppen müssen das Land unverzüglich wieder verlassen. An dieser Haltung kann es keinen Zweifel geben", sagte der SPD-Politiker. Er warnte auch vor Pauschalisierung. Die Wut und der Zorn auf den russischen Staat und Präsident Putin dürfe nicht auf einzelne Russinnen und Russen übertragen werden.
Bei der Versammlung in Hannover bekräftigte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) Niedersachsens Solidarität mit der Ukraine und bot Menschen in dem Land Hilfe an. "Ich sage, in Niedersachsen wird es Zuflucht geben für diejenigen Menschen, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen." Weil sagte, es sei ein Krieg mitten in Europa - die Ukraine sei gerade einmal zwei Flugstunden von Hannover entfernt.
Die Politik des russischen Präsidenten scheue weder Verbrechen noch Lügen, sagte Weil. Der Angriff auf die Ukraine sei ein Angriff auf die gesamte Völkergemeinschaft. In einem emotionalen Appell wandte sich der Ministerpräsident auch direkt an die russischen Soldaten in der Ukraine und erhielt dafür viel Applaus: "Hört auf zu kämpfen, denkt an die Menschen. Geht zurück nach Hause!"
Zu der Kundgebung hatten unter anderem die Landeshauptstadt und die Region Hannover sowie das Bündnis "Bunt statt braun", der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen und der Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden sowie der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Niedersachsen aufgerufen.
In den jüdischen Gemeinden in Niedersachsen bangen viele Menschen um ihre Freunde und Angehörigen in der Ukraine. "Es gibt einen stetigen Austausch und große Angst", sagte Rebecca Seidler, Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover. "Die Verwandten kommen aus der Ukraine nicht raus, die Zufahrtsstraßen sind zu und der Flughafen gesperrt." Seidler zufolge stammen 95 Prozent der jüdischen Gemeindemitglieder in Niedersachsen aus der ehemaligen Sowjetunion. "Auch die russischen Gemeindemitglieder sind fassungslos über das, was Putin angestoßen hat. Sie sind auch ganz verzweifelt", sagte Seidler. Rund 7700 Jüdinnen und Juden sind in Niedersachsen in Gemeinden organisiert.
Vielerorts in Niedersachsen wurde aus Solidarität mit der Ukraine die gelb-blaue Staatsflagge des Landes gehisst, etwa vor der Staatskanzlei in Hannover. Vor einigen Rathäusern wie in Oldenburg und Hildesheim wurde zudem eine Flagge der Vereinigung "Mayors for Peace" (Bürgermeister für den Frieden) aufgezogen. Auf diese Weise solle ein sichtbares Zeichen für den Wunsch nach Frieden und Zusammenhalt in Europa gesetzt werden, sagte etwa Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann in einer Mitteilung.
Der Niedersächsische Städtetag signalisierte nach einem Gespräch mit Innenminister Boris Pistorius Hilfe bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine. "Die niedersächsischen Kommunen werden selbstverständlich ihren humanitären Beitrag bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine leisten. In den nächsten Tagen werden auch wir die Möglichkeiten zur dezentralen Unterbringung in den Kommunen prüfen", sagte der Vize-Präsident, Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel in einer Mitteilung.
Für Samstag sind weitere Demonstrationen, Mahnwachen und Gottesdienste aus Solidarität mit der Ukraine angekündigt.