Halle (Saale) Besserer Schutz für jüdische Einrichtungen
Der Anschlag auf die Synagoge in Halle im Oktober 2019 ist fast zwei Jahre her. Seitdem ist einiges getan worden, um jüdische Einrichtungen besser zu schützen. Zäune, Poller, Einlassschleusen oder Videoüberwachung mussten jüdische Gemeinden bis dahin häufig selbst finanzieren und kamen damit oft an ihre Grenzen. Inzwischen hat sich das Schutzniveau verbessert, aber nicht alle Probleme sind gelöst, wie aus der Analyse des Mediendienstes Integration hervorgeht, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Demnach fehlt es jüdischen Gemeinden zum Teil nach wie vor an Geld etwa für privates Wachpersonal. In einzelnen Bundesländern wurde der Umfrage zufolge außerdem erst ein Teil der Mittel ausgezahlt, die nach dem Anschlag zugesagt worden waren.
Die Dresdner Rechtsanwältin Kati Lang war Nebenklagevertreterin im Prozess gegen den Attentäter des antisemitischen Anschlags von Halle. Sie kritisierte, nach dem Anschlag habe sich zwar manches geändert, aber nicht konsequent genug. "Ich denke tatsächlich, es ist viel Luft nach oben", sagte Lang. Problematisch ist aus ihrer Sicht, dass die Bundesländer mit Blick auf den Schutz jüdischer Einrichtungen ganz unterschiedlich vorgingen.
"Es ist und bleibt ein Flickenteppich", sagte die Anwältin. "Es kann nicht sein, dass es kein bundeseinheitliches Maßnahmenkonzept, keine Abstimmung der Länder untereinander gibt." Während einige Länder finanziell und personell weitreichende Maßnahmen ergriffen hätten, schienen sich andere ihrer Verantwortung weniger bewusst zu sein. "Insbesondere, wenn man sich den Etat in Sachsen-Anhalt anschaut, ist man angesichts des Anschlags von Halle und des Sicherheitszustands der dortigen Synagoge doch mehr als verwundert."
Rebecca Seidler, Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover und Antisemitismusbeauftragte des Landesverbands der Israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen, wies darauf hin, es gebe nun zwar Sicherheitskonzepte, die klar sagten, welche Schutzmaßnahmen theoretisch notwendig wären - die sich aber nicht bezahlen ließen. Ihr Landesverband habe vom Land 440.000 Euro erhalten. Doch um die von den Sicherheitsbehörden erstellten Konzepte umzusetzen, seien mindestens 1,5 Millionen Euro nötig. "Wie das also funktionieren soll, kann mir leider keiner sagen."
Seidler betonte, die Bedrohung sei längst alltäglich: "Kein jüdischer Feiertag, keine jüdische Veranstaltung findet in meinen Gemeinden ohne Polizeischutz und interne Sicherheitsmaßnahmen statt", sagte sie. "Wir haben uns daran gewöhnen müssen. Doch Jüdinnen und Juden können somit nicht unbeschwert frei und offen jüdisch leben."
Auch Claudia Vanoni, Oberstaatsanwältin und Antisemitismusbeauftragte der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, wies auf den verbreiteten Antisemitismus in Deutschland hin. Im Internet werde ganz offen gegen Juden gehetzt. "Sie werden beleidigt, der Holocaust wird geleugnet", sagte Vanoni am Donnerstag. "Diese Taten finden aber auch auf offener Straße statt, vor unseren Augen. Hauswände werden mit judenfeindlichen Parolen beschmiert, jüdische Friedhöfe werden geschändet. Und Juden werden angefeindet, beschimpft, bespuckt und körperlich angegriffen."
Der Mediendienst Integration ist eine Informationsplattform für Journalisten rund um die Themen Migration, Integration und Asyl in Deutschland. Er hat für die Umfrage unter anderem bundesweit recherchiert, wie viele Gelder für den Schutz jüdischer Einrichtungen zugesagt und wie viele ausgezahlt wurden und ob auch Kosten für private Sicherheitsdienste übernommen werden.
Am 9. Oktober 2019 hatte ein rechtsterroristischer Attentäter versucht, in die Synagoge in Halle an der Saale einzudringen und die dort betenden Juden und Jüdinnen zu töten. Als das misslang, erschoss er eine Passantin. Im Anschluss tötete er in einem nahen Döner-Imbiss einen alten Mann und verletzte auf seiner Flucht weitere Menschen. Im Dezember 2020 wurde der rechtsextreme Attentäter zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.