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Heilbronn: Pflegemutter wegen Totschlags zu langer Haft verurteilt


Siebenjährigen getötet
Pflegemutter wegen Totschlags zu langer Haft verurteilt

Von dpa
Aktualisiert am 08.04.2019Lesedauer: 2 Min.
Prozess in Heilbronn: Die Angeklagte betritt den Gerichtssaal. Sie verbirgt ihr Gesicht hinter einem großen Briefumschlag.Vergrößern des Bildes
Prozess in Heilbronn: Die Angeklagte betritt den Gerichtssaal. Sie verbirgt ihr Gesicht hinter einem großen Briefumschlag. (Quelle: Archivbild/Roland Böhm/dpa)

Jahrelang wähnten die Eltern ihren Sohn bei der "Pflegeoma" in guten Händen. Dann, vor rund einem Jahr, passierte das Unfassbare. Die Frau tötete den Jungen. Nun erging das Urteil.

Wegen Totschlags an ihrem Pflegekind ist eine 70-jährige Frau zu zehneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Das Landgericht Heilbronn sprach die Frau am Montag schuldig, den Siebenjährigen erwürgt zu haben.

Es bestehe nicht der geringste Zweifel daran, dass die Angeklagte den Jungen vor rund einem Jahr vorsätzlich getötet habe, sagte der Vorsitzende Richter. Er sprach von einem Motivbündel. Die Angeklagte sei überlastet und aufgewühlt gewesen, außerdem sei die Tat durch eine depressive Störung der Frau geprägt gewesen. Es sei nicht auszuschließen, dass die Angeklagte zur Tatzeit in ihrer Steuerungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei.

Die der Familie des Jungen seit Jahren als "Pflegeoma" vertraute Deutsche soll das Kind mindestens drei Minuten lang gewürgt haben. Am nächsten Tag fanden die Eltern ihren Sohn tot in der Badewanne der Frau.

Staatsanwalt plädierte auf Mord

Im Gegensatz zu Staatsanwaltschaft und Nebenklage bewertete die Kammer die Tat vom April 2018 in Künzelsau (Baden-Württemberg) allerdings nicht als Mord. Die Anklage war erst nach der rund viereinhalb Monate dauernden Hauptverhandlung von der Anklage des Totschlags abgerückt. Der Staatsanwalt sah inzwischen das Mordmerkmal der niederen Beweggründe erfüllt. Die 70-Jährige habe das Kind aus Verlustängsten erwürgt, weil sie befürchtet habe, die Besuche könnten bald enden. "Für mich heißt das, dass man sich selbst wichtiger nimmt als das Leben eines anderen Menschen, eines kleinen Jungen."

Die Tat sei selbstherrlich und selbstsüchtig gewesen, so der Staatsanwalt. Weil ein psychiatrischer Gutachter eine verminderte Schuldfähigkeit der Frau nicht hatte ausschließen können, forderte die Anklage statt der für Mord eigentlich vorgesehenen lebenslangen Haftstrafe nur 13 Jahre.

Angeklagte: "Keine Worte für das, was passiert ist"

Die Verteidigerin war nur von fahrlässiger Tötung ausgegangen. Sie betonte, ihre Mandantin habe zum Zeitpunkt der Tat im April 2018 an einer akuten Depression gelitten und nicht überlegt gehandelt. "Ich schließe mich meiner Verteidigerin an. Ich finde keine Worte für das, was passiert ist", sagte die Angeklagte. Im Prozess hatte sie zwar die Verantwortung für den Tod des Kindes übernommen, nicht aber erklärt, wie und warum es dazu kam.


Die Eltern hatten betont, an dem Prozess teilzunehmen, um Antworten zu finden und das Geschehene verarbeiten zu können. "Die Angeklagte hat aus Sicht der Nebenklage nichts dazu beigetragen, diesen Schmerz zu lindern", so der Anwalt in seinem Schlussvortrag. Dass die Frau den Tod des Kindes bis zuletzt als Unglücksfall darstelle, empfinde die Familie als weiteren Schlag ins Gesicht.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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