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Adolf Hitler: Warum ihn eine Hassliebe mit Amerika verband


Neues Buch erklärt
Warum Hitler eine Hassliebe mit Amerika verband

dpa, Von Wilfried Mommert

24.07.2020Lesedauer: 3 Min.
Adolf Hitler erklärt den USA 1941 im Berliner Reichstag den Krieg (Archivbild): Der Diktator verband mit Amerika nicht nur Hass, sondern auch Bewunderung.Vergrößern des Bildes
Adolf Hitler erklärt den USA 1941 im Berliner Reichstag den Krieg (Archivbild): Der Diktator verband mit Amerika nicht nur Hass, sondern auch Bewunderung. (Quelle: dpa-bilder)
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Die Nazis verabscheuten die USA nicht nur als angebliche "Zentrale des Weltjudentums", Adolf Hitler bewunderte das Land auch für seine Innovationen. Eine neue Biografie wirft ein Schlaglicht auf diese Beziehung.

Vermutlich sind über historische Persönlichkeiten nur über Napoleon, Richard Wagner und Karl Marx so viele Bücher geschrieben worden wie über Adolf Hitler, also auch Biografien. Jetzt ist eine "globale Biographie" über den NS-Diktator von dem irischen Cambridge-Historiker Brendan Simms erschienen, was der Verlag oder Autor auch immer mit dieser Bezeichnung meinen ("Hitler – Eine globale Biographie", DVA). Dass Hitler einen globalen Krieg entfesselt hat, ist bekannt.

Als neuer "roter Faden" durchzieht diese Biografie Hitlers angebliche Hassliebe zum britischen Empire und zur Großmacht Amerika, deren vermeintlich "jüdische Finanzkapitalisten" er als "Krebsgeschwür" und Weltgefahr ansah, die Wall Street war für Hitler die "Zentrale des Weltjudentums".

Deutsches Reich "konkurrenzfähig" machen

Der Überfall auf die Sowjetunion 1941 zur "Eroberung des Lebensraums für das deutsche Volk" im Osten sollte laut Simms den anglo-amerikanischen Großmächten Paroli bieten und Deutschland auf "Gleichstand" bringen, nicht mehr und nicht weniger. Im Osten werde sich "zum zweiten Mal ein ähnlicher Vorgang wiederholen wie bei der Eroberung Amerikas", prophezeite Hitler, in zehn Jahren sollten sich dort zehn Millionen Deutsche ansiedeln.

Die Ressourcen und Bodenschätze des weiten Ostens sollten das Deutsche Reich "konkurrenzfähig" machen mit dem britischen Empire und der Großmacht Amerika. Das ist eine der Hauptthesen, auf die sich die über 1.000-seitige neue Hitler-Biografie konzentriert und manchmal auch überstrapaziert, die aber nichtsdestoweniger wegen ihrer Detailfülle und dennoch guten Lesbarkeit eine spannende Lektüre ist, auch wenn das Kriegsgeschehen an den verschiedenen Fronten allzu ausufernd dargestellt wird.

Private Gespräche von Hitler

Erstaunlich ist in dieser Biografie die Fülle von privaten und öffentlichen Gesprächen und Reden Hitlers und Dokumenten. Er bewunderte das riesige Industriepotenzial und die technologische Entwicklung in Amerika wie die Fließbandproduktion in den Ford-Autowerken, die Massenfertigung beim Hausbau und die rasante Entwicklung des Rundfunks, so dass er bald die Idee eines Volkswagens mit einer eigenen Fabrik in Wolfsburg und die Herstellung eines Radio-"Volksempfängers" vorantrieb.

Und noch etwas anderes schaute sich Hitler schon früh von Amerika ab – die Wahlkämpfe der NSDAP 1932 übertrafen laut Simms alles, was man in Deutschland bisher gekannt hatte, von technologischer Innovation, massenhaften Wahlauftritten bis hin zu "schierem Spektakel". Hitler bewunderte den Lebensstandard und verachtete die Kultur jenseits des Atlantiks. Die amerikanische Macht beruhte für Hitler, wie Simms betont, auf der gewaltsamen Eroberung von Land, das einem anderen Volk in den Weiten des "Wilden Westens" gehörte.

Donald Trumps Großvater wanderte aus Deutschland aus

Als sich in der amerikanischen Presse eine breite Kritik an seiner Rassenpolitik regte, habe sich Hitler "irritiert" gezeigt, wie Simms schreibt, seien es doch die Vereinigten Staaten gewesen, "die als Erste politische Schlüsse aus den Unterschieden zwischen den Rassen gezogen hätten".

Zwischen 1820 und 1930 wanderten, wie in dem Buch erwähnt wird, fast sechs Millionen Deutsche in die Vereinigten Staaten aus, unter ihnen Frederick Trump, der sich 1885 auf Ellis Island registrieren ließ, Donald Trumps Großvater. Die Vorfahren des früheren US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower stammen (als Familie Eisenhauer) aus dem Rheinland und dem Saarland.

Holocaust in der Biografie ebenfalls ein Thema

Kurz vor seinem Selbstmord im April 1945, als er den Krieg endgültig verloren sah, hat Hitler laut Simms für eventuelle Friedensgespräche mit England ein enges britisch-deutsches Zusammengehen vorgeschlagen, bis hin zur Vereinigung mit dem britischen Empire, nötigenfalls auch mit London als Hauptstadt.

Der Holocaust mit dem millionenfachen Mord an den Juden Europas ist natürlich auch in dieser Hitler-Biografie Thema, wenn auch die innen- und außenpolitischen und vor allem die militärischen Entwicklungen im Vordergrund stehen. Hitler habe die Juden zunächst noch als "Geiseln" im Land halten wollen, vor allem für ein "Wohlverhalten" der angeblich jüdisch kontrollierten Vereinigten Staaten, schreibt Simms unter Berufung auf damalige Äußerungen Hitlers.

Bemerkenswerte Details

Dabei kommt Simms zu der These, "Hauptziel und Hauptkontext" von Hitlers Vernichtungskrieg gegen die europäischen Juden sei sein Verhältnis zu den Vereinigten Staaten gewesen. Hier schlägt die überbetonte anglo-amerikanische Sicht des Biografen durch, die die gesamte Hitler-Biografie durchzieht und prägt. Das erscheint fragwürdig, wenn nicht sogar eher abwegig.

Insgesamt sind die rund 1.000 Seiten aber trotz oder sogar wegen der Faktenfülle gut zu lesen und bieten viele neue und bemerkenswerte Details, auch wenn einen Hitler-Biografen doch auch stärker die Frage beschäftigen sollte, zumindest für deutsche Leser, wieso die Mehrheit der Deutschen ein solches System so lange mitgetragen oder sogar gutgeheißen hat.

Denn die Ausgrenzung und Verfolgung bis hin zur massenweisen Ermordung von Minderheiten und Andersdenkender war ja für jedermann offensichtlich. Simms selbst räumt ein, sein Buch sei auch "nicht das letzte Wort über Hitler, es kann auch nicht die tiefe Beziehung zwischen Hitler und den Deutschen erklären".

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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