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Renteneintrittsalter: Rente mit 68 bedeutet für viele Altersarmut


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Tagesanbruch
Rente mit 68 bedeutet Altersarmut

MeinungVon Heike Vowinkel

Aktualisiert am 14.11.2023Lesedauer: 6 Min.
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Arbeiten bis 68? Viele werden das nicht schaffen. Sie müssen dann geringere Renten in Kauf nehmen, ihnen droht Altersarmut (Archivbild). (Quelle: IMAGO/Michael Gstettenbauer/imago-images-bilder)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

wann haben Sie sich zuletzt ausgerechnet, wie lange Sie noch arbeiten müssen? Vielleicht Ende vergangener Woche, als mal wieder die Rente mit 68 durch die Medien geisterte? Diesmal waren es die Wirtschaftsweisen, die sie in ihrem Jahresgutachten empfahlen – gekoppelt an die längere Lebenserwartung.

Die Menschen werden älter, also sollten sie auch länger arbeiten. Klingt plausibel, oder? Fast täglich predigen uns einige Ökonomen, konservative und liberale Politiker gebetsmühlenhaft wahlweise ein Ende des Erwerbslebens mit 68, 69 oder 70 – nur so lasse sich die gesetzliche Rente dauerhaft sichern. Vielleicht tun sie das in der Erwartung, dass die Menschen schon noch an die Heilkräfte der ewig langen Lebensarbeitszeit glauben werden, wenn sie es nur oft genug wiederholen.

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Dumm nur: Bei der Bevölkerung kommt das Credo nicht an. Die Mehrheit der Deutschen will nicht so lange arbeiten, wie Umfragen zeigen. Das allein wäre noch kein Grund, es als Instrument zu verwerfen. Gewichtiger ist: Viele schaffen das nicht.

Ein älterer Kollege erzählte mir neulich freudestrahlend, dass er in etwa zweieinhalb Jahren in den passiven Teil der Altersteilzeit gehen werde. Der Kollege ist 60, arbeitet seit vielen Jahren im Redaktionsmanagement einer großen deutschen Zeitung. Sein Job ist stressig: oft 10 Stunden am Tag im Großraumbüro, meist unter Zeitdruck bei einem hohen Geräuschpegel. Morgens als Erstes die Nachrichtenlage checken, abends vor dem Schlafengehen als Letztes. Dazu regelmäßige Wochenenddienste.

Länger, sagte mir der Kollege, schaffe er diesen Job einfach nicht mehr. Altersteilzeit heißt: Er verzichtet zweieinhalb Jahre, die er noch Vollzeit arbeitet, auf einen Teil seines Einkommens, um dann ebenso lang ein um den gleichen Teil reduziertes Gehalt zu beziehen, ohne zu arbeiten. Danach geht er regulär in Rente ohne Abschläge – dank eines großzügigen Arbeitgebers, für den das Modell zusätzliche Kosten bedeutet, und eines hohen Einkommens, das ihm den Verzicht auf einen Teil seines Gehalts ermöglicht.

Die meisten Menschen haben keinen so großzügigen Arbeitgeber und viele auch kein so hohes Gehalt. Doch auch sie schaffen es nicht, so lange zu arbeiten. Und das sind nicht nur die gern zitierten Dachdecker, Bauarbeiter oder Pflegekräfte, also Menschen, die körperlich hart oder in psychisch belastenden Berufen schuften. Die Arbeit hat sich in sehr vielen Berufen in den vergangenen Jahren massiv verdichtet, die Digitalisierung, die ständige Verfügbarkeit, aber auch der Fachkräftemangel haben ihren Anteil daran.

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Was deshalb vor allem gegen die Rente mit 68 spricht: Sie ist eine knallharte Rentenkürzung und bedeutet für zu viele Menschen Altersarmut – vor allem für jene mit geringem Einkommen und niedrigen Rentenansprüchen. Viele von ihnen haben nichts anderes als diese Rente, sie können schon während ihres Erwerbslebens kaum privat vorsorgen und müssen dann auch noch hohe Abschläge von der gesetzlichen Rente in Kauf nehmen, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen früher aufhören zu arbeiten. Das sind dann auch noch diejenigen, die in der Regel kürzer leben – bis zu fünf Jahre im Vergleich zu etwa Beamten, wie eine Studie des DIW 2021 nachwies.

Dass etwas getan werden muss, ist offensichtlich. Im deutschen Rentensystem zahlen die Jungen für die Alten. Doch weil die Menschen älter werden, finanziert schon jetzt ein Beitragszahler mehr als zwei Rentner.

Was wäre also zu tun? Statt das Rentenalter immer weiter hochzusetzen, sollten wir die Zahl der Beitragszahler so schnell wie möglich erhöhen. Genug Potenzial dafür gibt es: Zwei Drittel der erwerbstätigen Mütter arbeiten in Teilzeitnur ein Viertel gewollt. Die anderen aus der Not heraus, weil sie keinen Betreuungsplatz für ihre Kinder haben oder Angehörige pflegen. Auch die Zahl der arbeitslosen jungen Menschen ist mit 223.000 viel zu hoch. Viele anerkannte Flüchtlinge wollen arbeiten, scheitern aber an bürokratischen Hürden. Selbstständige sollten zudem endlich verpflichtet werden, in die gesetzliche Rente einzuzahlen. Und natürlich brauchen wir auch mehr qualifizierte Zuwanderer.

