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Berlin: FU-Doktorand Mahmud Azhar starb nach rassistischem Angriff


Rassistische Gewalt in Berlin
"Das Leben des Opfers war was wert": Der Fall Mahmud Azhar


06.03.2025 - 11:08 UhrLesedauer: 3 Min.
StudA/1011987Vergrößern des Bildes
Mahmud Azhar, ein Bild aus seiner Studentenakte: Der 40-Jährige starb 1990 infolge eines mutmaßlich rassistischen Angriffs. (Quelle: Fotograf unbekannt / FU Berlin, UA, StudA, 1011987 Mahmud Azhar)
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Am 6. März 1990 starb Mahmud Azhar an den Folgen eines mutmaßlich rassistischen Angriffs in Berlin. Bis heute ist der Fall nicht als solcher anerkannt.

Es ist Sonntagabend, 7. Januar 1990. Mahmud Azhar ist der Letzte, der das Institut für Biochemie an der Freien Universität in Berlin-Lichterfelde verlässt. Vor dem Gebäude trifft er einen Mann, der ihn erst rassistisch beleidigt und dann mit dem Tod bedroht. "Deutschland für Deutsche" soll er gerufen haben, dann den Ausweis von Azhar verlangt. Als der 40-Jährige zurück ins Gebäude flüchtet, verfolgt der Mann ihn und schlägt ihn zu Boden. Azhar verletzt sich am Knie.

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Dann nimmt der Angreifer das Rohr eines Feuerlöschers und schlägt auf den Kopf des Doktoranden ein. Wenig später findet ein Taxifahrer den Schwerverletzten, Rettungskräfte bringen ihn in ein Krankenhaus. Dort stirbt er zwei Monate später, am 6. März 1990, an den Folgen seiner Verletzungen. Mahmud Azhar stammte aus Pakistan und kam nach Berlin, um zu promovieren. Im Mai 1990 wäre er fertig geworden.

"Damit hat keiner gerechnet"

Dieter Kierzynowski vertrat die Eltern Azhars im Prozess gegen den Angreifer. Er erinnert sich noch an die Reaktionen nach dem Tod: "Es war der erste rassistische Übergriff auf einem Uni-Gelände in West-Berlin", sagt er im Gespräch mit t-online. Die Attacke hatte für Unsicherheit gesorgt, vor allem bei Studenten aus dem Ausland. Vor dem Übergriff hätten sie sich an den Universitäten immer sicher gefühlt. Der Tod Azhars löste Proteste aus, das "Aktionskomitee Mahmud Azhar" wurde gegründet.

Kierzynowski besuchte Azhar wenige Tage vor seinem Tod im Krankenhaus. Die Verletzungen seien zunächst nicht lebensbedrohlich gewesen. Doch weil der 40-Jährige bei dem Angriff am Knie verletzt wurde, bildete sich dort ein Gerinnsel und verursachte eine Lungenembolie, an der er später verstarb.

Täter zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt

Das offenbar rassistische Tatmotiv wird von offiziellen Stellen bis heute nicht anerkannt. Das liegt laut Kierzynowski auch an dem Urteil, das damals gefällt wurde. Nach zwei Prozesstagen folgte das Gericht im Dezember 1990 der Argumentation der Staatsanwaltschaft, wonach der Angreifer den Tod Mahmud Azhars nicht hätte absehen können. Er wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt.

"Das finde ich einfach nicht angemessen", sagt Kierzynowski auch heute. In einem Urteil solle "die Gesellschaft versöhnt" werden. Dass die Strafe auf Bewährung ausgesetzt wurde, werde dem nicht gerecht. Es hätte zeigen müssen: "Das Leben des Opfers war was wert", so der Anwalt weiter. "Und wenn sie nur gesagt hätten, sechs oder acht Monate ohne Bewährung." Damit war er damals nicht alleine. Nach der Urteilsverkündung habe es Unmut im Prozesssaal gegeben, der Täter verließ das Gebäude durch den Hinterausgang.

Der Kampf um Anerkennung des Falls

Immer wieder hätten Menschen versucht, Azhars Fall in die Liste der rassistischen Angriffe aufnehmen zu lassen, die die Bundesregierung führt. Auch Kierzynowski bemühte sich darum. Doch da das Motiv nicht im Gerichtsurteil benannt wurde, scheiterte das Vorhaben. Die Amadeu Antonio Stiftung, eine Organisation, die sich gegen Rassismus engagiert, listet Azhar jedoch unter den Todesopfern rechter Gewalt.

Der Fall beschäftigt weiterhin Studenten, vor allem an der Freien Universität. Am Donnerstag, dem 35. Todestag von Mahmud Azhar, hat eine AG daher eine Veranstaltung vor der Gedenktafel geplant. 1992 wurde die Tafel am Tatort befestigt. "Um die Erinnerung wachzuhalten", steht sie seit einigen Jahren am neuen Standort des Instituts für Biochemie.

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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