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Zum journalistischen Leitbild von t-online.THW-Experte über tödlichen Hoteleinsturz "Ich hätte das nicht gemacht"
Nach dem Teileinsturz eines Hotels an der Mosel laufen die Rettungsarbeiten. Kritik übt jetzt ein Experte an zuvor umgesetzten Umbauarbeiten.
Zwei Tote, acht teils schwer verletzte Personen: Das ist die verheerende Bilanz nach dem Teileinsturz des Hotels "Zum Ritter Götz" im Moselort Kröv in Rheinland-Pfalz. Die Rettungsarbeiten von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW) dauern an.
An dem Gebäude waren derzeit Bauarbeiten im Gange. Zudem wurde das 1685 erbaute Haus in den 1980er Jahren um zwei Geschosse aufgestockt. Könnte das der Grund für den Einsturz sein? Für Albrecht Broemme, von 2006 bis 2019 Präsident des Technischen Hilfswerks, ein naheliegender Gedanke.
- Hotel-Teileinsturz an der Mosel: Die aktuellen Entwicklungen im Newsblog
"Ich hätte es bei so einem alten Fachwerkhaus nicht gemacht", sagt er im Gespräch mit t-online. Auch wenn er nachvollziehen könne, dass man damals möglicherweise mehr Zimmer haben wollte. Aber ein zweistöckiges Gebäude so zu erweitern, sei ein starker Eingriff. "Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen", so Broemme. Es sei eine sehr mutige Maßnahme.
"Es ist die Frage, ob die Aufstockung richtig berechnet wurde", sagt er. Auch wenn das zuträfe, können sich die Rahmenbedingungen für jahrhundertealte Gebäude verändern: "Viele Gebäude wurden zu einem Zeitpunkt gebaut, an dem das Grundwasser viel höher stand", erklärt der 71-Jährige. Eine Veränderung des Grundwassers verändere nun mal das Fundament. Dabei seien solche Häuser eigentlich sicher: "Ein Fachwerkhaus bleibt ewig stehen. Von allein stürzt es nicht ein", sagt Broemme.
Auch die aktuellen Arbeiten als mögliche Ursache müssen geprüft werden. Wäre das in der Türkei passiert, hätte es geheißen, "Ach, das ist die Türkei." Aber es sei an der Mosel passiert, in einem alten Fachwerkhaus. "Da sollte man sich schon die Frage stellen: Wie kann so was bei uns passieren?" Von Pfusch am Bau geht Broemme dagegen nicht aus: "Da spricht nichts dafür."
Braucht es für solche historischen Gebäude einen Gebäude-TÜV? "Ja, alle hundert Jahre", erklärt Broemme. So könnten die veränderten Rahmenbedingungen gesehen und notwendige Änderungen umgesetzt werden. Eine dauerhafte Überwachung halte er jedoch nicht für nötig.
Retter arbeiten unter Lebensgefahr
Neben der Suche nach den Ursachen steht die Rettung der Verschütteten im Vordergrund. Eine Gefahr für die Einsatzkräfte. "Die Retter arbeiten unter Lebensgefahr", sagt Broemme. Doch nicht nur ihr eigenes Leben sei gefährdet. "Sie müssen verhindern, dass verschüttete Menschen bei einem weiteren Teileinsturz getötet werden."
Das bedeute etwa, dass nicht Hunderte Leute gleichzeitig das Gebäude betreten. Es müsse der Straßenverkehr weiträumig abgesperrt werden, um Erschütterungen und Krach zu vermeiden. Aber auch die Retter selbst müssen diszipliniert vorgehen. Diese seien natürlich nervös, aber auch darauf trainiert, mögliche Gefahren zu erkennen. Auch Angst sei dabei hilfreich: "Angst ist immer gut." Diese helfe einem, äußerst vorsichtig zu sein. Wichtig sei es auch, den Kontakt zu den Verschütteten zu halten.
Das THW mache dabei eine ganz wichtige Aufgabe, so Broemme. Sie seien die Spezialisten, um den Gebäudeschaden zu beurteilen und die Opfer zu bergen.
Die Überlebensmöglichkeiten der verschütteten Frau schätzt Broemme als gut ein. Er glaubt, dass sie noch heute aus den Trümmern geborgen wird.
- Telefonat mit Albrecht Broemme