Katastrophen Hinterbliebenen-Expedition zum "Estonia"-Wrack unterwegs
Tallinn (dpa) - Neue Expedition zum Wrack der 1994 gesunkenen Ostsee-Fähre "Estonia": Ein privat finanziertes Expertenteam aus Estland ist am Wochenende zur Unglücksstelle aufgebrochen.
Im Auftrag der Hinterbliebenen-Organisation der Opfer der Schiffskatastrophe stach ein Forschungsschiff am Samstag im niederländischen Eemshaven in See. Es soll voraussichtlich am Mittwoch am Unglücksort eintreffen und dort neue Untersuchungen einleiten, berichtete die estnische Zeitung "Postimees" am Montag. Dabei sollen verschiedene Sonargeräte zum Einsatz kommen, um das Schiff und den Meeresboden zu untersuchen.
Geleitet wird die parallel zu einer offiziellen Untersuchung durch staatliche Behörden erfolgende Expedition vom früheren estnischen Staatsanwalt und "Estonia"-Ermittler Margus Kurm. "Unser Ziel ist es, alle Schäden am Wrack der Estonia zu kartografieren, zu filmen und zu scannen sowie das Autodeck und die Umgebung des Wracks zu untersuchen", sagte er.
Der Untergang der "Estonia" gilt als die schwerste Schiffskatastrophe in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Fähre war in der Nacht zum 28. September 1994 mit 989 Menschen an Bord auf ihrem Weg von Tallinn nach Stockholm vor der finnischen Südküste gesunken. 852 Menschen starben, nur 137 überlebten. Dem offiziellen Untersuchungsbericht aus dem Jahr 1997 zufolge war das abgerissene Bugvisier die Ursache für den Untergang. Es gibt bis heute aber Zweifel an der Unglücksursache.
Überlebende und Hinterbliebene fordern bereits seit langem eine Wiederaufnahme der Untersuchungen. Dokumentarfilmer hatten im Vorjahr die Diskussion wieder aufleben lassen - sie hatten mit einem Tauchroboter unter anderem Löcher im Schiffsrumpf entdeckt. Bestätigt wurden diese im Zuge einer daraufhin von den Untersuchungsbehörden in Estland, Schweden und Finnland eingeleiteten Vorstudie am Wrack. Umfassendere offizielle Untersuchungen sollen nach der vollständigen Auswertung der gesammelten Daten im Frühjahr 2022 folgen.