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Berlin: So machen die Autobahn-Blockierer an der A100 der Polizei das Leben schwer


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Umweltaktivisten in Berlin
So machen die Autobahn-Blockierer der Polizei das Leben schwer


11.02.2022Lesedauer: 4 Min.
Autofahrer, die durch eine Blockade der Aktivisten an der Weiterfahrt gehindert werden: Im Zuge der Protestaktion wurden über 200 Anzeigen gegen Blockierer gefertigt.Vergrößern des Bildes
Autofahrer, die durch eine Blockade der Aktivisten an der Weiterfahrt gehindert werden: Im Zuge der Protestaktion wurden über 200 Anzeigen gegen Blockierer gefertigt. (Quelle: Nils Urbanus)

Seit Wochen stören sie massiv den Verkehr in der Hauptstadt und sorgen für viel Aufregung. Wer sind die Aktivisten vom "Aufstand der letzten Generation", was kann die Polizei gegen sie unternehmen? Und was sagt die Politik? Ein Überblick.

Wenn sie zuschlagen, ist es meist noch dunkel. Viele Berliner sind auf dem Weg zur Arbeit, der Berufsverkehr wälzt sich durch die Hauptstadt. Und kommt zum Stehen. Denn Klimaaktivisten blockieren seit Wochen immer wieder wichtige Straßen in Berlin, manche von ihnen kleben sich an der Fahrbahn fest.

Insgesamt 41 Blockaden gab es laut Polizei bislang – diejenigen, welche die Polizei gleich im Ansatz unterbinden konnte, nicht mitgezählt. Die bislang letzte Straßensperre wurde am frühen Freitag aufgelöst. Mehr als 200 Anzeigen gegen Blockierende wurden von der Polizei aufgenommen, die Vorwürfe reichen von Nötigung bis Widerstand gegen die Staatsgewalt, bestätigte ein Polizeisprecher t-online auf Nachfrage.

Wer sind die Aktivisten?

Immer wieder sind es dieselben Personen, die den Verkehr zum Stocken bringen und den Unmut der Berliner Autofahrer auf sich ziehen. Auch Rettungswagen und eine schwangere Frau saßen fest.

Die Gruppe von Klimaaktivisten nennt sich "Aufstand der letzten Generation", weil sie der Meinung ist, dass ihre Mitglieder die letzten sind, die die Klimakatastrophe noch abwenden können – danach ist es zu spät, glauben sie.

Im Rahmen der Bundestagswahl wurden sie durch einen Hungerstreik bekannt. Sie hatten ein Gespräch von den damaligen Kanzlerkandidaten verlangt, ihr Wunsch von der neuen Regierung: die Ausrufung eines Klimanotstands. Kanzler Scholz hatte dazu aufgerufen, die Aktion abzubrechen. Nach der Wahl kam er dem Gesprächswunsch jedoch nach.

Was wollen sie erreichen?

Mit den Blockaden will die Gruppe zwei Ziele durchsetzen: Kanzler Scholz soll ein Essen-Retten-Gesetz durchbringen, das große Supermärkte verpflichtet, noch genießbares Essen zu spenden. Außerdem forderten die Aktivisten eine Agrarwende bis 2030.

Gehe Scholz auf diese Forderungen bis Ende 2021 nicht ein, "werden wir die Bundesrepublik zu einem Stillstand bringen", drohten seinerzeit die Aktivisten. Darauf ging Scholz nicht ein. Die Gruppierung beschloss: Autobahnblockaden – erst in der Hauptstadt, später nach und nach im ganzen Land.

Was macht die Polizei?

Die Polizei wird von den Blockaden vor große Herausforderungen gestellt. Die Aktionen der Aktivisten sind nicht angekündigt, treten immer wieder kurzfristig und spontan auf – die Polizei kann sich nicht konkret vorbereiten. Dennoch können die Beamten gewisse Maßnahmen vorab ergreifen. "Bestimmte Orte werden von den Blockierern bevorzugt", erklärte ein Sprecher gegenüber t-online.

"Auf diese Orte konzentrieren wir uns vorab." Immer wieder gelingt es der Berliner Polizei dadurch, Blockaden zu verhindern oder so schnell wie möglich aufzulösen. Das erfordert jedoch auch einen hohen Personalaufwand.

