Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Klimaaktivisten beenden Hungerstreik "Ja, es ist eine Niederlage"
Am Donnerstag haben die Klimaaktivisten der Kampagne "Hungern bis ihr ehrlich seid" ihren Hungerstreik beendet. Einer von ihnen hatte fast genau drei Monate lang keine feste Nahrung zu sich genommen.
Woche für Woche ist das Gesicht von Wolfgang Metzeler-Kick hagerer und hagerer geworden. Der 49-Jährige sagt, er fühle sich nach dem Ende des Hungerstreiks geschwächt. t-online hat mit Metzeler-Kick gesprochen. Ein Gespräch über seine körperliche Verfassung, Bundeskanzler Olaf Scholz und den Heißhunger auf Schokolade.
t-online: Herr Metzeler-Kick, wie ist Ihr körperlicher Zustand aktuell?
Wolfgang Metzeler-Kick: Die Verdauung ist extrem anstrengend. Und ich benötige relativ viel Magnesium, um keine Krämpfe zu bekommen. Ich hänge in den Seilen. Auch jetzt liege ich gerade wieder. Ich muss jetzt erst mal wieder auf die Beine kommen.
Haben Sie schon wieder feste Nahrung zu sich genommen?
Nachdem wir in der vergangenen Woche die Pause unseres Hungerstreiks angekündigt hatten, habe ich ein viertel Croissant gegessen.
Wie schmeckt ein Croissant nach einem so langen Hungerstreik?
Unglaublich lecker. Aber ich muss jetzt unglaublich aufpassen, nicht zu viel zu essen – gerade Dinge mit vielen Kohlenhydraten oder Schokolade. Das wäre brandgefährlich, denn in den ersten vier Tagen des sogenannten Refeeding-Prozesses kann man sterben. Man darf die Elektrolyt-Verschiebung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Gerade bei Süßigkeiten habe ich kein Sättigungsgefühl, stattdessen habe ich Heißhunger.
Wie hat Ihr Körper auf das Essen reagiert?
Das Croissant ging noch ganz gut. Man muss einfach zusehen, pro Kilogramm Körpergewicht nur 15 Kalorien zu sich zu nehmen. Und man muss gut kauen.
Wie geht es jetzt weiter?
Wenn mein Körpergewicht zunimmt, kann ich auch mehr essen. Es bleibt bei den 15 Kalorien pro Kilogramm Körpergewicht. Das wird etwa doppelt so lang dauern wie der Hungerstreik.
Auch das schärfste Schwert des friedlichen zivilen Ungehorsams ist nicht in der Lage gewesen, den notwendigen politischen Willen zu generieren.
Wolfgang Metzeler-Kick
Inwiefern bedeutet die Beendigung des Hungerstreiks eine Niederlage für Sie?
Ich bin der Meinung, dass es die technischen Möglichkeiten gibt, die Menschheit vor dem Aussterben zu bewahren. Aber ich sehe den politischen Willen nicht. Man muss wohl feststellen: Auch das schärfste Schwert des friedlichen zivilen Ungehorsams ist nicht in der Lage gewesen, den notwendigen politischen Willen zu generieren. Was heißt das dann für mich? Ja, es ist eine Niederlage. Und ja, wir müssen wohl zur Kenntnis nehmen, dass die Menschheit eher ausstirbt, bevor sie wissenschaftlichen Tatsachen ins Auge blickt.
Inwiefern sind Sie sauer auf Bundeskanzler Olaf Scholz?
Hungerstreik funktioniert so, dass es zu einer Resonanz in der Öffentlichkeit kommt. Und diese Resonanz führt dann zu dem notwendigen Druck auf die Politik. Ich bin maximal sauer auf die Presse und die Gesellschaft. Ich bin maximal sauer darauf, dass wir zu blöd sind, nicht auszusterben. Das ist eine Enttäuschung. Von Olaf Scholz habe ich keine menschliche Reaktion auf unseren Protest erwartet.
Aber es ist doch die Politik, die im Großen und Ganzen Veränderungen beim Klimaschutz herbeiführen kann.
Für einen Hungerstreik benötigt man doch mindestens einen Menschen, der bereit ist, bis zum Tod zu gehen. Man benötigt eine Regierung, die nicht Putin oder Nordkorea ist. Und diese Regierung muss sich einem öffentlichen Druck ausgesetzt sehen. Diese Resonanz in der Öffentlichkeit kam nicht im notwendigen Ausmaß zustande. Ich selbst kann mir keinen Vorwurf machen, denn ich habe alles getan, was ich hätte machen können. Aber die Gesellschaft war nicht bereit, die Fakten an sich heranzulassen.
Wie hat Ihre Familie auf das Ende Ihres Hungerstreiks reagiert?
Es macht keinen Sinn mehr, auf die Rente zu sparen. Ich bin jetzt 49 Jahre alt. In 10 bis 15 Jahren ist es nach jetzigem Stand viel zu heiß, als dass wir uns noch ein Rentensystem leisten könnten. Jedem Menschen, der 50 Jahre und jünger ist, kann ich nur empfehlen: Macht, was euch Spaß macht. Aber spart nicht auf die Rente.
Aber was hat Ihre Familie gesagt? Sie haben einen Sohn.
Ich freue mich, wenn ich mit ihm mal ein Eis essen gehen kann.
Herr Metzeler-Kick, vielen Dank für das Gespräch.
- Telefonat mit Wolfgang Metzeler-Kick