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Geisterschiffe: Die Weltreise der "Teignmouth Electron"


Geisterschiff
Die fiktive Weltreise der "Teignmouth Electron"

Ulrich Weih

13.08.2013Lesedauer: 3 Min.
Auf skurriler Fahrt mit tragischem Ende: die "Teignmouth Electron"Vergrößern des Bildes
Auf skurriler Fahrt mit tragischem Ende: die "Teignmouth Electron" (Quelle: TopFoto)
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5000 Pfund versprach die britische Tageszeitung "Sunday Times" 1968 demjenigen Segler, der am schnellsten und nonstop die Welt umrunden würde. In der "Golden Globe Challenge" sah auch Donald Crowhurst seine große Chance auf Geld und Ruhm. Doch seine Reise endete tragisch.

Crowhurst war eigentlich gar kein Hochsee-Segler - er war eine gescheiterte Existenz: 1956 wurde er unehrenhaft aus der Luftwaffe entlassen und konnte danach nicht mehr richtig Fuß fassen. Er galt als genialer Elektroingenieur, und blieb doch wirtschaftlich völlig erfolglos. Er hatte Gelegenheitsjobs, und war hochverschuldet. Mit einem Sieg bei der Weltumsegelung wäre er seine Schulden los - und hätte allen bewiesen, was eigentlich in ihm steckt.

Schiff war nicht seetauglich

Crowhurst hatte weder ein Boot noch Erfahrung. Dennoch meldete er sich an. Als er von einem neuen, schnellen Bootstyp, einem Trimaran, hörte, beauftragte er die örtliche Werft mit dem Bau. Doch Crowhursts unklare Konstruktions- und Arbeitsanweisungen, seine fehlende Mitarbeit und die unregelmäßigen Geldzahlungen verzögerten die Fertigstellung.

Beim Probesegeln gab es nur Probleme, die "Teignmouth Electron" war völlig seeuntauglich. Doch für Verbesserungen war es zu spät: Donald Crowhurst verabschiedete sich von seiner Frau Clare und seinen vier Kindern und stach am 31. Oktober 1968 in See.

Crowhurst liegt gut im Rennen - scheinbar

Alles schien überraschend gut zu laufen. Mit sporadischen Funksprüche signalisierte Crowhurst, dass er auf Kurs liege und auch seine Position im Rennen wäre vielversprechend.

Am 10. Juli 1969 wurde die "Teignmouth Electron" auf 33 Grad 11 Minuten nördlicher Breite und 40 Grad 28 Minuten westlicher Länge in der Sargasso-See gefunden. Von Donald Crowhurst fehlte jede Spur. Nur langsam wurde klar, welches Drama sich auf dem Trimaran abgespielt hatte.

Die imaginäre Reise

Schon wenige Tage nach dem Start hatte der Brite realisiert, dass er mit seinem Boot keine Chance hatte. Daher startete Cowhurst ab ungefähr Mitte November 1968, noch vor der afrikanischen Küste, seine zweite, imaginäre Reise.

Er begann, zwei Logbücher zu führen. In dem einen war er der heldenhafte Nonstop-Weltumsegler, in dem anderen der verzweifelte Donald, der mit einem miserablen Boot abseits befahrener Routen im Südatlantik dümpelte. Über Monate hielt Crowhurst diese schizophrene Kopfarbeit aufrecht. Zu Weihnachten meldete er sich bei seiner Frau, um ihr vorzuschwindeln, er befinde sich vor Kapstadt. In Wirklichkeit schipperte er immer noch vor Brasilien auf und ab.

Verzweifelte Reparaturversuche

Die "Teignmouth Electron" war schon bald kaum noch über Wasser zu halten. Crowhurst, so ergaben es die Auswertungen seiner Aufzeichnungen und die spätere Untersuchung des Schiffs, muss verzweifelt versucht haben, ohne das erforderliche Werkzeug Lecks abzudichten und die dringend benötigte Selbststeueranlage zu reparieren.

Doch zu diesem Zeitpunkt konnte er wohl bereits nicht mehr mit der Wahrheit herausrücken und Hilfe anfordern. Stattdessen meldete er noch am 4. Mai, dass er sich an der Küste Brasiliens befände - also in klarer Führung vor den anderen Teilnehmern.

Die Nachricht ging wie ein Lauffeuer durch die Presse: Ganz England fieberte jetzt mit seinem Helden, Donald Crowhurst.

"Alles in Ordnung"

Die letzte Logbucheintragung stammt vom 23. Juni 1969. Am 25. Juni signalisiert Crowhurst einem vorbeifahrenden Frachter noch per Funkspruch, es sei "alles in Ordnung".

Während sich England auf einen triumphalen Empfang vorbereitete, sprang Crowhurst am 243. Tag seiner Reise in der Nähe der Azoren über Bord.

Die Weltumsegelung der "Teignmouth Electron" hatte nie stattgefunden - sie geisterte lediglich durch den Kopf von Donald Crowhurst.

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