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Hungerstreik in Berlin: Klimaaktivist spricht über möglichen Tod


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Klimaaktivist im Hungerstreik
"Möglich, dass Kanzler Scholz mich sterben lässt"


18.04.2024Lesedauer: 3 Min.
Klimaaktivist Wolfgang Metzeler-Kick: "Der Druck ist noch nicht groß genug. Sobald es lebensbedrohlich wird, wird sich das ändern."Vergrößern des Bildes
Klimaaktivist Wolfgang Metzeler-Kick: "Der Druck ist noch nicht groß genug. Sobald es lebensbedrohlich wird, wird sich das ändern." (Quelle: Yannick von Eisenhart Rothe/t-online)
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Seit mehr als 40 Tagen isst ein Klimaaktivist nicht, um Druck auf Kanzler Scholz aufzubauen. Immer wieder betont er, dass er bereit sei zu sterben. Ein Besuch vor Ort.

Auf einer Wiese in Sichtweite des Kanzleramts liegt das Camp der Menschen, die Olaf Scholz unter Druck setzen wollen, indem sie leiden. Mittlerweile drei Klimaaktivisten sind in den Hungerstreik getreten. Sie fordern eine Regierungserklärung, in der Scholz das Ausmaß der Klimakatastrophe anerkennt und ein radikales Umsteuern ankündigt.

Wolfgang Metzeler-Kick ist einer von Ihnen. Aktuell ist er ein gefragter Mann, gibt fast täglich Interviews. Seit mittlerweile mehr als 40 Tagen hat er nichts gegessen. Das ist ihm anzusehen. Er bewegt sich langsam, seine Wangen sind eingefallen.

t-online: Herr Metzeler-Kick, die Frage ist eigentlich trivial, aber bei Ihnen muss man Sie stellen: Wie geht es Ihnen?

Wolfgang Metzeler-Kick: Ich bin schwach. Kondition habe ich gar keine mehr, bekomme Muskelkater vom Nichtstun. Kurzzeitig Kraft aufbringen kann ich zwar schon noch, aber das bereue ich dann kurz danach, weil gar nichts mehr geht. Ich glaube, dass ich mich mit unglaublich viel Adrenalin aufrechterhalte. Das führt aber dazu, dass meine Laune durchgängig mies ist.

Haben sie ständig ein Hungergefühl?

Es ist schon konstant da, aber nicht mehr so ein Heißhunger wie in den ersten Tagen. Der Magen schrumpft mit der Zeit auch, deshalb merkt man das nicht mehr so. Die Erschöpfung setzt mir mehr zu. Und mein Immunsystem ist im Keller, deshalb fühle ich mich ständig leicht krank. Ich bin fast schon mein eigener Opa (lacht).

Während des Gesprächs trinkt Metzeler-Kick einen Gemüsesaft. 25 Gramm Kohlenhydrate am Tag nehme er so zu sich, sagt er, verdünnt auf einen Liter. Als nächste Eskalationsstufe will er auch den Saft weglassen. Wann genau er das tun will, verrät er noch nicht.

Sie haben immer wieder betont, dass sie im Zweifel bereit sind, für Ihren Protest zu sterben. Haben Sie nicht auch Momente des Zweifelns, ob das der richtige Weg ist?

Am zweiten Tag hatte ich ganz kurz Zweifel. So ein kurzes Gefühl, dass alles sinnlos ist. Aber dann habe ich verstanden, dass das einfach eine körperliche Reaktion auf einen massiven Mangel an Glückshormonen war, ausgelöst durch das Hungern. Seitdem zweifele ich nicht mehr. Angesichts der furchtbaren Situation, in der wir uns als Menschheit befinden, sehe ich keinen anderen Weg.

Wir sind hier mitten im Regierungsviertel. Schauen öfter Politiker vorbei?

Der klimapolitische Sprecher der AfD war mal da. Der hatte überhaupt keine Ahnung, dem habe ich erst mal den Treibhauseffekt erklärt. Sonst war mal einer von den Grünen kurz da, der versprochen hat, später wiederzukommen. Hat er nicht getan. Ich glaube, dass das auch mit der Phase des Hungerstreiks zu tun hat. Der Druck ist noch nicht groß genug. Sobald es lebensbedrohlich wird, wird sich das ändern.


Quotation Mark

Es ist eine Schande, dass man überhaupt Druck auf Scholz ausüben muss, damit er die Wahrheit ausspricht.


Wolfgang Metzeler-Kick


Die Bundesregierung sagt, dass man konkreten einzelnen Forderungen nicht folgen werde. Man will sich nicht erpressbar machen.

Es ist eine Schande, dass man überhaupt Druck auf Scholz ausüben muss, damit er die Wahrheit ausspricht. Es ist wissenschaftlicher Konsens, dass wir radikal umsteuern müssen. Wenn wir das nicht machen, ist das eine extreme Gefährdung der Zivilisation. Deshalb habe ich keine moralischen Bedenken, diesen Druck auch aufzubauen. Wir müssen in einer Demokratie die Wahrheit aussprechen, damit wir überhaupt eine Chance haben.

Aber haben Sie keine taktischen Bedenken? Dass Scholz ihren Forderungen nicht folgen kann, weil er sich erpressbar machen würde?

Deshalb werden Hungerstreiks meistens erst beendet, wenn der Tod droht, damit der Anreiz nicht zu groß wird. Ich weiß nicht, ob Kanzler Scholz mich sterben lassen wird. Ich halte es für möglich. Und ich hoffe, dass dann viele SPD-Mitgliedsausweise in der Mülltonne landen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Interview mit Wolfgang Metzeler-Kick
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