Neue Stellungnahme Was der Corona-Expertenrat dem Bund empfiehlt
Wie wird der dritte Corona-Herbst aussehen? Der Expertenrat hat dafür drei Szenarien entwickelt – und sagt, welche Vorbereitungen die Bundesregierung nun auf jeden Fall treffen sollte.
Der Corona-Expertenrat hat die Bundesregierung aufgefordert, eine solide gesetzliche Grundlage für den kommenden Herbst und Winter zu schaffen. Es müsse etwa die Möglichkeit geben, Maßnahmen wie Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen zu verhängen, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme.
Bund und Länder müssten in der Lage sein, je nach Szenario schnell zu handeln. Zudem müssten die Pandemiemaßnahmen zentral koordiniert werden.
Drei Szenarien für den Herbst
Der Rat, zu dem neben anderen die Virologen Christian Drosten und Hendrik Streeck gehören, skizziert drei mögliche Szenarien für den kommenden Herbst und Winter:
► Das günstige Szenario: Es dominiert eine harmlosere Virusvariante als Omikron, deswegen sind stärker eingreifende Infektionsmaßnahmen gar nicht oder nur für Risikogruppen nötig. Ohne Kontaktbeschränkungen kann es allerdings zu einer Zunahme von anderen Infektionskrankheiten wie der Grippe kommen. Das könnte zu vermehrten Arbeitsausfällen führen und das Gesundheitswesen vor allem im Kinder- und Jugendbereich belasten.
► Das Basisszenario: Die Krankheitslast bleibt auf einem ähnlichen Niveau wie bei den derzeit dominanten Omikron-Varianten. Durch das kältere Wetter verbreitet sich das Virus wieder schneller. Masken und Abstand in Innenräumen und regionale Regeln zur Kontaktreduktion, wie etwa Obergrenzen für Veranstaltungen, könnten dann wieder notwendig werden.
► Das ungünstige Szenario: Eine Variante mit höherer Krankheitslast und leichterer Übertragbarkeit dominiert, auch vollständig Geimpfte mit Risikofaktoren könnten schwere Verläufe erleiden. Dadurch wird das Gesundheitssystem schwer belastet. Ergebnis: Maskenpflicht und Abstandsgebot würden bis zum Frühjahr 2023 gelten müssen, und das sogenannte Kleeblatt-Verlegungskonzept zur Verteilung der Erkrankten müsste wieder reaktiviert werden. Der Rat empfiehlt in diesem Szenario eine groß angelegte Kampagne für Auffrischungsimpfungen, eventuell müssten Impfstoffe angepasst werden. Sollte die Impfkampagne zu langsam laufen, könnten Kontaktbeschränkungen notwendig werden.
Dringend notwendige Vorbereitungen
Neben einer gesetzlichen Grundlage, kurzen Reaktionszeiten und einer zentralen Koordination der Maßnahmen empfiehlt der Rat weitere Vorbereitungen, die "in jedem Fall" getroffen werden müssten. Dazu gehört eine "bundesweit möglichst einheitliche und schnelle Kommunikation aller bestehenden Regelungen und Empfehlungen."
Patienten müssten zudem schon im Frühstadium der Erkrankung einen deutlich besseren Zugang zu antiviraler Medikation haben. Die Bundesregierung müsse sich zudem ein Konzept überlegen, wie sie mit neu aufkommenden besorgniserregenden Varianten umgehen wolle, etwa bei der Einreise ins Land. Das Kleeblatt-Konzept müsse zudem bundesweit verstetigt werden.
Am 23. September 2022 laufen Maßnahmen aus
Der Expertenrat geht insgesamt davon aus, dass im Herbst und Winter das Gesundheitssystem und die kritische Infrastruktur in jedem denkbaren Szenario erheblich belastet wird – auch im günstigen. In diesem Fall könnten andere Atemwegsinfektionen für die Belastung sorgen.
Hinzu komme die verbleibende Impflücke und die abnehmende Immunität. Auch darauf müssten sich das Gesundheitswesen, der öffentliche Sektor und die Bevölkerung vorbereiten. Der Expertenrat betont zudem, dass eine gründliche Datenerhebung und -auswertung im Kampf gegen die Pandemie zentral seien.
Notwendig wird eine Neuorganisation, weil die Schutzmaßnahmen zum 23. September 2022 auslaufen. Diese fußen auf dem Infektionsschutzgesetz, das die Ministerpräsidentenkonferenz am 16. Februar 2022 beschlossen hatte.
- Corona-Expertenrat: "Pandemievorbereitung auf Herbst/Winter 2022/23"