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Corona-Hotspot Neukölln: "Was wir hier sehen, gibt es bald in ganz Berlin"


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Corona-Hotspot Neukölln
"Was wir hier sehen, gibt es bald in ganz Berlin"


11.01.2022Lesedauer: 3 Min.
Markt am Maybachufer in Berliner-Neukölln: In dem Stadtteil schießen die Corona-Inzidenzen derzeit in die Höhe.Vergrößern des Bildes
Markt am Maybachufer in Berliner-Neukölln: In dem Stadtteil schießen die Corona-Inzidenzen derzeit in die Höhe. (Quelle: Jürgen Held/imago-images-bilder)
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Die Lage ist ernst in Berlin. Die Omikron-Welle hat die Hauptstadt mit voller Wucht erfasst. Besonders ein Bezirk sticht heraus: Neukölln. Hier musste das Gesundheitsamt sogar vor der Kontaktverfolgung kapitulieren.

"Ich kann es mir einfach nicht erklären, warum die Zahlen hier so hoch sind", sagt Rachid. Dabei müsste er es eigentlich wissen, hat er doch den Finger am Puls von Neukölln. Der 41-Jährige arbeitet in einem Spätkauf an der Karl-Marx-Straße. "Es muss an Omikron liegen, das ist ja so ansteckend. Ich kenne eigentlich niemanden, der ungeimpft ist. Meine Familie ist groß und die sind alle geimpft. Meine Stammkunden auch. Außer zwei Deutsche. Die sind komplett dagegen, richtige 'Querdenker'", so der Späti-Mitarbeiter.

In dem Berliner Stadtteil Neukölln explodiert die Sieben-Tage-Inzidenz momentan geradezu. Auf 1.114,3 ist der Wert am Dienstag laut Robert Koch-Institut (RKI) schon gestiegen, der zweithöchste Wert in der gesamten Bundesrepublik.

Das hat vor allem zwei Gründe, erklärt Christian Berg, Pressesprecher des Bezirksamtes Neukölln. Zum einen seien das die engen Wohnverhältnisse in Neukölln. "Große Familien in kleinen Räumen", drückt es der 40-Jährige aus. "Bei sechs, sieben oder sogar acht Haushaltsmitgliedern in drei Räumen – da infiziert man sich einfach schneller. Isolieren ist nicht möglich."

"Außerdem arbeiten viele Neuköllner in Dienstleistungsberufen. Da ist kein Homeoffice möglich, sie haben viele Kontakte." Neukölln sei eben ein Bezirk mit günstigem Wohnraum, in dem viele einkommensschwache Familien leben. "Und ganz allgemein gilt: Menschen mit weniger Geld sind weniger vertraut mit Gesundheitsangeboten", so der Pressesprecher.

Impfungen in Berlin: Das Hauptproblem ist die Sprachbarriere

In dem bunten Bezirk spielt auch die kulturelle Komponente eine wichtige Rolle. Der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel (SPD), sprach sich gegenüber dem rbb für eine große berlinweite Corona-Impfkampagne in – wie er sagt – "migrantischen Communities" aus. Er teile die Einschätzung der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), dass man Menschen mit Migrationshintergrund in sozialen Brennpunkten besser erreichen müsse.

Die Behauptung, dass Menschen mit Migrationshintergrund seltener zum Impfen gegen das Coronavirus gehen, hatte Katarina Niewiedzial, Berlins Integrationsbeauftragte, zwar entkräftet. Es gebe keine Studie, die Menschen mit Migrationsgeschichte Impfskepsis zuweist, sagte sie dem rbb. Dennoch spielt Kultur und Migration bei der Bekämpfung des Coronavirus in Neukölln eine Rolle.

Kontaktnachverfolgung überlastet, Engpässe bei Schnelltests

Das Hauptproblem sei dabei die Sprachbarriere, so Christian Berg. "Wir haben schon ein interkulturelles Aufklärungsteam, das in 13 Sprachen übersetzen kann. Das muss allerdings noch ausgebaut werden." Wichtig sei vor allem die niederschwellige Aufklärung, so der Pressesprecher. "Sie werden am Ende des Tages nicht alle erreichen. Aber es lohnt sich, um zu möglichst vielen durchzukommen." Dennoch habe er keine Hinweise auf eine niedrigere Impfquote als in anderen Teilen der Stadt – auch wenn die Zahlen nur für ganz Berlin erfasst werden und nicht für einzelne Bezirke.

Auch die Kontaktnachverfolgung in Neukölln stoße laut Berg an ihre Grenzen. "Die Kontaktverfolgung für alle ist nicht mehr möglich." Das Gesundheitsamt müsse priorisieren. Verfolgt werden nur Kontakte in betreuten Wohnheimen, Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kitas. "Wir sind froh, wenn wir mit den Mails noch hinterherkommen." Der Bezirk setze vor allem auf die Eigenverantwortung der Bürger, so der Pressesprecher. Außerdem gebe es Engpässe bei Schnelltests für das Coronavirus, die Testkapazitäten in Neukölln müssten dringend ausgebaut werden, so Berg.

Dennoch ist die Situation in Neukölln trotz der wesentlich höheren Inzidenz nicht schlimmer als im Rest Berlins, wie Berg sagt. "Wir sind einfach nur früher dran. Neukölln ist nur der Vorbote. Was wir hier sehen, gibt es bald in ganz Berlin." Und das heißt vor allem eines: hohe Inzidenzen. Die Zahl der positiven Corona-Tests steige momentan rapide an. Binnen weniger Tage wird Neukölln die Marke der 2.000er-Inzidenz knacken, so Berg. "Da bin ich mir ganz sicher."

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Interview mit dem Pressesprecher der Neuköllner Bezirksamts
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