"Feuer im Kopf" Engländerin spricht plötzlich mit US-Akzent – der Grund ist ernst
Becky P. ist schwanger, als sie plötzlich neurologische Aussetzer hat. Während der Geburt ihres Kindes liegt die Engländerin im Koma.
Ein Abendessen in diesem Sommer verlief für Becky P. und ihren Partner Chad M. ganz anders als erwartet: Die 31-jährige Engländerin sprach auf einmal mit amerikanischem Akzent. Was zunächst kurios klingt, entpuppte sich als lebensbedrohliche Situation. Ärzte diagnostizierten bei der Frau die Autoimmunerkrankung Anti-NMDAR-Enzephalitis, auch "Feuer im Kopf" genannt. Dies berichtete unter anderem die britische Tageszeitung "Wales Online".
Nach den Sprachaussetzern hatte Becky P. mehrere schwere Anfälle und kam ins Krankenhaus. Damit nicht genug: Die 31-Jährige war zu diesem Zeitpunkt schwanger. Dennoch versetzten die Ärzte sie in ein künstliches Koma. Drei Wochen später kam es dem Bericht zufolge zu Komplikationen bei der Schwangerschaft und das Baby musste geholt werden. Becky P. bekam von all dem nichts mit. Sie verpasste den ersten Lebensmonat des neugeborenen Kindes.
Lebensbedrohliche Entzündung des zentralen Nervensystems
Bei der Autoimmunerkrankung Anti-NMDAR-Enzephalitis handelt es sich um eine lebensbedrohliche Entzündung des zentralen Nervensystems. Der Körper bildet Abwehrstoffe gegen ein Protein, das bei der Signalübertragung im Gehirn eine wichtige Rolle spielt, den sogenannten NMDA-Rezeptor. Die Hirnentzündung kann schwere psychiatrische und neurologische Symptome hervorrufen. Dazu gehören anfangs unter anderem Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Verhaltensauffälligkeiten, Verwirrtheit und Angstzustände.
Im weiteren Verlauf kann es zu epileptischen Anfällen, Sprach- und Bewegungsstörungen sowie Entgleisungen des vegetativen Nervensystems, etwa Herzrhythmusstörungen und Dysregulation von Blutdruck und Körpertemperatur, kommen.
Hauptsächlich junge Frauen, aber auch Männer und Kinder können betroffen sein. Nicht immer findet sich ein Grund für die Autoimmunreaktion. Sie kann aber in Folge einer Tumorerkrankung entstehen. Bei Becky P. vermuten die Mediziner, die Entzündung wurde durch eine Zyste am Eierstock während ihrer Schwangerschaft verursacht. Laut einer von der American Academy of Neurology veröffentlichten Studie kommt die Erkrankung bei Schwangeren äußerst selten vor, schrieb "Wales Online".
Akzent von TikTok übernommen?
Dass die junge Frau zunächst in dem amerikanischen Akzent sprach und Tage später mehrere Anfälle folgten, passt zur Symptomatik. "Ich denke, dass sie den amerikanischen Akzent definitiv von TikTok übernommen hat, denn ein paar Wochen zuvor war sie ständig dort unterwegs", sagte Lebensgefährte Chad M. "Wales Online" über seine Partnerin. "Plötzlich, als sie mit dem Essen fertig war – bumm, verwandelte sie sich in diese amerikanische Person." Er betonte, dass seine Frau aus dem englischen Doncaster komme, wo sich der Vorfall auch ereignete und noch nie in den USA gewesen sei.
Einen Monat nach der Geburt des Babys verbesserte sich der Zustand der 31-Jährigen, sodass sie aufgeweckt werden konnte. Am 3. November sei "wahrscheinlich der erste Tag seit langer Zeit" gewesen, an dem Chad ein Gespräch mit Becky geführt habe, sagte er "Wales Online". "Sie ist immer noch sehr, sehr verwirrt. In einem Moment kuschelt sie sich an das Baby und ich sage: 'Schau dich an, du bist die beste Mutter der Welt.' Und drei, vier Minuten später sagt sie: 'Das ist nicht mein Baby'."
Der frisch gebackene Vater sagte, die Genesung könne bis zu fünf Jahre dauern. "Und jetzt ist da noch die Sorge, wer Becky sein wird, wenn es ihr besser geht."
- walesonline.co.uk: "Mum gives birth in coma after she started speaking with American accent" (englisch)
- ndr.de: "Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis erkennen und behandeln"
- charite.de: "Charité-Wissenschaftler behandeln erfolgreich Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis"