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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ungewöhnliches Impf-Angebot in Berlin Erst impfen, dann mampfen: "Einmal Döner mit alles bitte!"
Im Rahmen des kreativen Impfens macht Berlin nun besonders ungewöhnliche Impfangebote. Bei Kaplan Döner in Wedding gibt es für alle, die sich mit Moderna impfen lassen, einen Imbissgutschein.
Maria (32) ist mit ihrem zweijährigen Kind gekommen. Sie steht schon kurz nach Eröffnung des Impfzeltes um 13 Uhr an. Sie wohnt nur wenige Minuten entfernt, am Rathaus Wedding. Sie hatte letztes Jahr Corona, inzwischen ist sie genesen, deshalb hat sie sich Zeit gelassen. "Ich finde es sehr praktisch, dass ich auch noch einen Döner geschenkt bekomme und dass es direkt vor der Haustür passiert."
Auch ihr Kind und der Vater des Kindes hatten sich mit Corona infiziert. Maria konnte eine Zeit lang kaum etwas schmecken oder riechen. "Das hat mir echt Angst gemacht, aber nach zwei Wochen ging es zum Glück wieder."
Döner für Impfung: Andrang in Berlin nicht groß
Wirklich groß ist der Andrang nicht. Zeitweise stehen in den ersten 60 Minuten nach Öffnung des Impfzeltes mehr Pressevertreter auf dem Platz als Impflinge. Zu denen zählen auch Donghai Tina und Siqin Liu, zwei Medizinstudenten aus China, die erst seit wenigen Monaten in Berlin sind. Auch Robin (27), der ebenfalls um die Ecke wohnt, will sich heute den Piks abholen. Einen Hausarzt hat er nicht, auch die Angebote in den Impfzentren haben ihn nicht locken können. Den Döner nimmt er aber gerne, auch wenn er noch keinen Hunger hat. Einlösen muss er den Gutschein aber noch am selben Tag.
Auch eine Gruppe von drei jungen Leuten aus Leipzig steht in der Schlange. Sie sind gerade zu Besuch in Berlin. Die Idee mit dem Döner finden sie gut, besser aber würde ihnen ein dauerhaftes Drive-in-Angebot gefallen, um sich impfen zu lassen. Und am liebsten ohne jeglichen Papierkram. "Der nervt", sagt einer von ihnen.
Döner-Impfaktion kommt bei Anwohnern gut an
Auch Ingeborg Delling (92) und ihr Mann Johannes (88) haben sich zum Impfen angestellt. An dem Döner haben sie kein Interesse. "Wir wohnen in der Nähe und haben gesehen, dass hier Rummel ist. Und gedacht: Wir haben Zeit, dann machen wir das." Sie finden das Angebot sehr praktisch. Beim Arzt oder im Impfzentrum warten – das dauert ihnen zu lange.
Am Rand sitzen Michael (58) und Angelika (67) auf einer Bank. Sie haben Mittagspause und gönnen sich einen Kaffee und eine Zigarette. Die beiden sind schon seit Mai beziehungsweise Juni geimpft. Die Aktion hier in ihrem Kiez finden sie praktisch. Wenn sie nicht schon fertig geimpft wären, würden sie sich auch anstellen, ganz ohne die Aussicht auf einen Döner. "Dass aber viele Berliner immer noch mit dem Impfen warten, wo doch seit einigen Monaten der Impfstoff bereit steht, dafür habe ich wenig Verständnis", sagt Angelika.
Ärztin: Holen bei Bedarf Nachschub an Impfstoff
Gut finden sie das Angebot hier alle. Sarah Maaß ist für die koordinierende Leitung Impfen beim Arbeitersamariterbund Berlin (ASB) zuständig und rechnet mit 100 Impflingen, am Donnerstag und Freitag dann mit je 200. "Wir freuen uns über jeden Gast", sagt die Ärztin. Wenn das Interesse größer ausfallen sollte, könne man jederzeit Nachschub besorgen, sagte sie. "Der Impfstoff kann nicht ausgehen", sagt Maaß zu Beginn der Aktion, als es noch nicht regnet.
Sie hat auch schon die Impfaktion bei Ikea in Tempelhof betreut, am Dienstag war sie in der Markthalle Neun in Kreuzberg dabei. Sie freut sich auch schon auf die weiteren Aktionen bei Hertha BSC und beim Spiel der Eisbären Berlin am Sonntag. "Ich denke, mit diesen niedrigschwelligen Angeboten sollte nun wirklich jeder Zugang zu einer Impfung haben."
Döner-Inhaber ist gelassen: "Für uns ist es ein Routinetag"
Auch Remzi Kaplan, der nicht nur in Berlin ein halbes Dutzend Dönerladen betriebt, sondern seine Döner- und Fast-Food-Produkte längst weltweit vertreibt, glaubt an den Erfolg der Aktion. Die Idee, sagt er, hat er zusammen mit Senatorin Dilek Kalayci (SPD) entwickelt. Mehr Fleisch hat er an diesem Mittwoch aber nicht aufgefahren. "Für uns ist es ein Routinetag", sagt er gegenüber t-online.
Auch Gesundheitsstaatssekretär Martin Matz (SPD) ist gekommen, um sich ein Bild von dem Angebot zu machen. Er bedankt sich beim Unternehmer Kaplan für die Kooperation und erklärt im selben Atemzug: "Niemand lässt sich impfen, nur weil man etwas dazu bekommt."
Von einem großen Erfolg der Aktion kann man am ersten Tag nicht sprechen. Das dürfte auch am Wetterumschwung liegen: "Der Regen macht uns leider zu schaffen", sagt Dr. Maaß vom ASB gegenüber t-online. Bilanz um 16 Uhr: Etwa 50 Dosen wurden binnen drei Stunden verimpft.
- Eigene Recherche, Eindrücke und Gespräche vor Ort