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Würzburg: Experten halten Messerstecher für schuldunfähig


Schreckenstat im Juni
Experten halten Messerstecher von Würzburg für schuldunfähig

Von dpa
Aktualisiert am 22.10.2021Lesedauer: 3 Min.
Blumen liegen im Juni am Tatort der Messerattacke in Würzburg: Gutachter halten den Täter für schuldunfähig.Vergrößern des Bildes
Blumen liegen im Juni am Tatort der Messerattacke in Würzburg: Gutachter halten den Täter für schuldunfähig. (Quelle: HMB-Media/reuters)

Ein Flüchtling hatte im Juni drei Frauen in Würzburg getötet.

Der Würzburger Messerstecher war bei seiner Attacke auf Passanten Ende Juni nach psychiatrischer Einschätzung schuldunfähig. Die beiden im Ermittlungsverfahren beauftragten Sachverständigen kämen unabhängig voneinander jeweils zu diesem Ergebnis, teilten das Bayerische Landeskriminalamt und die Generalstaatsanwaltschaft München am Freitag in München mit.

Was genau den Somalier zu dem Angriff auf ihm offensichtlich unbekannte Menschen trieb, ist allerdings weiter unklar. Befürchtungen kurz nach der Tat, der Flüchtling habe aus terroristischen Gründen oder religiösen Überzeugungen gehandelt, bestätigten sich bisher nicht. Hinweise auf Mitwisser oder Mittäter sowie auf einen extremistischen Hintergrund gebe es weiterhin nicht, teilten die Ermittler am Freitag mit. Drogen oder Alkohol hatte der Somalier laut toxikologischem Gutachten nicht eingenommen.

Staatsanwaltschaft will dauerhafte Unterbringung in Psychiatrie

Mit dem neuerlichen Gutachten spricht nun vieles dafür, dass es gegen den 32-Jährigen ein sogenanntes Sicherungsverfahren – wahrscheinlich vor dem Landgericht Würzburg – geben wird. Bei solchen Verfahren geht es um die Unterbringung eines Beschuldigten in einer Psychiatrie. Die Staatsanwaltschaft schreibt dafür auch keine Anklage wie in normalen Strafverfahren, sondern eine Antragsschrift: Bis Ende des Jahres wolle die Generalstaatsanwaltschaft München die dauerhafte Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses beantragen, teilten die Ermittler am Freitag mit.

Der Beschuldigte bleibt bei diesem Vorgehen Beschuldigter und wird nicht zum Angeklagten. Dennoch gibt es eine Verhandlung vor Gericht – in diesem Fall wohl vor einer Schwurgerichtskammer.

Drei Frauen starben bei Angriff

Die Ermittler betonten am Freitag, die Einschätzung als schuldunfähig bedeute nicht, dass es Zweifel an der Täterschaft des Mannes gebe oder er unschuldig sei. Er war am 30. September vernommen worden und hatte dabei den Tatablauf detailliert geschildert. Weitere Angaben zu den Aussagen machten die Ermittler zunächst nicht.

Erwiesen ist, dass der Migrant am 25. Juni in der Mainstadt auf ihm offensichtlich unbekannte Menschen eingestochen hat. Drei Frauen starben, fünf Menschen wurden lebensgefährlich verletzt. Zudem gab es vier Leichtverletzte. Die Ermittler hatten auf Basis eines ersten psychiatrischen Gutachtens am 20. Juli bereits mitgeteilt, dass der Mann zur Tatzeit möglicherweise schuldunfähig war.

"Er ist medikamentös gut eingestellt"

Der Beschuldigte ist seit Monaten in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. "Er macht mittlerweile einen guten Eindruck, ist psychisch gefestigt", sagte sein Rechtsanwalt Hanjo Schrepfer der Deutschen Presse-Agentur. "Er ist medikamentös gut eingestellt." In seiner Vernehmung vor wenigen Wochen habe er die Messerattacke bedauert.

Zeugen wollen während des Messerangriffs zweimal den Ausruf "Allahu Akbar" ("Gott ist groß") gehört haben. Dschihadisten und Salafisten benutzen den Ausdruck oft wie einen Schlachtruf. Damit kapern die Extremisten die zentrale religiöse Formel des Islams, die seit Jahrhunderten von Muslimen weltweit benutzt wird.

Keine Beweise zu Kontakt zu Terrororganisationen

Zudem soll der später mit einem Polizeischuss gestoppte Flüchtling im Krankenhaus einen Hinweis auf den Dschihad – also den "Heiligen Krieg" – gegeben haben. Daher hielten es die Ermittler bisher für naheliegend, dass der Mann islamistisch motiviert gewesen sein könnte. Das Motiv ist aber weiter unbekannt. Beweise, dass der Somalier in eine Terrororganisation eingebunden gewesen ist, gibt es bisher nicht.

Anfangs waren die Ermittler davon ausgegangen, dass der Verdächtige 24 Jahre alt ist, weil er bei seiner Einreise nach Deutschland 1997 als Geburtsjahr angegeben hatte. Bei einer ärztlichen Untersuchung Mitte Juli sprach er den Ermittlern zufolge dann von 1989 als Geburtsjahr.

Der Somalier wurde 2015 in Deutschland erstmals registriert. Seither war er mehrmals wegen psychischer Probleme aufgefallen. Vor der Tat hatten die Behörden nach eigenen Angaben aber keine Hinweise darauf, dass der Mann andere Menschen gefährden könnte. Vor dem Angriff lebte der Täter in einer Obdachlosenunterkunft in Würzburg.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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