48 Jahre unschuldig hinter Gittern Millionen-Entschädigung für Afroamerikaner
Der Rechtsstreit ist noch nicht beigelegt. Trotzdem bekommt Glynn Simmons jetzt mehrere Millionen US-Dollar. Er saß Jahrzehnte unschuldig im Gefängnis.
Fast 50 Jahren hat er unschuldig im Gefängnis gesessen: Nun hat in den USA ein zu Unrecht wegen Mordes verurteilter Mann ein Jahr nach seiner Freilassung eine Entschädigung in Millionenhöhe erhalten. Wie aus behördlichen Dokumenten hervorgeht, stimmten die Stadtverordneten von Edmond im Bundesstaat Oklahoma am Montag für einen entsprechenden Vergleich mit Glynn Simmons in Höhe von 7,15 Millionen Dollar (rund 6,5 Millionen Euro). Simmons' Anwälte sprachen von einer "Teileinigung" und erklärten, der Rechtsstreit sei damit nicht beigelegt.
Simmons und ein weiterer Verdächtiger waren 1975 zum Tode verurteilt worden, weil sie angeblich im Jahr zuvor einen 30-jährigen Angestellten eines Spirituosengeschäfts bei einem Raubüberfall in Edmond ermordet hatten. Ihre Strafen wurden später in lebenslange Haft umgewandelt.
Angeklagte waren gar nicht vor Ort während Tat
Die Verurteilung der beiden Männer basierte ausschließlich auf der Zeugenaussage einer Jugendlichen, die bei dem Raubüberfall eine Schussverletzung am Kopf erlitten, aber überlebt hatte. Die Angeklagten selbst hatten vor Gericht ausgesagt, dass sie zum Zeitpunkt des Mordes gar nicht in Oklahoma waren.
Die Zeugin hatte die beiden Verdächtigen angeblich bei einer polizeilichen Gegenüberstellung erkannt. Eine spätere Untersuchung schürte jedoch erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit ihrer Angaben.
Während Simmons' Mitangeklagter Don Roberts 2008 aus dem Gefängnis entlassen wurde, kam Simmons erst im vergangenen Jahr frei – nach 48 Jahren, einen Monat und 18 Tagen hinter Gittern. Damit hat der mittlerweile 71-Jährige laut dem Nationalen Register für Freilassungen mehr Zeit im Gefängnis zugebracht als jeder andere Häftling in der US-Geschichte.
Eine Bezirksrichterin hatte das Fehlurteil gegen Simmons im Juli vergangenen Jahres aufgehoben, im Dezember 2023 wurde er offiziell rehabilitiert. "Auf diesen Tag haben wir lange, lange gewartet", sagte Simmons damals nach seinem Freispruch. "Was getan wurde, kann nicht ungeschehen gemacht werden, aber es könnte Rechenschaftspflicht geben."
Ein Sprecher der Stadt Edmond lehnte eine Stellungnahme zu dem nun geschlossenen Vergleich auf Nachfrage ab. Die Anwälte von Simmons erklärten jedoch, die Zahlung entspreche einer "Teileinigung" im Zusammenhang mit Simmons' Klage "gegen die Städte und die Polizei, die Beweise gefälscht haben, um ihm einen Mord anzuhängen".
Kritik an systemischen Rassismus im US-Justizsystem
Ihr zu Unrecht verurteilter Mandant habe "eine tragische Zeitspanne im Gefängnis verbracht für ein Verbrechen, das er nicht begangen hat", sagte seine Anwältin Elizabeth Wang. "Obwohl er diese Zeit nie wieder zurückbekommen wird, ermöglicht ihm dieser Vergleich mit Edmond, nach vorne zu schauen und zugleich weiterhin seine Ansprüche geltend zu machen" – gegen Oklahoma City und einen leitenden Polizeibeamten.
In den USA werden immer wieder schwerwiegende Fehlurteile verhängt. Betroffen sind oft Angehörige von Minderheiten wie Afroamerikaner, die sich häufig keine guten Anwälte leisten können. Kritiker sehen einen systemischen Rassismus im US-Justizsystem.
- Nachrichtenagentur AFP