"Nicht akzeptabel" Bundeswahlleiter kritisiert Berlin-Wahl und denkt über Einspruch nach

Knapp drei Wochen nach der Bundestagswahl hat der Bundeswahlleiter das endgültige Ergebnis verkündet und dabei klare Kritik an den Organisatoren geübt: Er erwägt sogar, selbst Einspruch einzulegen.
Bundeswahlleiter Georg Thiel hatte den Anlass genutzt, um ein verheerendes Fazit zu ziehen. Thiel erwägt, Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl in einzelnen Wahlkreisen in Berlin einzulegen, wie er am Freitag ankündigte. Er werde das in den kommenden Tagen "weiter eingehend" prüfen. Er übte dabei deutliche Kritik an den Organisatoren.
Bei der Verkündung der endgültigen Wahlergebnisse gab es im Vergleich zum vorläufigen Ergebnis aus der Wahlnacht kaum Veränderungen. Wegen der Pannen in Berlin sind aber Nachwahlen in der Hauptstadt nicht ausgeschlossen.
Thiel: Organisatorische Mängel wären vermeidbar gewesen
Die Vorfälle seien überwiegend auf organisatorische Mängel zurückzuführen, die alle vermeidbar gewesen wären, so Thiel. "Das deutsche Wahlsystem stellt sich eine andere Qualität vor, als sie hier in Berlin am 26. September aufgetreten ist."
Geschlossene Wahllokale wegen fehlender Stimmzettel während der Wahlzeit, Wartezeiten von zwei oder sogar drei Stunden für Wählerinnen und Wähler seien "nicht akzeptabel und für eine Bundeshauptstadt und für ein deutsches Wahlsystem erst recht nicht", betont der Wahlleiter.
In Berlin wählten die Bürger am 26. September nicht nur den Bundestag, sondern auch das Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlungen. Dazu kam die Abstimmung über einen Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen. Parallel dazu fand der Berlin-Marathon mit vielen Straßensperrungen statt.
Bundeswahlleiter bringt Pannenserie zur Sprache
Vor Wahllokalen bildeten sich lange Schlangen, einige mussten wegen fehlender Stimmzettel zeitweise schließen. Mit dem Nachschub klappte es wegen der Straßensperrungen rund um den Marathon schlecht. Zudem lagen in einigen Lokalen falsche Stimmzettel aus.
Thiel zitierte entsprechende Vorfälle aus einem Bericht, den ihm die Landeswahlleitung Berlin übermittelt hatte. Er bemängelte auch, dass mancherorts zu wenige Wahlkabinen aufgestellt waren.
Die Probleme in Berlin und mögliche Konsequenzen kamen am Freitag bei der Präsentation des endgültigen Bundestagswahlergebnisses durch den Bundeswahlausschusses zur Sprache.
Pannenserie bei Berlin-Wahl 2021: Einfluss auf Bundestag noch unklar
Wie und ob sich die Zusammensetzung des Bundestages bei einer Nachwahl ändern würde, ist unklar. Prognosen, inwieweit sich Änderungen an der Sitzverteilung im Deutschen Bundestag im Fall einer Wahlwiederholung in Wahlkreisen in Berlin ergeben könnten, könne der Bundeswahlleiter nicht abgeben, hieß es von seinem Büro am Freitag auch Nachfrage.
Noch ist auch gar nicht klar, um welche Wahlkreise es bei einem möglichen Einspruch konkret gehen würde. Dazu sei noch keine abschließende Aussage möglich. Der Bundeswahlleiter wartet dazu noch auf weitere Erkenntnisse zu den Wahlpannen in Berlin.
- Nachrichtenagentur dpa