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Suche nach Samuel Bellamy: Auf der Suche nach dem reichsten Piraten aller Zeiten


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Legendärer Seeräuber
Auf der Suche nach dem reichsten Piraten aller Zeiten


Aktualisiert am 07.03.2021Lesedauer: 5 Min.
Samuel Bellamy brachte es zu einiger Berühmtheit: Hier ist eine alte Zigarettenwerbung vom Ende des 19. Jahrhunderts zu sehen.Vergrößern des Bildes
Samuel Bellamy brachte es zu einiger Berühmtheit: Hier ist eine alte Zigarettenwerbung vom Ende des 19. Jahrhunderts zu sehen. (Quelle: Artokoloro/imago-images-bilder)
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Samuel Bellamy war ein Schrecken der Meere, dazu steinreich. Doch ein Unglück kostete den Gesetzlosen das Leben. Verbergen sich seine Knochen unter neu geborgenen Skeletten?

Gegen Sonnenuntergang am Abend des 26. April 1717 wurde es plötzlich sehr still auf dem Wasser vor der Küste von Cape Cod im US-Bundesstaat Massachusetts. Die "Whydah", ein ehemaliges Sklavenschiff, nun unter dem Kommando des Piratenkapitäns Samuel "Black Sam" Bellamy, glitt in eine dichte Nebelbank. Bald schon konnte keiner der rund 150 Männer an Bord noch die Mastspitze, wenig später nicht einmal mehr die eigene Hand vor Augen erkennen.

Und dann brach die Hölle los. Ohne Warnung schlug das Wetter in einen brutalen Nordoster um – einen der gefürchteten, unberechenbaren Stürme vor der Küste Neuenglands. Die Wellen spielten mit dem Schiff wie eine Katze mit einer Maus, warfen es hoch und drückten es dann wieder unter Wasser.

Fluch einer Hexe?

Währenddessen, so geht die Legende, stand die junge Maria Hallett am Strand, die Arme ausgestreckt gen See, und bewegte ihre Hände als hielte sie die Fäden einer Marionette. Wildes Lachen entwich ihrer Kehle, denn endlich konnte sie Rache nehmen an dem Mann, der ihr Leben ruiniert hatte. Gerade einmal 15 Jahre alt war sie gewesen, als der attraktive Seemann Samuel Bellamy sie auf einem Landgang schwängerte und dann auf Nimmerwiedersehen verschwunden war.

Das Kind brachte sie um, sobald es auf der Welt war und ihre Seele verkaufte sie dem Teufel. Behauptet zumindest der Mythos. Genau um Mitternacht ballte Maria die Finger zu Fäusten – und vor der Küste rammte die "Whydah" eine Sandbank, die ihr den Rumpf aufriss. Noch heute, erzählt man sich auf Cape Cod, hört man in stürmischen Nächten das verzweifelte Heulen und das irre Lachen der Meerhexe von Wellfleet, wie die junge Frau fortan genannt wurde.

Dass zumindest Teile dieser Geschichte wahr sind, bewies 1984 der Taucher Barry Clifford, als er das Wrack in nur fünf bis neun Meter Tiefe vor Marconi Beach entdeckte. Zu den ersten Funden gehörte damals die Bronzeglocke des Schiffs, auf der noch immer gut sichtbar der Name prangte. Damit ist die "Whydah" bis heute das einzige sicher identifizierte Piratenschiff aus dem Goldenen Zeitalter der Piraterie zwischen 1714 und 1722.

"Brocken" aus der Vergangenheit

Die jüngsten Funde sehen aber deutlich unspektakulärer aus. Rund 200 sogenannte concretions, auf Deutsch "zusammengeklumpte Brocken", haben die Taucher bergen können. In mindestens sechs dieser hart verkrusteten Stücke haben Archäologen jüngst Knochen gefunden – möglicherweise sogar von "Black Sam" höchstpersönlich. "Wir hoffen, dass hochmoderne Technologie uns helfen kann, diese Piraten zu identifizieren und sie mit möglichen noch lebenden Verwandten da draußen zusammenzuführen", äußerste sich Clifford in einer Presseerklärung.

Von den 146 Männern an Bord der "Whydah" wurden 102 am nächsten Morgen tot an Land gespült und neun lebendig gefangen genommen – sechs von ihnen wurden später gehängt, zwei freigelassen und ein Ureinwohner, vom Stamm der Miskito namens John Julian, in die Sklaverei verkauft. Die übrigen 35, unter ihnen Samuel Bellamy, sanken mit dem Schiff in die Tiefe.

