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Berlin: HU-Präsidentin muss von Wegner gerettet werden – ein Armutszeugnis


Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

HU-Präsidentin in der Kritik
Eine Schande für Berlin


24.05.2024Lesedauer: 1 Min.
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Prof. Dr. Julia von Blumenthal am Telefon: Die HU-Präsidentin setzte auf einen Dialog mit den Besetzern. (Quelle: Maurizio Gambarini/imago)

Julia von Blumenthal, Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin, wird kritisiert, weil sie die Besetzung durch pro-palästinensische Aktivisten duldete. Ist die Kritik berechtigt?

Am Mittwoch hatten pro-palästinensische Studierende ein Institut der Berliner Humboldt-Universität besetzt. Die Präsidentin Julia von Blumenthal duldete den Protest zunächst. Am Donnerstagabend räumte die Polizei dann das Gebäude. Das sei "von oben" festgelegt worden, sagt von Blumenthal – offenbar hatte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) die Räumung veranlasst.

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Die Hochschule sei zu diesem Zeitpunkt mit den Besetzern noch im Dialog gewesen, sagte von Blumenthal. "Aus unserer Sicht hätten wir noch etwas Zeit gebraucht, um zu sehen, ob wir diesen Dialog zu einem Ergebnis führen können oder nicht." Die Proteste in dem Institut richteten sich gegen das israelische Vorgehen im Gazastreifen, teilweise aber auch gegen den israelischen Staat insgesamt.

Für ihren Umgang mit der Besetzung wurde von Blumenthal teils heftig kritisiert. Universitäten seien "keine rechtsfreien Räume für Antisemiten und Terrorsympathisanten", erklärte Wegner. Geraldine Rauch, Präsidentin der Technischen Universität Berlin (TU), sprang ihrer Kollegin hingegen bei. Sie kritisierte Wegners Vorgehen am Freitag im "Tagesspiegel" als "äußerst befremdlich". Das führt zu der Frage:

Ist die Kritik an HU-Präsidentin von Blumenthal berechtigt?

Pro
Autorenprofil Pascal Biedenweg
Pascal BiedenwegRessortleiter Regionalredaktion Berlin

Das war ein beschämender Auftritt

Julia von Blumenthal musste als Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin in den vergangenen Stunden sehr viel Kritik ertragen. Aus der Politik. Aus der Presse. Aber auch aus der eigenen Studentenschaft. Zu Recht.

Erst viel zu spät war eine Zwangsräumung veranlasst worden. Das Problem: Die Anweisung kam nicht von der Präsidentin. Die hätte gerne noch weiter den Dialog mit den Besetzern geführt. Die Anweisung kam von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner höchstselbst. Es war die einzig richtige Entscheidung.

Von Blumenthal musste daraufhin den Medien ihre Beweggründe erläutern. Sich in einem Moment des eigenen Scheiterns öffentlich vor die Presse zu stellen, dafür gebührt ihr Respekt. Das ist hart. Ihr dabei zuzuhören, wie sie sich in einer Worthülse nach der anderen verlor, war aber noch viel härter.

Auch wenn sie viele politische Forderungen der Besetzer nicht teile, auch wenn sie die Sachbeschädigung im Gebäude verurteile, sagte von Blumenthal in Richtung der Besetzer: "Mir ist es wichtig, Ihnen zu zeigen, dass ich auch Ihre Präsidentin bin." Ein Armutszeugnis.

Nein, Frau von Blumenthal, Sie dürfen nicht die Präsidentin von Israel-Hassern sein. Solidarität mit dem palästinensischen Volk ist nicht verwerflich. Kritik an der Politik der israelischen Regierung nicht automatisch antisemitisch. Aber wenn Studierende Intifada skandieren, also zu Gewalt gegen Israel aufrufen, zudem Universitätseigentum beschädigen, geht das über legitime Kritik hinaus. Das ist Israelhass und Sachbeschädigung.

Von Blumenthal hingegen möchte nun keine Strafanträge wegen Hausfriedensbruch stellen. Man habe diese Besetzung schließlich geduldet. Die Duldung von Israel-Hassern in einem geschichtsträchtigen Universitätsgebäude der deutschen Hauptstadt? Das ist eine Schande für Berlin.

Eine Präsidentin, die über 24 Stunden lang die Besetzung des eigenen Universitätsgebäudes duldete, die hinnahm, dass in diesem Gebäude anti-israelische und antisemitische Parolen gerufen und geschmiert wurden, und die anschließend auch noch die Besetzer verteidigt, muss zurücktreten.

Kontra
Tobias SchibillaRedakteur Politik & Wirtschaft

So handelt eine gute Präsidentin

Das wird für einige Menschen sicher schwer zu verdauen sein, aber Julia von Blumenthal hat genau richtig gehandelt. Ihr Statement vor den Pressevertreterinnen und -vertretern am Donnerstagabend war genau abgewogen. Die Präsidentin der Humboldt-Universität hat sich klar gegen die Nutzung von Symbolen der Hamas und gegen Gewalt gestellt.

Sie hat allerdings nicht dem Druck der Presse und der Politik nachgegeben. Manche hätten es wahrscheinlich gerne gesehen, wie die Präsidentin der Humboldt-Universität den legitimen Protest gegen das zehntausendfache Sterben im Gazastreifen als unzulässig erklärt und die Polizei anweist, die besetzenden Studierenden mit Gewalt aus dem Gebäude zu zerren.

Genau das hat von Blumenthal nicht getan. Sie hat nicht über den Vandalismus in der Uni spekuliert, ohne die Räumlichkeiten überhaupt gesehen zu haben. Sie hat keinen Einsatz der Polizei in den Räumlichkeiten der Universität zugelassen. Und sie hat trotz ihrer ablehnenden Haltung gegenüber den Besetzerinnen und Besetzern den Dialog mit ihnen in den Vordergrund gestellt.

Kurzum: Sie hat sich für die Studierenden an ihrer Universität eingesetzt und nicht der Hetze gegen den legitimen Protest in den Räumlichkeiten der Universität nachgegeben.

Falls es im Zuge der Besetzung zu Straftaten wie Sachbeschädigungen gekommen sein sollte, steht Blumenthal einer Aufklärung der Fälle nicht im Wege – das hat sie selbst gesagt. Zunächst aber tut sie das, was eine gute Universitätspräsidentin tun sollte: Sie stellt sich schützend vor ihre Studierenden. Damit beschützt sie nicht nur diese, sondern auch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Demonstrationsfreiheit. Und dafür sollte man sie nicht feuern, sondern in Ehren halten.

 
 
 
 
 
 
 

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Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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