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Nach Schussverletzungen: Warum verweigern Zeugen Jehovas Bluttransfusionen?


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"Selbst wenn es den Tod zur Folge hat"
Blut-Glaube der Zeugen Jehovas wird zum Problem für Retter


Aktualisiert am 10.03.2023Lesedauer: 3 Min.
Blutspende: Aus theologischen Gründen lehnen die Zeugen Jehovas Bluttransfusionen ab.Vergrößern des Bildes
Blutspende: Aus theologischen Gründen lehnen die Zeugen Jehovas Bluttransfusionen ab. (Quelle: Rupert Oberhäuser via www.imago-images.de/imago-images-bilder)

Bei Schussverletzungen verlieren Menschen viel Blut. Blutspenden sind in solchen Fällen überlebenswichtig. Die Zeugen Jehovas lehnen die Transfusion dennoch ab.

Bei einem Anschlag in einem Gotteshaus der christlichen Glaubensgemeinschaft Zeugen Jehovas in Hamburg wurden am Donnerstag mindestens acht Menschen erschossen, mehr als ein Dutzend wurde verletzt. Bei dem Großeinsatz von Polizei und Rettungsdiensten konnten offenbar viele Menschen gerettet werden. Doch Medien berichteten zwischenzeitlich von Verletzten, die möglicherweise aus religiösen Gründen eine Bluttransfusion ablehnten – und sich dadurch in Gefahr begaben.

Bislang konnten diese Informationen nicht bestätigt werden. Und doch: In der Vergangenheit gab es immer wieder Berichte, dass Zeugen Jehovas überlebenswichtige Bluttransfusionen ablehnten und in Einzelfällen sogar starben. Denn in ihrem Alltag befolgen die Zeugen Jehovas strenge Regeln. Neben Transfusionen lehnen sie aufgrund ihrer Glaubensüberzeugung etwa Organtransplantationen ab. Doch warum eigentlich – und wie reagieren Ärzte, wenn ein Patient benötigte Bluttransfusionen entschieden ablehnt? Der Überblick.

"Selbst wenn es den Tod zur Folge hat"

Klar ist: Menschen mit Schussverletzungen verlieren schnell viel Blut. Um in einer solchen Ausnahmesituation überleben zu können, muss oftmals sofort Blut transferiert werden, "sonst verbluten sie einfach", sagt Stephan David Küpper, Pressesprecher des Blutspendedienstes des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) West, t-online. Schon der Verlust von eineinhalb Litern Blut kann zum Tod führen.

Deutsche Ärzte haben dabei klare Vorgaben. "Jede Behandlung bedarf der Einwilligung der Patientin und des Patienten", sagt ein Sprecher der Deutschen Krankenhausgesellschaft. "Stimmen diese einer Behandlung nicht zu, darf das Krankenhaus nicht behandeln, selbst wenn es den Tod zur Folge hat."

Eine spezielle Situation stellt jedoch die Notfallversorgung dar, denn jeder Mensch ist laut dem Strafgesetzbuch dazu verpflichtet, im Rahmen seiner Möglichkeiten Hilfe zu leisten. Das gilt insbesondere dann, wenn der Betroffene seinen Willen nicht äußern kann. Viele Zeugen Jehovas verfügen für einen solchen Fall über eine Patientenverfügung, die auch in Notfällen Bluttransfusionen ablehnt.

Ethische Leitlinien für den Umgang mit Jehovas Zeugen

Zur Behandlung von Zeugen Jehovas haben viele Krankenhäuser eigene Leitlinien erstellt, um medizinisches Personal abzusichern. In der Handlungsempfehlung der Uniklinik Düsseldorf heißt es beispielsweise: "Die festgelegten Behandlungswünsche und -ausschlüsse müssen (...) im Behandlungsverlauf Beachtung finden, allerdings sollte der Willen des Patienten gerade bei kritisch werdender Situation regelmäßig reevaluiert werden und eine Transfusion als Option immer wieder angeboten werden."

Erwähnt wird auch, dass Mitglieder der Glaubensgemeinschaft von anderen Angehörigen unter Druck gesetzt werden könnten. Es wird deshalb empfohlen, die Patientin oder den Patienten alleine zu sprechen.

Warum die Zeugen Jehovas Transfusionen ablehnen

Die ablehnende Haltung der Zeugen Jehovas ist nicht medizinischer, sondern religiöser Natur. Sowohl im Alten als auch im Neuen Testament stehe, sie sollten sich von Blut fernhalten, so die Zeugen Jehovas auf ihrer Internetseite. Letztendlich gebe es zwei Gründe: Gottesgehorsam und Respekt vor Gott als Lebensgeber im Sinne ihres Glaubens, wie Sie hier nachlesen können.

Setzen sich Mitglieder der Gemeinschaft darüber hinweg, droht ihnen Strafe. Die Uniklinik Düsseldorf verweist auf Berichte von Betroffenen, die zeigten, dass "Isolierung und Ausschluss", auch innerhalb der Familien, drohe.

Glaubt man den Zeugen Jehovas, sind Bluttransfusionen in den zurückliegenden Jahrzehnten durch neue Behandlungsmethoden ohnehin weniger notwendig geworden – so argumentieren sie zumindest auf ihrer Internetseite. So sei es "eine völlig haltlose Behauptung", dass jedes Jahr Zeugen Jehovas und deren Kinder sterben würden, weil sie Bluttransfusionen ablehnen. Operationen, orthopädische Eingriffe und Organtransplantationen würden demnach auch ohne Bluttransfusionen durchgeführt.

DRK-Sprecher Küpper zufolge muss jedoch klar unterschieden werden zwischen geplanten medizinischen Einsätzen und der akuten Notfallversorgung. Er sagt: In letzterer Situation entscheiden Bluttransfusionen über Leben und Tod.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Stephan David Küpper, Pressesprecher des DRK-Blutspendedienstes West
  • Paul-Ehrlich-Institut
  • Handlungsempfehlungen der Uniklinik Düsseldorf für den Umgang mit Jehovas Zeugen
  • jw.org: "Warum akzeptieren Jehovas Zeugen keine Bluttransfusionen?"
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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