"Soziale Infrastruktur wird zerstört" Neuköllns Bürgermeister sendet Hilferuf
Wegen der Finanzplanung des Senats sieht sich Neukölln zur Streichung vieler sozialer Projekte gezwungen. Auch ein beliebter Weihnachtsmarkt soll wegfallen.
Das Bezirksamt Neukölln und Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) haben die Haushaltspläne der neuen Berliner Landesregierung massiv attackiert. "Die Finanzplanungen des Senats werden auf viele Jahre die soziale Infrastruktur in Neukölln zerstören", sagte Hikel in einer am Mittwoch veröffentlichten Pressemitteilung.
Dem Bezirk Neukölln fehlen nach eigenen Angaben nach der Zuweisung vom Senat für die Haushaltsjahre 2024/2025 22,5 Millionen Euro pro Jahr. Um diese einzusparen, sehe man sich gezwungen, eine ganze Reihe von Maßnahmen zu treffen.
Ab 2024 soll demnach etwa der Wachschutz an 12 Neuköllner Schulen, die Tagesreinigung an Schulen sowie die aufsuchende Suchthilfe im Bezirk komplett entfallen. Drei Jugendfreizeiteinrichtungen müssten geschlossen werden. Die Obdachlosenhilfe werde reduziert, Müllentsorgung in Grünanlagen halbiert. Außerdem werde der Alt-Rixdorfer Weihnachtsmarkt nicht mehr stattfinden. Freie Stellen im Bezirksamt könnten temporär nicht mehr nachbesetzt werden.
Hikel: Vertrauen in den Staat werde aufs Spiel gesetzt
Von den Kürzungen seien diejenigen, die auf staatliche Leistungen angewiesen seien, am stärksten betroffen, heißt es in der Mitteilung. "Wer bei den Bezirken spart, verstärkt den Unmut bei den Bürgerinnen und Bürgern über eine dysfunktionale Stadt", sagte Hikel. So werde das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates aufs Spiel gesetzt.
Nicht nur Neukölln ist mit den Finanzplanungen des neuen Finanzsenators Stefan Evers (CDU) nicht zufrieden. Alle zwölf Bezirksbürgermeister hatten in der vergangenen Woche einen Brief an den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner geschickt und ein Krisengespräch gefordert.
Teile von Berlin-Neukölln gelten seit Jahren als soziale Brennpunkte. Ein Teil der Berliner Silvesterkrawalle fand in diesem Stadtteil statt. Im Januar hatte die damals noch Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) einen Gipfel gegen Jugendgewalt einberufen und danach hohe Investitionen in die Präventionsarbeit versprochen. Zuletzt gab es aber Berichte darüber, dass die Umsetzung der geplanten Maßnahmen ins Stocken gekommen seien.
- berlin.de: Pressemitteilung des Bezirksamts Neukölln vom 28. Juni 2023
- berlin.de: Ergebnisse des zweiten Gipfels gegen Jugendgewalt im Roten Rathaus
- taz.de: "Fahndung läuft, Prävention hakt" vom 13. Juni 2023