Wegen Corona-Lage Alkoholverbot soll wildes Feiern in Berlin ausbremsen
Spätis, Bars und Restaurants in Berlin könnten betroffen sein: Wegen der steigenden Infektionszahlen drängt die Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci auf ein Alkoholverbot. Was fordert sie?
Angesichts eines rasanten Anstiegs der Corona- Infektionszahlen fordert Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci für die Hauptstadt ein Ausschank- und Verkaufsverbot für Alkohol von 23 bis 6 Uhr. Dieses müsse für Restaurants, Bars, Clubs und Spätverkaufsstellen (Spätis) gelten, sagte die SPD-Politikerin am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.
Gleichzeitig erneuerte sie ihre schon vor einigen Tagen vorgebrachte Forderung nach weitergehenden Kontaktbeschränkungen. Nach den Vorstellungen der Senatorin sollten die Begegnungsmöglichkeiten auf zwei Haushalte oder fünf Personen begrenzt werden, um die weitere Ausbreitung der Pandemie zu bremsen.
"Der Zeitfaktor ist jetzt wichtig", mahnte Kalayci. "Wir haben schon zu Beginn der Pandemie im Frühjahr gesehen, dass wir in einer Stadt wie Berlin frühzeitig handeln müssen." Um Schlimmeres zu verhindern, sei auch jetzt wieder der Zeitpunkt für rasches Handeln. "Wir haben nicht die Zeit zu sagen, wir gucken mal. Die Uhr tickt."
Kritik am Vorstoß
Unterschiedliche Beschränkungen des Alkoholverkaufs gibt es schon in einigen anderen Städten wie München. In Berlin wurde auch immer mal wieder darüber diskutiert. Im rot-rot-grünen Senat sind aber Linke und Grüne gegen immer neue, allzu weitreichende Beschränkungen.
Kritik an Kalaycis Vorstoß kam von der FDP-Fraktion. Da Polizei und Ordnungsamt das Einhalten der Hygiene- oder Abstandsregelungen nicht flächendeckend kontrollierten, helfe auch kein Alkoholverbot, erklärte ihr gesundheitspolitischer Sprecher Florian Kluckert. Zudem würde ein solches Verbot aus seiner Sicht Gastronomen bestrafen, die sich verantwortungsbewusst und rechtskonform verhalten.
"Der Berliner Senat muss endlich die Einhaltung der Regeln durchsetzen", forderte Kluckert. Die steigenden Fallzahlen seien kein Wunder: "Wilde Partys, überfüllte Bars, nicht geführte Kontaktlisten in Restaurants – das alles fördert die Ausbreitung von Corona."
Zuletzt breitete sich das neuartige Coronavirus in Berlin nach offiziellen Zahlen stark aus. Am Freitag wurden 339 Neuinfektionen registriert – der höchste Zuwachs seit Beginn der Pandemie im Frühjahr. Zwar wurden damals weniger Menschen getestet, so dass der Anstieg zumindest teilweise auf vermehrte Tests zurückzuführen sein kann. Aber: Nach den Worten Kalaycis ist der Anteil der positiven Befunde, etwa 2 von 100, heute deutlich höher als damals.
Die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen lag zuletzt bei 34,5 und damit über der Grenze von 30, ab der bei Politik und Behörden die Alarmglocken klingen. In fünf von zwölf Bezirken liegt der Wert über 40. Spitzenreiter ist Mitte (Freitag: 59,6), auch in Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln lag der Wert über 50. Und: In der Altersgruppe 20 bis 29 beträgt diese sogenannte Inzidenz 66. Laut Robert Koch-Institut gehören fünf Berliner Bezirke bundesweit zu den 15 größten Corona-Hotspots. Das RKI weist neben Städten und Landkreisen die Berliner Bezirke einzeln aus.
"Das alles macht mir sehr große Sorgen", sagte Kalayci. Als Infektionsherde sehen die Behörden nicht zuletzt illegale Partys und private Feiern mit viel Alkohol. So steckten sich bei einer Feier mit Hunderten Gästen im Bezirk Tempelhof-Schöneberg nach Angaben der Gesundheitsverwaltung gut 30 Menschen mit dem Coronavirus an. Die Feier fand bereits am 21. September statt, wurde aber erst jetzt bekannt. Da sie inzwischen fast 14 Tage zurückliegt, ist die Quarantänezeit fast abgelaufen. "Alkohol wirkt enthemmend, und beim Beisammensein werden Abstandsregeln nicht eingehalten", sagte Kalayci. Deshalb sei es wichtig, hier stärker anzusetzen.
- Nachrichtenagentur dpa