Um einen Blockierer von der Fahrbahn zu holen, brauche es nach Polizeiangaben meist mindestens zwei Beamte. Um festgeklebte oder festgekettete Aktivisten fortzuschaffen, müssen die Einsatzkräfte Lösungsmittel, Zangen und Trennschleifer einsetzen. Außerdem brauche es weitere Polizeikräfte, die sicherstellen, dass die Personen nicht zurück auf die Fahrbahn gelangen.

Das führe dazu, dass bereits wenige Aktivisten relativ viele Polizisten binden können. Einen der Blockierer haben Beamte mittlerweile insgesamt 18-mal von Berliner Straßen geholt. Da es sich bei den Aktionen um Straftaten handele und keine Anmeldung für Demonstrationen vorliege, sieht die Polizei die Blockaden auch nicht als solche. "Das sind keine Demonstranten, sondern Blockierer", erklärte ein Sprecher.

Und auch nach ihren Aktionen kann die Polizei die Aktivisten nur für recht kurze Zeit festhalten: Nach 48 Stunden müssen sie wieder freigelassen werden. Laut "Tagesspiegel" habe es seit dem 4. Februar rund 25 Fälle von solchen Festsetzungen gegeben – allerdings werde so nur bei Aktivisten vorgegangen, die sich an die Straße kleben. Dies werde von der Polizei als Tatbestand des Widerstandes gewertet.

Was sagt die Politik zu den Blockaden?

Auf dem politischen Parkett ernteten die Blockaden vor allem Kritik. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verurteilte die Aktionen scharf. "Wer zu solchen Mitteln greife, schadet wichtigen Anliegen wie dem Klimaschutz."

In der Ampelkoalition sorgten die Blockierer für Unfrieden. Umweltministerin Steffi Lemke äußerte bei einer Veranstaltung zunächst Verständnis für die Autobahnblockierer. Justizminister Marco Buschmann (FDP) wies sie daraufhin öffentlich zurecht. Inzwischen distanzierte sich auch Lemke deutlich von den Aktivisten: "Um es klar zu sagen: Ich halte diese Autobahnblockaden für falsch", sagte sie der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft und der "Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten" (Samstag).

Nachdem auch die künftige Grünen-Co-Vorsitzende Ricarda Lang friedliche Straßenblockaden als legitimes Mittel für einen Protest bezeichnet hatte, warnte Vize-Fraktionschef der Liberalen im Bundestag, Konstantin Kuhle, vor einer Ausweitung. "Aber wer heute Straßenblockaden von Klimaaktivisten gutheißt, muss morgen erklären, warum Impfgegner und Verschwörungsideologen nicht auch solche Blockaden durchführen dürfen", kommentierte er die Aussagen.

Im Berliner Abgeordnetenhaus ist die Meinung zu den Blockierern ebenfalls gespalten. CDU-Mann Franz Balzer sprach sich klar gegen die Aktionen aus, die Tausende Berlinerinnen und Berliner "in Geiselhaft" nehmen würden. Sie seien ein Missbrauch des liberalen Berliner Demonstrationsrechtes. In einer Rede nannte Balzer die Blockierer "Täter". Er sprach von "Rädelsführern", die "Gefährder" seien. Zudem forderte der CDU-Politiker "vorbeugende Maßnahmen" gegen weitere Straßenblockaden.

Die Berliner Grünen-Fraktion sprach sich hingegen gegen eine pauschale Kriminalisierung der Aktivisten aus. "Politischer Protest, sei er unkonventionell oder anstrengend, war und ist für mich selbstverständlicher Bestandteil einer gesunden Demokratie. Das muss und kann man aushalten", sagte der neue innenpolitische Sprecher Vasili Franco. "Es wäre eine Farce, wenn man nur dann demonstrieren dürfte, wenn es keinen stört oder es niemand mitbekommt."

Wie geht es weiter?

Was genau in den kommenden Tagen und Wochen passieren wird, ist unklar. Vieles hängt davon ab, ob die Forderungen der Aktivisten erfüllt werden. Eines ist jedoch klar – aufhören werden die Proteste so schnell nicht. Die Gruppe sei fest entschlossen, ihre Aktion bis zum Einlenken der Bundesregierung fortzuführen, so eine Sprecherin zu t-online.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit der Berliner Polizei
  • Gespräch mit Sprecherin von "Aufstand der letzten Generation"
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