Tiere geklaut und geschlachtet Alpaka-Horror: Darum schlugen die Täter zu
Zwei Alpakas verschwinden von einer Farm. Wenig später werden ihre Überreste gefunden – geschlachtet. Für Diebe lohnt sich so eine Tat durchaus.
Die Anteilnahme war groß und auch die Hilfsbereitschaft bei der Suche nach den beiden Alpakas "Top Secret" und "Mr. Grey", riss lange Zeit nicht ab. Doch für die beiden Tiere aus Drantum im Oldenburger Münsterland kam jede Hilfe zu spät. Die beiden Fohlen wurden Mitte Februar aus ihrem Stall gestohlen und Tage später sehr wahrscheinlich geschlachtet. Man fand nur die Überreste ihrer Körper in einem Waldstück bei Garrel (Landkreis Cloppenburg).
Was auf den ersten Blick nach nicht lohnenswerter Beute klingen mag, kann für die Täter durchaus ein rentables Geschäft gewesen sein. Alpakafleisch ist gerade in Österreich und der Schweiz eine beliebte Delikatesse – zu sündhaft teuren Preisen.
Das Fleisch der Kameltiere wird auf zahlreichen ausländischen Internetseiten angepriesen, zu kaufen bekommt man es in Deutschland nur selten. Doch insbesondere in der benachbarten Schweiz und in Österreich scheint es einen Markt dafür zu geben. Das Fleisch gehöre "zu den gesündesten und geschmackvollsten Fleischsorten der Welt", heißt es beispielsweise auf der Homepage eines Händlers. Weiter ist dort zu lesen: "Es ist sehr vielseitig in der Küche einsetzbar. Es ist zart, saftig und geschmackvoll und dadurch für unzählige Gerichte geeignet." Die Konsistenz sei vergleichbar mit Wild und der Geschmack ähnele dem von Straußenfleisch, "jedoch mit einem weitaus geringeren Anteil an Kalorien und Cholesterin."
Trockenfleisch erzielt besonders hohe Preise
Für ein Kilo Alpaka-Frischfleisch verlangen verschiedene Anbieter zwischen 50 und 80 Euro, für etwas mehr als 100 Euro bekommt man es auch in der getrockneten Variante. Auch im verarbeiteten Zustand, beispielsweise als Salami oder Schinken, erzielen die Produkte noch horrende Preise: Ein Vermarkter aus Sachsen bietet ein "Premium-Paket" für 56,90 Euro an. Mit dabei: Salami, Alpakaknacker und Alpakaschinken im Gesamtgewicht von einem Kilo.
Neugeborene Alpakas kommen mit einem ungefähren Gewicht von 8 bis 18 Kilo auf die Welt. Da "Top Secret" und "Mr. Grey" jedoch bereits sechs Monate alt waren, werden sie etwa 25 bis 30 Kilo auf die Waage gebracht haben. So zumindest wird das Sollgewicht für gleichaltrige Tiere angegeben. Das macht es für Diebe zu einem durchaus lohnenden Geschäft, verspricht das Fleisch von Jungtieren immerhin bis zu mehrere tausend Euro.
Nach Angaben der Polizei wurden die Tiere professionell geschlachtet, das habe sich "anhand einer ersten Inaugenscheinnahme der Kadaver" ergeben. Und auch für die Verantwortlichen der betroffenen Farm Herzog-Alpakas in Drantum komme kein anderer Schluss infrage. Sie gehen sogar einen Schritt weiter und schreiben auf ihrer Facebook-Seite: "Es war ein Profi am Werk, der dieses täglich macht, was uns vermuten lässt, dass dieser vielleicht sogar in einer Schlachterei im Umkreis arbeitet."
Farmbesitzer: "Unsere Herzen sind gebrochen"
Weiter heißt es in dem vor wenigen Tagen veröffentlichen Statement: "Wir fühlen uns immer noch wie betäubt." Das Bild, was sich den Verantwortlichen im Wald von Falkenberg – dort wurden die Tiere wahrscheinlich geschlachtet – geboten hatte, "werden wir so schnell nicht vergessen. Unsere Herzen sind gebrochen." Die Besitzer der Alpakas bezeichnen die Täter darin weiter als "Monster" und wünschen sich, dass der oder die Täter "eine gerechte Strafe" erhalten.
Die Ermittlungen der Polizei gehen indes weiter. Die Beamten suchen Zeugen. Diese sollen sich bei der Polizei in Garrel unter der Rufnummer 04471 18600 oder bei den Kollegen in Cloppenburg unter Telefon 04474 939420 melden.
Alpakas stammen ursprünglich aus Südamerika, insbesondere im Hochland der Anden in Peru, Bolivien und Chile sind sie zu Hause. Doch auch in Deutschland erfreuen sich die Tiere in den vergangenen 30 Jahren wachsender Beliebtheit: Gab es Ende der 1980er Jahre gerade mal knapp 5.000 Alpakas in Deutschland, wird ihre Population mittlerweile auf bis 25.000 Stück geschätzt.
Verbandspräsident: Schlachtung ist "Unsinn"
Die Zucht der Kameltiere wird dabei hauptsächlich für Freizeitangebote und wegen der wertvollen Wolle betrieben. Ein Alpaka ist im Einkauf schnell 2.5000 bis 10.000 Euro teuer, viele Züchter holen die Kosten jedoch durch den Verkauf der Fasern wieder rein. Jährlich mindestens einmal werden die Tiere geschoren, ein Kilo ist nach Angaben des Deutschen Alpaka Zuchtverbands (AZVD) zwischen 80 und 100 Euro je Kilo wert.
Darum ging es den Dieben jedoch nicht. Denn: Das Fell der Tiere wurde im Wald zurückgelassen. Die Vermutung liegt nahe, dass es den Tätern ausschließlich um das Fleisch ging.
Während im Hochland der Anden viele Tiere auch als Nahrungsquelle dienen, weil dort kaum Rinder oder Schweine leben, werden sie in Deutschland so gut wie nie zur Fleischgewinnung getötet. AZVD-Präsident Fritz-Jürgen Hieke erklärt das in einem Bericht der "Bild"-Zeitung so: "Ein ausgewachsenes Alpaka liefert pro Jahr etwa zwei bis drei Kilo Wolle. Die Schlachtung bringt einmalig wenig. Sie ist also Unsinn." Eine Schlachtung aus wirtschaftlichen Gründen sei schon deshalb nicht zu empfehlen, weil es nicht rentabel sei.
Dem Bericht nach sagte Hieke weiter: "Wir sind fassungslos über die Tat." Damit ist er nicht allein: In den sozialen Medien häufen sich Anteilnahme und Bestürzung. Viele Nutzer sind bestürzt und traurig: "Dieser Verlust ist einfach so unfassbar schrecklich. Und dieser Tod so unfassbar unnötig", schreibt beispielsweise eine Frau.
- Angebote verschiedener Anbieter von Alpakafleisch
- palundu.de: Alpakawolle - Herkunft, Eigenschaften und Verwendung
- ndr.de: "Gestohlene Alpakas aus Emstek professionell geschlachtet"
- presseportal.de: Mitteilung der Polizeiinspektion Cloppenburg/Vechta vom 27.03.23
- alpacas.de: Wirtschaftlichkeit - Alpakas als Investment
- bild.de: "Wer hat die Alpakas geschlachtet?"
- bundestierärztekammer.de: Neuweltkamele in Deutschland (PDF)
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und afp
- eigene Recherche