Vieles davon hilft nicht nur der Wirtschaft, die händeringend Arbeitskräfte sucht, sondern eben auch der gesetzlichen Rente. Das sagt im Übrigen auch ein Wirtschaftsweiser: Der Sozioökonom Achim Truger hatte im Jahresgutachten gegen die Rentenvorschläge seiner Kollegen gestimmt und Ähnliches gefordert. Manches geht die Regierung nun sinnvollerweise an. Doch längst nicht so konsequent wie notwendig.

Eine andere Idee ist das sogenannte Generationenkapital. Öffentliche Gelder werden dabei in einen Aktienfonds investiert, um so mithilfe der Rendite das Rentensystem insgesamt zu entlasten. Die Regierung hat den Einstieg darin beschlossen. Gut so. Allerdings: Die 10 Milliarden Euro, die 2024 dafür vorgesehen sind, reichen bei Weitem nicht. Es sind eher dreistellige Milliardenbeträge notwendig. Außerdem: Bis die Rendite daraus das Rentensystem stützt, wird es dauern.

Und ja: Für all diejenigen, die länger arbeiten können, sollten entsprechende Anreize geschaffen und Hürden abgebaut werden. Zur Wahrheit gehört nämlich auch: Eine höhere Lebenserwartung haben vor allem diejenigen, die schon jetzt besser verdienen und gut privat vorsorgen können. Entsprechend sollten sie mit gutem Beispiel vorangehen und gern bis ins hohe Alter arbeiten.



Drama um Gazas größtes Krankenhaus

Seit Tagen spitzt sich die Situation im Schifa-Krankenhaus mitten in Gaza-Stadt zu. Israels Armee vermutet darunter eine Hamas-Zentrale. Rund um das Krankenhaus wird gekämpft. Während die palästinensische Seite behauptet, Israel attackiere auch das Krankenhaus und verhindere die Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser und Treibstoff, bestreitet die Armee das. Meine Kollegin Clara Lipkowski hat recherchiert, was wir über die Lage dort wissen und was nicht.

Wie sich die Lage im Schifa-Krankenhaus und in Gaza heute weiterentwickelt, können Sie hier in unserem Newsblog verfolgen.


Was steht an?

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Ein Grund zum Feiern: Kein anderer britischer König musste länger darauf warten, endlich den Thron besteigen zu dürfen, keiner war älter als er: Am Dienstag feiert Charles III. nun zum ersten Mal als König Geburtstag. Allerdings hat er bereits angekündigt, an diesem Tag ganz normal zur Arbeit zu gehen, was in seinem Fall heißt: Er besucht gemeinsam mit Königin Camilla in Didcot bei Oxford eine Wohltätigkeitsorganisation.


Noch ein Grund zum Feiern: Ist von Pflegeberufen die Rede, geht es viel zu oft um Überlastung, Notstand, Skandale. Was dagegen meist fehlt: Wertschätzung. Der Wettbewerb "Deutschlands beliebteste Pflegeprofis" will das ändern. Seit Februar wurden bundesweit die beliebtesten Pflegerinnen und Pfleger gesucht. Am Dienstagabend werden nun bei einem Fest in Berlin die Gewinner bekannt gegeben.


Kein Grund zum Feiern: In Genf wird die ICBL, die Internationale Kampagne zum Verbot von Landminen, ihren Jahresbericht vorstellen. Nachdem die Zahl der Opfer von verbotenen Landminen bis 2014 sank, steigt sie seitdem wieder – vor allem auch wegen Russlands Krieg in der Ukraine.


Das historische Bild

Politik war in der jungen Bundesrepublik eher Männersache. 1961 musste Konrad Adenauer dann aber eine Frau im Kabinett akzeptieren. Wer sie war, lesen Sie hier.


Was lesen?

Wiederholungstäter: Ex-Präsident Donald Trump wird für eine Rede, die er am Veteranentag gehalten hat, heftig kritisiert. Nicht zum ersten Mal bediente er sich einer Nazi-Rhetorik, wie mein Kollege Simon Cleven berichtet.


Rückkehrer: Unerwartet kehrt der Ex-Premierminister David Cameron in die britische Politik zurück. Sein Comeback könnte eine Kurskorrektur der britischen Regierung bedeuten – mit einem offenen Ende, wie mein Kollege David Schafbuch analysiert.


Brandstifter: Am Freitag soll der türkische Präsident Erdoğan zu einem Kurzbesuch nach Deutschland kommen. Er unterstützt die Hamas und hetzt gegen Israel. Müssen wir seinen Besuch akzeptieren? Darüber streiten sich meine Kollegen Christoph Schwennicke und Tobias Eßer.


Zum Schluss

Manche reizt nun mal der Nervenkitzel des Absturzes ...

Ich wünsche Ihnen einen sturzfreien Start in den Tag! Morgen schreibt t-online Chefredakteur Florian Harms hier für Sie.

Herzliche Grüße

Ihre Heike Vowinkel
Textchefin t-online
Twitter: @HVowinkel

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Mit Material von dpa.

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