Die Mannschaft war ein bunter Haufen gewesen. Etwa ein Drittel von ihnen hatte in Ketten gefesselt im Rumpf der "Whydah" gelegen, als Bellamy sie im Februar 1717 kaperte. Bereitwillig schlossen sie sich ihrem Befreier an und halfen ihm, das ehemalige Sklavenschiff umzubauen. Die engen Verschläge, in denen die Sklaven gehaust hatten, wurden herausgerissen, stattdessen holte der Piratenkapitän zusätzliche Kanonen an Bord.

Tonnenweise Gold und Silber

Was allerdings an Bord blieb, war der Schatz der "Whydah": Über viereinhalb Tonnen Gold und Silber soll das Sklavenschiff transportiert haben, als es den Piraten in die Hände fiel. Laut dem US-amerikanischen Wirtschaftsmagazins "Forbes" war Samuel "Black Sam" Bellamy mit einem Vermögen von umgerechnet knapp 100 Millionen Euro der reichste Pirat aller Zeiten.

Sollte es den Forschern nun gelingen, Mitglieder der Piratencrew zu identifizieren, wäre es nicht das erste Mal, dass moderne Forensik einem von ihnen seine Identität zurückgibt. Bereits 2006 legten die Archäologen ein Wadenbein frei. Um den Knochen lag ein Seidenstrumpf, das eine Ende steckte in einem zierlichen schwarzen Schuh. Das Wadenbein, stellten die Forensiker fest, gehörte einem Kind zwischen acht und elf Jahren.

Das war kein Fehler. Die Archäologen hatten die sterblichen Überreste von John King gefunden, der im zarten Alter von elf Jahren Pirat geworden war, als "Black Sam" im November 1716 das Schiff, auf dem er mit seinen Eltern von Antigua nach Jamaica reiste, überfiel. Der kleine John zeigte keinerlei Angst vor den fremden Männern, sondern setzte alles daran, in deren Mannschaft aufgenommen zu werden. Angeblich soll er sogar gedroht haben, sich selbst und seine Eltern umzubringen, sollte Bellamy ihn nicht zu einem Piraten machen. Mit dem Knochenfund von der "Whydah" steht fest: Die Legende des Kinderpiraten John King ist eine wahre Geschichte.

Demokratie bei den Seeräubern

2018 hofften die Forensiker erneut, als es ihnen gelang, DNA aus einem weiteren Knochen zu extrahieren. Casey Sherman – Journalist, Autor und ein guter Freund Barry Cliffords – war damals ins englische Devon gereist, um sich Vergleichserbgut von einem noch lebenden Verwandten Samuel Bellamys zu erbitten. Es passte allerdings nicht zur DNA des fraglichen Knochens, der stattdessen zu einem Mann aus dem östlichen Mittelmeerraum gehört hatte. "Aber die nun gefundenen Knochen könnten uns tatsächlich zu Bellamy führen", spekuliert Sherman in der Presseerklärung, "denn nun haben wir seine DNA ja bereits."

Die Rückführung der sterblichen Überreste an die Familien sei für ihn ein Akt des Respekts, sagte Clifford bei der Vorstellung der neuen Skelettfunde. Denn obwohl die Piratencrew aus befreiten Sklaven, Verbrechern und armen Seeleuten sehr unterschiedlicher Nationen bestand, ließ Bellamy an Bord Demokratie walten – Jahrzehnte vor der Amerikanischen Revolution. Jedes Crewmitglied hatte eine Stimme, unabhängig von seiner Herkunft oder Hautfarbe. "Der Kapitän und seine Mannschaft experimentierten mit der Demokratie lange bevor sogenannte zivilisierte Gesellschaften sie überhaupt nur in Betracht zogen", begründet Clifford sein Anliegen.

War Samuel Bellamy am Ende doch kein so schlechter Mensch, wie die Legende von Maria Hallett vermuten lässt? Vielleicht ist auch ein anderes Ende der Geschichte wahr, demzufolge "Black Sam" gar nicht auf Beutefahrt, sondern auf dem Weg nach Wellfleet war, um seine Frau und sein Kind endlich in die Arme schließen zu können. Maria ahnte nichts davon, als sie mit ihren übernatürlichen Kräften die "Whydah" auf die Sandbank schleuderte. Erst am nächsten Morgen erkannte sie die Wahrheit – und verlor daraufhin den Verstand.

Verwendete Quellen
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