Wurst im Selbsttest "Einfach jeck": Die Aachener Weihnachtsleberwurst
Eine Weihnachtsleberwurst? Klingt kurios, ist in Aachen aber seit über hundert Jahren Tradition. Dazu gehören vor allem ungewöhnliche Zutaten. Wie das schmeckt – wir haben es getestet.
Als echter "Öcher", wie sich die Aachener selbst bezeichnen, noch nie von der Aachener Weihnachtsleberwurst gehört zu haben, ist eine Bildungslücke. Das sieht auch Metzger Rolf Gerrards so.
Seit fast 30 Jahren betreibt er seine eigene Metzgerei in der Hartmannstraße am Elisengarten. Schon sein Vater war Metzger und hatte den kleinen Laden 1963 übernommen. Der Ursprung geht sogar noch weiter zurück: 1882 wurde dort die "Hamburger Schweinemetzgerei und Wurstfabrik" eröffnet.
Spezielle Zutaten für einen einzigartigen Geschmack
Seit über hundert Jahren gibt es die spezielle Leberwurst. Woher sie stammt, sei nicht überliefert, sagt Gerrards. Es sei eine klassische Schweineleberwurst, die mit einem ungewöhnlich erscheinenden Topping versehen wird: Sahne. "Die Sahne macht die Wurst sämig und mild", erklärt er. "Das holt so ein bisschen mehr den Lebergeschmack raus".
Die Zutat sei das "Grundprogramm" für die Aachener Weihnachtsleberwurst. Die einzelnen Metzger könnten dann aber ihrer Kreativität freien Lauf lassen, denn jede Kundschaft habe andere Zutaten lieber. "Manche haben die gerne mit Nüssen, andere mit Zimt, Anis oder Preiselbeeren", ergänzt Gerarrds. Seiner eigenen Weihnachtsleberwurst gebe er immer gerne süße Zutaten dazu.
Jedes Jahr gebe es eine Qualitätsprüfung, die nächste stehe Anfang November an, sagt Gerrards. Dabei werde nicht nur untersucht, ob die Aachener Weihnachtsleberwurst schmeckt. Die Wurst werde sogar im Labor untersucht, um festzustellen, ob sie vernünftig zusammengestellt wurde und somit auch wirklich ein Qualitätsprodukt ist, versichert der Metzger. Bisher klappt das gut: Letztes Jahr hätten alle acht "Aixtra"-Betriebe, ein Zusammenschluss von acht Metzgerbetrieben aus Aachen, die Auszeichnung "Gold" geholt, so Gerrards.
Ungewöhnliche Kombinationen möglich
Die Aachener Weihnachtsleberwurst wird jedes Jahr ab Ende Oktober bis in die Neujahrstage verkauft. Sie sei ein beliebtes und wichtiges Produkt im Weihnachtsgeschäft.
Nur den Betrieben in Aachen sei es erlaubt, die original Aachener Weihnachtsleberwurst herzustellen, so Gerrards im Gespräch mit t-online. Die Wurst sei europaweit geschützt, um das Produkt als regionales Erzeugnis zu markieren und vor minderwertigen Kopien zu schützen.
Neben der Aachener Weihnachtsleberwurst sind noch die Blutwurst "Öcher Puttes" sowie die Aachener Printen EU-geschützt. Die Printe, eine Art Lebkuchen, könne man hervorragend mit der Weihnachtsleberwurst kombinieren. "Aber nur eine Weichprinte, keine Hartprinte bitte", sagt Gerrards lachend.
Er geht sogar noch weiter und bringt eine weitere Aachener Spezialität ins Spiel: "Ein ganz großer Hit ist es in Kombination mit einem Streuselbrötchen", schwärmt er. In den nächsten Tagen werde man die Weihnachtsleberwurst außerdem mit Spekulatius kombinieren. "Dieses Herzhafte in Kombination mit dem Süßen kommt bei den Kunden gut an", sagt Gerrards. "Einfach jeck", fügt er hinzu.
Der Selbsttest: Wie schmeckt die Aachener Weihnachtsleberwurst?
Dann geht es endlich um die (Weihnachtsleber-)wurst: Wie schmeckt das spezielle "Öcher" Produkt mit den ungewöhnlichen Zutaten? Rolf Gerrards serviert die Wurst in einem kleinen Pappbecher mit einem Löffel. Ein bisschen so, wie ein Eis. Von außen sieht die Leberwurst nicht anders aus als jede andere auch. Sie riecht nur etwas milder.
Beim ersten Löffel merkt man sofort, dass etwas anders ist. Zwar schmeckt man die Sahne und die süßen Zutaten nicht unbedingt einzeln heraus. Doch insgesamt verstärken sie den herzhaften Lebergeschmack und geben ihm eine sanfte, leicht cremig-süße Note. Fazit: Außergewöhnlich und gut und passt in die Weihnachtszeit.
Anfang der Woche gab es im Aachener Rathaus den alljährlichen Anstich zur Weihnachtsleberwurstsaison (ja, so heißt das wirklich). Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen war ebenfalls dabei. Ihr schmecke die Wurst auch, sagt Rolf Gerrards. Und ihm selbst natürlich: "Ich bin damit groß geworden und werde das mit ins Grab nehmen". Ein "Öcher" durch und durch eben.
- Gespräch mit Rolf Gerrards