"Terroristischer Akt" Tote in US-Supermarkt: Täter erschoss Menschen gezielt
Sie wollten Lebensmittel einkaufen – doch der Gang zum Supermarkt wurde zum Alptraum. Ein Schütze eröffnete das Feuer, mehrere Menschen starben. Der mutmaßliche Täter veröffentliche zuvor ein detailliertes Manifest.
Ein Verbrechen mit mutmaßlich rassistischem Hintergrund erschüttert die USA: Ein 18-jähriger Weißer hat in der Stadt Buffalo mutmaßlich das Feuer in einem vor allem von Schwarzen besuchten Supermarkt eröffnet und zehn Menschen getötet. Drei weitere Menschen wurden verletzt. "Wir untersuchen diesen Vorfall sowohl als Hassverbrechen als auch als Fall von rassistisch motiviertem, gewaltbereitem Extremismus", sagte ein Ermittler der US-Bundespolizei FBI am Samstag (Ortszeit). Die Gouverneurin des Bundesstaates New York, Kathy Hochul, bezeichnete die tödlichen Schüsse als Terrorismus. Nach Polizeiangaben waren 11 der 13 Opfer schwarz.
Der mutmaßliche Schütze sei direkt nach der Tat in Gewahrsam genommen worden, sagte Bürgermeister Byron Brown. Wenige Stunden später wurde er laut Medienberichten des Mordes ersten Grades angeklagt. Vor Gericht plädierte der 18-Jährige auf nicht schuldig. Eine Freilassung auf Kaution wurde ihm den Berichten zufolge nicht gewährt. Falls der 18-Jährige verurteilt werden sollte, drohe ihm eine lebenslange Haftstrafe ohne Chance auf Begnadigung, hieß es.
Auf Videos und Fotos war zu sehen, wie der 18-Jährige in weißem Anzug und mit Gesichtsmaske vor Richter Craig Hannah im Gericht von Buffalo sitzt.
"Terroristischer Akt"
Nach US-Medienberichten ermitteln die Behörden zu einem detaillierten "Manifest" des Täters, das vor den Schüssen online veröffentlicht worden sein soll und in dem der Mann sein Vorhaben und seine rassistischen Beweggründe darlegt. Die halbautomatische Waffe des Täters soll nach einem Bericht der Lokalzeitung "The Buffalo News" ebenfalls eine rassistische Inschrift tragen sowie die Zahl 14 – ein Bezug zu weißen Rassisten.
Das FBI definiert Hassverbrechen vor allem als solche, bei denen die Täterin oder der Täter Opfer auf Grundlage von Hautfarbe, Herkunft oder Religion angreift.
Ein Sprecher des Streamingdienstes Twitch bestätigte der Nachrichtenagentur AFP, dass der junge Tatverdächtige den Angriff auf der Streamingplattform Twitch live übertragen habe, der Stream sei aber nach wenigen Minuten von Twitch gelöscht worden. Es werde nun unter anderem überwacht, dass nicht andere Seiten den Inhalt erneut senden.
Gouverneurin Hochul, die nach der Tat nach Buffalo geflogen war, sagte, der Täter sei ein Rechtsextremist, der einen "terroristischen Akt" begangen habe. Sie hoffe aufrichtig, dass er den Rest seiner Tage hinter Gittern verbringen werde. Hochul ging auch mit sozialen Netzwerken ins Gericht, die strengere Regulierung bräuchten. Sie sagte, dass sich rassistisches Gedankengut in dort wie "ein Virus" oder "Lauffeuer" ausbreite. "Diese Theorien, die zur Radikalisierung eines jungen Menschen führen, der in seinem Haus sitzt, sind zutiefst beängstigend. Und das ist etwas, um das wir uns kümmern müssen", sagte die Gouverneurin.
Schütze handelte allein
Bürgermeister Brown betonte, der junge Mann sei nicht aus Buffalo, sondern von außerhalb angereist. "Der Schütze reiste stundenlang von außerhalb dieser Gemeinde an, um dieses Verbrechen an den Menschen in Buffalo zu verüben", so Brown. Der 18-Jährige kommt Berichten zufolge aus dem mehr als 320 Kilometer entfernten Ort Conklin.
Die Tat ereignete sich ab 14.30 Uhr Ortszeit in Buffalo. Auf dem Parkplatz des Supermarktes eröffnete der Tatverdächtige das Feuer auf mehrere Menschen und betrat dann den Laden, in dem er sich der Polizei später ergab. Nach Angaben von Polizeichef Joseph Gramaglia hatte er eine Kamera dabei und trug einen Helm. Auf Bildern der Festnahme war zu sehen, dass der Mann Armeekleidung trug. Nach ersten Erkenntnissen handelte der Schütze allein.
Bei dem Angriff im Westen des Bundesstaats New York handelt es sich um das schwerste Verbrechen eines Schützen in den USA seit mehr als einem Jahr. Im Sommer 2019 hatte ein rassistisch motivierter Täter in einem Supermarkt in El Paso (Texas) mehr als 20 Menschen getötet.
Warmer Frühlingstag in Buffalo
Das schockierende Verbrechen traf Buffalo an einem warmen Frühlingstag, an dem die Menschen den Sonnenschein und Freizeitaktivitäten wie Barbecues genossen hätten, sagte Bürgermeister Brown. "Was als ein schöner Tag in der Stadt Buffalo begann, hat sich in einen schrecklichen Tag verwandelt. Ein Tag, der jedem Mitglied unserer Gemeinschaft das Herz bricht."
Der Supermarkt befindet sich mehrere Kilometer nördlich vom Stadtzentrum Buffalos in einer Gegend, die vor allem von Schwarzen bewohnt wird. "Warum kommt ein Weißer hierher und schießt in einem schwarzen Supermarkt?", fragte eine Anwohnerin im örtlichen Fernsehen.
Ein Polizist beschrieb den Tatort in der Zeitung "The Buffalo News": "Es ist, als würde man in einen Horrorfilm hineinlaufen, aber alles ist real". Die Zeitung zitierte auch einen Mitarbeiter des Supermarkts, der eigenen Angaben nach kurz vor dem Vorfall in den Kühlraum gegangen war. "Ich versteckte mich. Ich habe mich einfach versteckt. Ich wollte den Raum nicht verlassen", sagte er.
Täter schoss Menschen gezielt in den Kopf
Im Supermarkt lief der mutmaßliche Täter der Polizei zufolge die Gänge ab und schoss seinen Opfern gezielt in den Kopf. Ein Wachmann habe auf den 18-Jährigen geschossen, doch die Kugeln seien in dessen schusssicherer Weste stecken geblieben. Der Wachmann wurde dann von ihm getötet.
Der 18-Jährige richtete die Waffen gegen sich, als die Polizei am Tatort eintraf, er konnte Polizeiangaben zufolge aber letztlich zum Aufgeben überredet werden.
Rassismus von Rechtsradikalen wird in den USA von vielen Menschen nicht erst seit der "Black Lives Matter"-Bewegung als wachsendes und gefährliches Problem wahrgenommen. Die Anti-Rassismus-Organisation Anti-Defamation League (ADL) schreibt, "White Supremacists" gingen davon aus, dass die Weißen Gefahr liefen, auszusterben. Sie glaubten, dass fast alle Taten gerechtfertigt seien, die dazu beitrügen, Weiße zu "retten".
Biden reagierte entsetzt
Immer wieder kommt es in den USA zu tödlichen Vorfällen mit Schusswaffen, zu Schießereien oder zu Taten, in denen eine Person in Schulen, Supermärkten oder anderen öffentlichen Einrichtungen das Feuer eröffnet. Mehr als 40.000 Menschen sterben in den Vereinigten Staaten jährlich durch Schusswaffen – ein Vielfaches im Vergleich mit Deutschland oder anderen Industriestaaten.
Schuld daran ist neben teils sehr laxen Regeln für die Besorgung auch schwerer automatischer Gewehre ein florierender Schwarzmarkt, gegen den die Regierung in Washington bislang mit wenig Erfolg vorzugehen versucht. Nach einer jüngsten Umfrage von YouGov im Auftrag der Zeitschrift "Economist" befürworten inzwischen 45 Prozent der Befragten in den USA strengere Waffengesetze, 14 Prozent sprechen sich hingegen für Lockerungen aus.
US-Präsident Joe Biden reagierte entsetzt auf die Tat und bezeichnete sie als "schrecklich". "Der Präsident und die First Lady beten für die Opfer und ihre Angehörigen", hieß es aus dem Weißen Haus. Die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, bezeichnete die Schüsse als "Inlandsterrorismus". Dieses Thema brauche größere Aufmerksamkeit, sagte Pelosi am Sonntagmorgen (Ortszeit) dem Sender CNN. Zentral im Kampf gegen solche Verbrechen seien auch strengere Waffengesetze.
Buffalo ist nach New York City die zweitgrößte Stadt des Bundesstaats. Der Ort mit rund 280.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist nur wenige Kilometer von den Niagarafällen entfernt.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP