Sommer ohne Mega-Konzerte Warum Berlin auf die großen Stars verzichten muss
Wer in Berlin lebt, muss nicht weit fahren, um Konzerte zu besuchen. Sie finden meist vor der Haustür statt. Doch große Stars machten zuletzt einen Bogen um die Hauptstadt. Woran das liegt.
Beyoncé gastierte im Juni 2023 in Frankfurt, Taylor Swift brachte dieses Jahr Gelsenkirchen, Hamburg und München zum Beben, Adele gibt im August 2024 zehn Konzerte in München, AC/DC kommt in sieben deutsche Städte. Konzerte in der Hauptstadt? Fehlanzeige. Es scheint, als hätten die großen Stars keine Lust auf Berlin.
Doch die Sache ist komplizierter. Konzerte in der Größenordnung internationaler Superstars sind in Berlin keine Frage des Wollens, sondern des Könnens. Künstler wie Taylor Swift sorgen in der Regel für ausverkaufte Konzerthallen. Bis zu 75.000 Plätze braucht sie. Das schafft in Berlin nur das Olympiastadion im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Es bietet derzeit 74.475 Sitzplätze.
Doch freie Termine sind dort rar – vor allem in der begehrten Open-Air-Saison. "Wir hatten all unseren Konzertveranstaltern mitgeteilt, dass in diesem Sommer keine Konzerte im Olympiastadion Berlin stattfinden können", teilte ein Sprecher des Olympiastadions t-online auf Anfrage mit. Grund dafür war die Ausrichtung der Fußball-Europameisterschaft. Nach der EM beginnt die neue Saison der Fußball-Bundesliga. Erst im September können in diesem Jahr nicht nur Fußballspiele, sondern auch wieder Konzerte stattfinden. Vom 7. bis 8. September findet auf dem Gelände des Olympiastadions das Lollapalooza-Festival statt.
"Berlin fehlt eine Alternative zum Olympiastadion"
Außerdem müssen Organisatoren das Olympiastadion mit der in unmittelbarer Nähe gelegenen Waldbühne koordinieren, auf der ebenfalls regelmäßig Konzerte stattfinden. Die Freilichtbühne bietet jedoch nur Platz für ca. 22.000 Zuschauer. Das Olympiastadion sei wegen der Lärmproblematik unbespielbar, solange nebenan ein anderes Konzert stattfinde, erklärt die Musikjournalistin Anja Caspary im rbb. "Berlin fehlt schlichtweg eine Alternative zum Olympiastadion", so Caspary.
Platz für viele Menschen gibt es in Berlin auf dem 300 Hektar großen Tempelhofer Feld. Doch Konzerte finden dort nur selten statt. Als dauerhafter Konzertort ist der Platz, auf dem die Menschen eigentlich picknicken, gärtnern, Rad fahren oder sich erholen, nicht gedacht. Das sei auch wegen der Flüchtlingsunterkunft in unmittelbarer Nähe problematisch, sagt Caspary.
"Berlin hat zu wenig Platz, zu wenig Geld, zu wenig Kapazitäten", resümiert Anja Caspary – oder fehlt es der Stadt auch an Engagement? In München wurde für die zehn Adele-Konzerte eigens eine Pop-Up-Arena gebaut. "Die Konzerte sind für die Stadt ein ökonomischer und kultureller Glücksfall", sagte Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner auf einer Pressekonferenz. Erfahren Sie hier mehr zu dem Mega-Projekt in München.
Diese Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bei Großveranstaltungen fehle Berlin, so Caspary. Auf Flächen außerhalb der Innenstadt, wie zum Beispiel der Galopprennbahn Hoppegarten, gelten noch strengere Lärm- und Naturschutzauflagen, welche es erschweren, Großkonzerte zu spielen. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, könnte Berlin erwägen, multifunktionale Veranstaltungsorte zu schaffen, an denen Großveranstaltungen unterschiedlicher Art stattfinden können.
- rbb24.de: "Warum die großen Popstars Berlin meiden"
- Schriftliche Antwort von Thomas Margraf, Unternehmenskommunikation und Marketing, Olympiastadion Berlin GmbH