Polizeieinsatz in Bayern Fahrgäste in Bus auf A9 bedroht – Versuchter Mord?
Ein Mann soll in einem Reisebus auf der A9 in Bayern Mitfahrende attackiert haben. Zuerst berichtet die Polizei über eine Geiselnahme – das bewahrheitet sich jedoch nicht. Nun wird wegen versuchten Mords ermittelt.
Bei der Bedrohungslage in einem Reisebus auf der Autobahn 9 in Mittelfranken am späten Dienstagabend hat es sich, anders als zunächst von der Polizei angenommen, nicht um eine Geiselnahme gehandelt. Befragungen von Zeugen ergaben, dass sich drei Männer freiwillig mit dem Tatverdächtigen in dem Reisebus befanden, wie das Polizeipräsidium Mittelfranken am Mittwoch in Nürnberg mitteilte.
Der 30-Jährige soll in dem Reisebus unvermittelt einen jungen Mann angegriffen haben. Nun wird gegen ihn wegen versuchten Mordes ermittelt. In Untersuchungshaft kam der Mann aber nicht: Es sei nicht auszuschließen, dass er sich in einem psychischen Ausnahmezustand befinde, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Ein Ermittlungsrichter habe einen Unterbringungsbefehl erlassen, der Mann sei in eine entsprechende Fachklinik gekommen.
Die Polizei hatte am Dienstagabend wegen der unklaren Lage für mehrere Stunden die A9 bei Greding voll gesperrt. Vorausgegangen war ein Notruf mit dem Hinweis auf einen heftigen Streit und eine mögliche Bedrohungslage. Außerdem gab es den Verdacht, dass der 30-Jährige bewaffnet war – dies bestätigte sich aber nicht.
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In dem Reisebus befanden sich 14 serbische Staatsangehörige, elf Fahrgäste und drei Busfahrer. Der Tatverdächtige soll am Dienstagabend den vor ihm sitzenden 20-Jährigen unvermittelt angegriffen, ihn auf den Boden geschleudert und ihm mehrmals gegen den Kopf getreten haben. Der 20-Jährige kam ins Krankenhaus, wurde aber noch in der Nacht zum Mittwoch entlassen. Außerdem soll der mutmaßliche Täter einer 24-Jährigen ins Gesicht geschlagen haben. Er soll Todesdrohungen und weitere wirre Gedanken geäußert haben, teilte die Polizei mit.
Mann ließ sich widerstandslos festnehmen
Nach der Attacke verließen die Passagiere den Bus. Die Busfahrer blieben im Fahrzeug, bis die Polizei sie telefonisch auch zum Verlassen aufforderte. Schließlich konnte der 30-Jährige von einem Spezialeinsatzkommando widerstandslos festgenommen werden.
Eine Geiselnahme habe zu keinem Zeitpunkt vorgelegen, sagte ein Polizeisprecher. Auch der Verdacht, dass der Mann eine Waffe bei sich getragen habe, habe sich nicht bewahrheitet. Man habe die Lage am Dienstagabend von außen nicht sofort klären können, erklärte der Sprecher am Mittwoch. Fahrgäste hätten von einer bedrohlichen Lage und auch einer Waffe gesprochen. Es gebe aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der 30-Jährige die Busfahrer – die sich zuletzt noch mit ihm in dem Reisebus aufhielten – gewaltsam festgehalten habe.
Noch keine Angabe zum Motiv
Zum Motiv der Attacken machte die Polizei keine Angaben. Hinweise auf einen Einfluss berauschender Mittel hätten sich nicht ergeben. Die Reisegäste und die Busfahrer wurden psychologisch betreut. Nach einer Übernachtung im Hotel sei ihnen ein Ersatzbus für die Weiterfahrt nach Belgrad organisiert worden. Am Mittwochmorgen hieß es vonseiten der Polizei, der Verdächtige sei bereits vernommen worden. Diese Angabe wurde später zurückgezogen. Es habe noch keine Vernehmung stattgefunden.
Ein psychiatrischer Sachverständiger sei am Mittwoch zu dem Schluss gekommen, dass eine verminderte Schuldfähigkeit nicht auszuschließen sei, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Schuldfähigkeit wäre aber Voraussetzung für einen Haftbefehl. Zur Tat äußerte sich der 30-Jährige nicht, das Motiv ist weiter unklar. Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst Haftantrag wegen versuchten Totschlags gestellt. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte, der Ermittlungsrichter habe dann auf den Vorwurf des versuchten Mordes entschieden. Denn das 20-jährige Opfer soll geschlafen haben, als es angegriffen wurde – das könnte das Mordmerkmal "Heimtücke" erfüllen.
Der Bus war unterwegs in Richtung München und sollte laut Polizei weiter nach Serbien fahren. Nach serbischen Medienberichten handelt es sich um einen Linienbus des Unternehmens Lasta auf der Linie Dortmund-Belgrad. Diese Busse werden vor allem von ausländischen Arbeitskräften und deren Angehörigen genutzt. Laut Polizei wurden die Fahrgäste von Notfallseelsorgern betreut, ihnen sei eine Hotelübernachtung und ein Ersatzbus für die Weiterfahrt nach Belgrad organisiert worden.
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa