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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Riesige Aschewolke des Schiwelutsch Dieser Ausbruch könnte sogar das Klima beeinflussen
Die Rauchwolke über dem Schiwelutsch soll schon über 20 Kilometer hoch sein. Hat der Ausbruch des Vulkans im Osten Russlands ungeahnte Auswirkungen?
Seit 1999 hat der Schiwelutsch immer wieder gezeigt, welch gewaltige Kräfte in ihm schlummern. 2005 schickte der Vulkan auf der Halbinsel Kamtschatka einen Strom aus heißer Asche und Gas 20 Kilometer weit ins Tal, der Vulkandom wuchs in der Folgezeit um die Hälfte seiner Größe auf inzwischen mehr als 3.000 Meter. Seit 2009 standen immer wieder bis zu 12 Kilometer hohe Rauchsäulen über dem Feuerberg in Russlands Fernem Osten. Doch der jetzige Ausbruch könnte weit größere Folgen haben.
"Die anhaltende Aktivität könnte internationale und niedrig fliegende Flugzeuge beeinträchtigen", warnte am Dienstagmorgen die russische Vulkanbeobachtungsstelle KVERT. Die Aschewolke soll bereits eine Höhe von 20 Kilometern erreicht haben. Für den Flugverkehr wurde die höchste Alarmstufe Rot ausgerufen. Der Ascheregen dauere an und sei schon jetzt der größte der vergangenen 60 Jahre, so die Behörden. Im Ort Kljutschi, 47 Kilometer von dem Vulkan entfernt, fielen innerhalb von vier Stunden fast neun Zentimeter Asche.
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Probleme für Luftverkehr zwischen Japan und den USA?
Wie die Zeitung "Kommersant" berichtet, werden die Menschen in Kljutschi inzwischen vom 450 Kilometer weit entfernten Flottenstützpunkt in Petropawlowsk-Kamtschatski mit Trinkwasser versorgt. Aus ihren Wasserhähnen soll nur noch ein dickflüssiger grauer Matsch kommen. Die Vulkanologen fürchten, dass die Regionalhauptstadt mit ihren 180.000 Einwohnern ebenfalls von der Aschewolke getroffen werden könnte. Im nahe gelegenen Jelisowo befindet sich zudem der internationale Flughafen der Halbinsel, den auch die russische Armee nutzt. Bislang hat sich der Kreml allerdings nicht zu möglichen Auswirkungen auf die russische Pazifikflotte geäußert.
Probleme bekommen dürften auf jeden Fall Reisende zwischen Japan und den USA – denn die Hauptflugroute zwischen beiden Ländern verläuft entlang der Halbinsel. Dem russischen Klimaforscher Alexej Kokorin zufolge könnte der Ausbruch des Schiwelutsch durch die ausgestoßenen Partikel sogar eine kurzfristige Abkühlung der Erdatmosphäre in den kommenden zwei Jahren auslösen.
Kamtschatka hat 29 aktive Vulkane
In dieser Hinsicht könnte der Schiwelutsch auch den Ausbruch des Eyjafjallajökull 2010 auf Island in den Schatten stellen. Damals lag der Luftverkehr über Europa wochenlang lahm: "Alles hat fürchterlich gebrodelt, die Flugzeuge sind nicht geflogen, aber es gab kein Abdriften in die Stratosphäre und somit praktisch keine Auswirkungen auf das Klima", erklärte Alexej Kokorin der Nachrichtenagentur Ria Novosti.
Mit einem Alter zwischen 60.000 und 70.000 Jahren gehöre der Schiwelutsch zu den eher jungen Vulkanen, schreibt der Vulkanexperte und Filmemacher Marc Szeglat auf seiner Webseite. Die heftigsten Ausbrüche seiner Geschichte erlebte der Vulkan demnach zwischen 6.500 vor und 650 nach Christus. "Die schwersten Eruptionen der jüngsten Zeit ereigneten sich 1854, 1956 und 1964, als große Teile des Lavadomes kollabierten", so Szeglat.
Mit 29 aktiven Vulkanen ist Kamtschatka die Region mit der höchsten Dichte an Feuerbergen weltweit. Die Halbinsel bildet den nordwestlichen Teil des berüchtigten Pazifischen Feuerrings. Entlang dieses Rings kommt es immer wieder zu heftigen Erdbeben und Vulkanausbrüchen. Seit 1996 gehört Kamtschatka zum Weltnaturerbe der Unesco.
- vulkane.net: Shiveluch in Kamtschatka (Stand: 11. April 2023)
- ria.ru: Klimatologen bewerteten die Folgen des Ausbruchs des Shiveluch-Vulkans in Kamtschatka (russisch; Stand: 11. April 2023)
- Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters