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Bund: Milliarden-Auftrag für Werft in Bremen trotz "erheblicher Bedenken"


Kostenexplosion bei Spionageschiffen?
Zwei-Milliarden-Auftrag trotz "erheblicher Bedenken"

Von t-online, pas

16.01.2023Lesedauer: 2 Min.
Eingang des Bundesrechnungshof in Bonn (Archivbild): Hat der Bund eine Kostenexplosion fahrlässig herbeigeführt?Vergrößern des Bildes
Eingang des Bundesrechnungshof in Bonn (Archivbild): Hat der Bund eine Kostenexplosion fahrlässig herbeigeführt? (Quelle: Dominik Bund/imago)
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Der Bund vergibt ein Milliarden-Projekt an eine Bremer Werft – trotz Einspruch des Bundesrechnungshofs. Jetzt drohen die Kosten zu explodieren.

Laut einer Recherche von WDR, NDR und der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) soll der Bund die Vergabe eines Zwei-Milliarden-Auftrags für neue Spionageschiffe bewilligt haben – trotz einer deutlichen Warnung des Bundesrechnungshofs. Demnach sei der Auftrag an eine Bremer Werft ohne detaillierte Leistungsbeschreibung vergeben worden. Dem Projekt drohe jetzt eine Kostenexplosion.

Offenbar meldeten die Prüfer laut eines vertraulichen Berichts noch vor der Auftragsvergabe an die Werft Naval Vessels Lürssen (NVL) "erhebliche Bedenken" an. Die Experten hätten laut ARD in einem "Berichterstattergespräch" ihre Einschätzung zu dem geplanten Deal abgegeben. Derartige Gesprächsrunden sind bei größeren Aufträgen üblich: unabhängige Prüfer kontrollieren hierbei Wirtschaftlichkeit und Rechtmäßigkeit. In diesem Fall läuteten laut dem Bericht offenbar alle Alarmglocken.

Auch Abgeordnete der Bundestagsfraktionen und hochrangige Vertreter aus dem Verteidigungsministerium hätten an dem Gespräch teilgenommen. Diese hätten den Auftrag laut Medienbericht freigegeben.

Rechnungshof warnte vor Kostenexplosion

In dem Milliarden-Vertrag sei beispielsweise nicht festgeschrieben gewesen, welche Leistungen die Werft überhaupt konkret für das Steuergeld erbringen sollte – erst nach Vertragsschluss sollte eine "Bauspezifikation" erarbeitet werden. "Die Rechnungshofprüfer warnten vor dem Risiko, dass die Kosten aufgrund des lückenhaften Vertrages mittelfristig deutlich steigen könnten", berichtet der WDR. Bund und Haushaltsausschuss hätten den Milliardendeal für die insgesamt drei Spionageschiffe im Juni 2021 dennoch abgesegnet – in der letzten Haushaltssitzung vor der Bundestagswahl.

Doch nun explodieren die Kosten: "Es kommen klare Signale aus dem Verteidigungsministerium, dass die kalkulierten Festpreise, entgegen den Erklärungen der Vergangenheit, nicht auskömmlich sind und ein finanzieller Nachschlag in einem bestimmt dreistelligen Millionenbereich benötigt wird", sagte SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz WDR, NDR und "SZ". Auch Gesine Lötzsch, Haushaltspolitikerin der Linken, kritisiert das Projekt. Der Bund habe die "Katze im Sack" gekauft, heißt es weiter.

Ein anonymer Kenner zahlreicher Marine-Aufträge sagt gegenüber der "SZ": "Das ist der schlechteste Vertrag, den ich jemals gesehen habe." Vergleichbare Verträge hätte sich NVL "noch vor ein, zwei Jahren nicht einmal selbst geschrieben, weil es zu unverschämt wäre".

Verteidigungsministerium rechtfertigt Vorgehen

Der Bundesrechnungshof wolle die Recherchen auf Anfrage nicht kommentieren. Derzeit sei die Prüfung als "Verschlusssache" eingestuft. Daher müsse ihr Inhalt geheim bleiben. Ein Sprecher erklärte gegenüber WDR, NDR und "SZ" : "Wir erwarten grundsätzlich für Rüstungsvorhaben der Bundeswehr, dass vor der Unterzeichnung des Vertrages eine hinreichend detaillierte Leistungsbeschreibung vorliegt."

Anders das Verteidigungsministerium: Das rechtfertigte die Vorgehensweise gegenüber der Recherchegruppe als "innovativen Ansatz". Der Bund erarbeite gemeinsam mit dem Auftragnehmer die Bauspezifikation, womit im Bauprozess sowohl die Qualität der Bauspezifikation als auch die Erstellungsdauer deutlich verbessert würden. Nach wie vor sei man von "diesem zielführenden Ansatz überzeugt".

Ob die Kosten tatsächlich steigen, könne das Ministerium derzeit noch nicht beantworten. Die Bremer NVL-Werft hat sich bislang nicht zu dem Vorfall geäußert.

Verwendete Quellen
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