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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wettervorhersagen "Der Klimawandel macht uns einen Strich durch die Rechnung"
Der Klimawandel verstärkt die Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen. Vorhersagen werden dadurch immer schwieriger zu treffen.
Vor wenigen Minuten schien noch die Sonne, dann zieht plötzlich ein Sturm mit Platzregen auf. Situationen wie diese gab es in Deutschland in diesem Sommer häufiger. Auch plötzlich auftretendes Hochwasser oder Gewitter nehmen gefühlt zu.
Die Wissenschaft bestätigt diesen Eindruck. Denn die Klimakrise führt nachweislich dazu, dass Extremwetterereignisse nicht nur häufiger werden, sondern auch stärker ausfallen. Trotz guter Technik fällt es den Meteorologen nicht leicht, das immer rechtzeitig vorauszusehen.
Wie verlässlich Wettervorhersagen heute sein können und wie der Klimawandel zu extremerem Wetter beiträgt, erklärt Expertin Michaela Koschak im Video oben oder hier.
Das ist Koschaks Klima-Kosmos
Venedigs Kanäle trocknen aus, Sandstürme nehmen Menschen die Luft zum Atmen, in Touristengebieten tauchen blutrote Seen auf, die Hitze nimmt zu und beherrscht uns. Ist das noch Wetter oder schon Klima? Welche Phänomene stecken dahinter? Müssen wir uns jedes Mal Sorgen machen – und was kann der Mensch tun? t-online-Kolumnistin Michaela Koschak nimmt aktuelle Nachrichten und Bilder sowie generelle Phänomene zum Anlass, um zu erklären, was hinter ihnen steckt – in "Koschaks Klima-Kosmos".
Michaela Koschak hat an der FU Berlin Meteorologie studiert und ist vielen Menschen aus dem Fernsehen bekannt. Die 45-Jährige hat unter anderem für Sat.1, MDR und NDR das Wetter präsentiert. Außerdem ist sie Buchautorin.
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Liebe t-Online Leser, heute geht es im "Koschaks Klima Kosmos" um die Frage, ob die Wettervorhersagen durch den Klimawandel schwieriger werden. Klar ist: Wir werden nie die perfekte Wettervorhersage hinbekommen. Denn die Atmosphäre, die ist ein chaotisches System. Und das werden wir nie ganz verstehen. Klar ist aber auch: Die Wettervorhersagen sind in den letzten Jahrzehnten deutlich besser geworden. Durch bessere Technik, durch viel Forschung und vor allem durch mehr Wetterdaten, die die Wettervorhersage Modelle bekommen. Früher zum Beispiel gab es über dem Meer kaum Messdaten, nur von ein paar Schiffen. Das hat sich geändert durch Satelliten, genauso wie die Winddaten. Auch da gab es früher nicht allzu viel. Aber jede Menge Satelliten sind im All und geben uns globale Daten. Zum Beispiel der Satellit EOS. Seit fünf Jahren bietet er uns Meteorologen ein globales Wind-Profil, was natürlich auch in die Vorhersagemodelle einfließt und somit die Modelldaten besser macht und somit bessere Vorhersagen bringt. Zudem werden die Vorhersagemodelle kleiner skaliert. Das heißt, es wird wie eine Art Gitternetz über Deutschland gelegt und früher waren die Punkte sehr weit auseinander. Mittlerweile gibt es fünf Kilometer oder auch ein Kilometer Entfernung zwischen diesen Gitternetzen und somit werden natürlich die Vorhersagen genauer für eine Region. Das heißt zum Beispiel vor 40 Jahren war eine 24-stündige Temperaturvorhersage zu 70 % wahrscheinlich. Mittlerweile sind wir bei einer Wahrscheinlichkeit von 90 %. Und 1980 konnte man quasi eine 24 Stunden Vorhersage so gut machen wie heute eine 72 Stunden Vorhersage. Also die Modelldaten sind besser geworden, die Daten insgesamt sind besser geworden. Die Vorhersagen werden viel, viel besser. Aber der Klimawandel macht uns zum Teil wirklich einen Strich durch die Rechnung. Nämlich es wird ja immer wärmer und dadurch verdunstet mehr Wasser, mehr Wasserdampf in der Atmosphäre. Und das ist das Futter für Extremwetterereignisse wie Schauer und Gewitterwolken, die sehr kleinräumig sind. Und genau vorherzusagen, wo sich so zum Beispiel so eine Superzelle entwickelt, wo sie Hagel und zum Beispiel Tornados bringt. Das ist sehr, sehr schwer vorherzusagen und das können wir im Moment nur im Casting. Das heißt, so 60 bis 90 Minuten vorher können wir die Leute genau warnen, wo was passiert. Landkreis genau. Aber nicht viel früher. Nur das Potenzial, wo Gewitter entstehen, können die sehr gefährlich werden. Und das wird auch weiterhin das große Problem sein. Klar ist, es wird immer wärmer. Dadurch wird es in Deutschland weniger Frost, Tage, mehr Hitze, Tage geben und mehr Hitzewellen. Das wissen wir Meteorologen. Allerdings die Auswirkungen, die das Ganze hat, nämlich dass es mehr Hitze, Tote in Deutschland geben wird, da können wir Meteorologen nichts gegen tun. Das ist die Aufgabe der Politik. Die muss wirklich gute Hitzeschutz Pläne machen, sodass also die Auswirkungen durch das immer wärmer werdende Wetter, die nicht mehr zurückzudrehen sind, dass die nicht so heftig sind. Klar ist auch, die Vorhersagemodelle haben zum Beispiel das Ahrtal Hochwasser gesehen, dass es da wirklich sehr große Regenmengen geben wird, die geografischen Gegebenheiten und was das dann für Auswirkungen hatte, das konnten wir natürlich nicht beeinflussen. Da muss die Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Wetterdienst, der Feuerwehr und auch dem Katastrophenschutz Dienst muss besser werden, sodass also die Folgen, die zum Teil ja wirklich lebensbedrohlich sind, dass die nicht mehr so schlimm ausfallen. Denn es wird in Zukunft auf jeden Fall immer mehr Extremwetter geben.
Seit 2019 arbeitet Michaela Koschak auch als Kolumnistin für t-online, kommentiert und erklärt bei uns regelmäßig Wetter- und Klimaphänomene.
- Eigene Recherche