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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Fan-Event im Theater des Westens Gedenken an AnNa R.: "Ihre Stimme wird nie zu ersetzen sein"

Tränen, Musik und alte Fanclub-Pässe: Generationen von Rosenstolz-Fans treffen sich in Berlin, um von der verstorbenen Sängerin AnNa R. Abschied zu nehmen. Eine Sache verbindet sie ganz besonders.
Der Tod der Rosenstolz-Sängerin AnNa R. liegt nun gut einen Monat zurück, und noch immer ist die Trauer unter den Fans groß. Nach wie vor legen sie Blumen vor dem Theater des Westens in Berlin nieder, Kerzen, Briefe und Stofftiere. Hier läuft das Musical "Romeo & Julia" mit "Liebe ist alles", einem der bekanntesten und erfolgreichsten Lieder von Rosenstolz. Die einstigen Kollegen von Anna R., Peter Plate und Ulf Leo Sommer, sind dort seit vergangenem Jahr Intendanten.
Ein Fanclub hatte für Karsamstag ein Treffen im Theater organisiert, mit Einladung zur Abendvorstellung von "Romeo und Julia". Roberto Monden, einst Manager von Rosenstolz, sprach vorab von "sensationell vielen Rückmeldungen". 400 Tickets wurden verlost.
Viele Fans für den Abschied von AnNa R. extra angereist
Am Samstagnachmittag findet sich im Hof des Theaters eine große Menschenmenge ein: 400 Fans sind gekommen, um sich auszutauschen und Abschied von AnNa R. zu nehmen. Unter ihnen sind etliche Berliner, viele reisten für dieses Event aber auch extra an: aus Bremerhaven, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen oder Sachsen.
Vor dem Bühneneingang harren sie geduldig aus. Jemand spielt Rosenstolz-Songs über sein Handy, einige der Anwesenden singen verhalten mit. Die Stimmung ist andächtig.
Eine Lieblingskünstlerin fürs Leben
Die meisten, die heute eingeladen sind, "Romeo und Julia" zu sehen, kennen die Show bereits. Auch die anderen Musicals von Plate und Sommer haben die meisten mindestens einmal gesehen. Viele legen heute auch nicht zum ersten Mal Blumen am Gedenkort vor dem Theater nieder. Marvin und sein Mann Dirk waren schon hier, gleich nachdem sie von AnNa R.s Tod erfahren hatten.
AnNa R. sei seine Lieblingskünstlerin gewesen, die ihn "gefühlt das ganze Leben" hindurch begleitet habe, sagt Dirk. "Wenn die dann auf einmal nicht mehr da ist, finde ich es unglaublich wichtig, auch Abschied zu nehmen."
- Lesen Sie hier: Was wird aus dem Hund von AnNa R.?
Das ist auch den Berlinerinnen Manja und Sandra ein Anliegen. Die Musik von Rosenstolz versetze sie zurück in ihre Jugend, sagt Sandra. "Das macht mich glücklich. Deswegen wollte ich unbedingt hier dabei sein."
Manja hatte bis zuletzt gehofft, dass es irgendwann noch einmal neue Musik und Konzerte von Rosenstolz geben würde. "Das wäre schon toll gewesen, aber es ist leider nicht dazu gekommen." Auf Facebook las sie Mitte März die Nachricht, dass AnNa R. gestorben ist. "Da war ich doch bedrückt. Es ist wirklich traurig".
Fans schwärmen von der Rosenstolz-Gemeinschaft
Wie alle hier im Hof haben auch Christiane und Heiko bei der Verlosung Tickets gewonnen und dürfen gleich ins Theater, ihr Idol Peter Plate treffen. Die beiden sind schon ihr halbes Leben Mitglieder im Fanclub. Heiko, der aus der Nähe von Freiberg in Sachsen kommt, ist 1993 eingetreten. Stolz zeigt er seinen Pass der 15-Jahr-Feier des Fanclubs vor, das war 2008.
Durch den Fanclub kennt er auch Christiane und zwei weitere Begleiter. "Wir sind immer noch vernetzt. Da sind viele Freundschaften entstanden", sagt Heiko.
Der Sachse schwärmt von AnNa R: "Ihre Stimme wird nie zu ersetzen sein. Die wunderbaren Texte, die einen in allen Lebenslagen begleitet haben, positiv wie negativ. Die schöne Musik – und einfach diese große Rosenstolz-Familie".
Rosenstolz-Fan Christiane aus Brandenburg erklärt, was diese Gemeinschaft ausmacht: Sie sei "ganz doll bunt und sehr liebenswert". Alle hätten "diese große Obsession, nämlich die Lieder von Rosenstolz", sagt sie. "Dazu kommt diese Vielfalt. Es ist und war ja von Anfang an eine sehr queere Community."
Rosenstolz-Leidenschaft breitet sich in der Familie aus
Was auffällt: Oft breitet sich die Rosenstolz-Leidenschaft in der ganzen Familie aus. So wie bei den Schwestern Stephanie und Yvonne, die extra aus Bremerhaven angereist sind. Irgendwann Anfang der 2000er Jahre habe "die eine die andere infiziert", erzählen sie.
Die Zwillinge Karolin und Maria aus Görlitz beziehungsweise Lindau sind durch ihre Eltern auf den Geschmack gekommen. Diese besuchten die ersten Rosenstolz-Konzerte in den 90er Jahren in Dresden. Irgendwann gingen die Töchter mit. Die Songs hören sie heute noch gerne.
Die Musik stehe für sie für "Zusammenhalt, Familie und lange Busfahrten in den Urlaub, auf denen wir die Songs gehört haben". Karolin ließ sich sogar bei der Namensgebung ihrer Töchter von der Band inspirieren. Ihre ältere Tochter heißt Anna, die zweite ist nach einem Rosenstolz-Song benannt: Greta.
"Ach Gott, was hörst du denn da?"
Christel aus Rathenow ist in Begleitung von drei jungen Frauen gekommen, zwei davon sind ihre Töchter. Die Mutter hat "Romeo & Julia" letztes Jahr bereits viermal gesehen und ist schon sehr lange Fan der Musik von Plate und Sommer. Sie hat ihre Kinder einst mit ihrer Liebe zu Rosenstolz angesteckt.
Die Musik von Rosenstolz habe sie von klein auf begleitet, erzählt Christels Tochter Jenny. "Sämtliche Situationen in meiner Jugend, in meinem Leben: Verlieben, Herzschmerz und so weiter" seien mit ihr verbunden. Die Musik gebe ihr "ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit."
Dabei wehrte sie sich anfangs noch gegen die Lieblingsmusik ihrer Mutter. "Zuerst hab ich gesagt: 'Ach Gott, was hörst du denn da?'", erinnert sich Jenny. "Und dann habe ich irgendwann heimlich in meinem Zimmer selber die Songs mitgesungen."
Gegen 17.45 Uhr hat das Warten ein Ende. Die Fans werden eingelassen. Medien sind im Theater heute ausdrücklich nicht erwünscht und auch die Fans werden angehalten: Wenn Peter Plate sie gleich begrüßen wird, möge man bitte keine Handy-Videos von seiner Ansprache machen. Es soll ein familiärer Moment werden. Für AnNa R.
- eigene Recherche