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Corona-Talk bei "Lanz" – Intensivpfleger offenbart: "Das ist so unwürdig"


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Intensivpfleger bei "Markus Lanz"
"Da wird Geld generiert bis zum letzten Atemzug"

Eine TV-Kritik von Nina Jerzy

Aktualisiert am 07.05.2021Lesedauer: 4 Min.
Ricardo Lange (Archivbild): Der Intensivpfleger äußerte sich bei "Markus Lanz" zur Lage in den deutschen Kliniken.Vergrößern des Bildes
Ricardo Lange (Archivbild): Der Intensivpfleger äußerte sich bei "Markus Lanz" zur Lage in den deutschen Kliniken. (Quelle: imago images)
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Wenn ein Krankenpfleger Corona-Tote in schwarze Plastiktüten stecken muss, "dann macht das was mit einem". Ricardo Lange schildert bei Lanz die menschenverachtenden Folgen des Pflegenotstands.

Die Gäste

  • Ricardo Lange, Intensivpfleger
  • Friedrich Merz, CDU-Politiker
  • Claudia Kemfert, Energieökonomin
  • Nicole Diekmann, ZDF-Journalistin


Früher konnte sich Intensivpfleger Ricardo Lange von gestorbenen Patienten verabschieden. Und wenn es nur durch die besonders sorgsame Behandlung des Leichnams war. Heute steckt der Pfleger Corona-Tote in schwarze Plastiksäcke und zieht den Reißverschluss zu. "Das macht was mit einem", sagte Lange am Donnerstagabend bei "Markus Lanz": "Das ist so unwürdig." Damit meinte er nicht nur die Behandlung der Verstorbenen, sondern auch die Folgen für das Pflegepersonal.

Lange hatte in der vergangenen Woche viel Aufmerksamkeit erhalten, als er neben Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der Bundespressekonferenz von seinem Berufsalltag erzählte. Immer wieder hat der Pfleger, der beim "Tagesspiegel" eine Kolumne schreibt, in den vergangenen Monaten kritisiert, dass er und seine Kollegen durch ihre Fürsorge für die Patienten emotional erpressbar sind und das Gesundheitssystem trotz eklatantem Pflegenotstand am Laufen halten. Mittlerweile aber ist es für Lange noch schlimmer. "Für mich ist das sogar schon emotionale Vergewaltigung", sagte er. "Es ist ein hartes Wort. Aber genau so fühlt es sich einfach an."

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Intensivpfleger klagt bei Lanz an

Der Berliner bezog sich auf einen Notfall, der ihm offenbar immer noch so nahe geht, dass er ihn nicht aus der Ich-Perspektive schildern konnte. Er rettete sich ins neutralere "man". Lange musste sich wegen der Personalnot um drei statt um zwei Patienten auf der Intensivstation kümmern. Der dritte Patient lag in einem anderen Zimmer, geriet in Atemnot und riss sich in Panik die Sauerstoffmaske vom Gesicht, was der Pfleger zunächst nicht bemerkte. Er fand beim Betreten des Zimmers einen leblosen Körper vor. Zwar gelang es Lange, den Patienten wiederzubeleben. "Man kommt trotzdem nach Hause und fühlt sich einfach schlecht, denn es war mein Patient, für den ich verantwortlich war. Und aufgrund von Personalmangel muss ich zu Hause sitzen und mir Vorwürfe machen. Aber man kann ja nichts dafür."

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Lange machte die Privatisierung der Krankenhäuser für die Misere verantwortlich. "Kliniken sind momentan eher Fabriken, wo die Ware Mensch hineinkommt und da wird Geld generiert bis zum letzten Atemzug", sagte er. "Da wird halt immer am Mensch gespart, am Personal gespart." Der Pfleger zeigte sich aber auch entsetzt von Anfeindungen, denen er wegen seiner öffentlichen Äußerungen ausgesetzt ist. Mit Verschwörungstheorien, dass da ja nur Puppen in den Intensivbetten lägen, kommt Lange noch klar. Aber dass ihm gesagt wird, er habe offenbar den falschen Beruf – ähnlich wie ein Müllmann, der keine Abfälle in Säcke packen könne – "da fragt man sich schon: Was ist mit der Gesellschaft los? Was ist mit den Menschen los?"

Friedrich Merz hingegen betonte, dass Deutschland im internationalen Vergleich immer noch ein wirklich gutes Gesundheitssystem hat. Ähnlich fiel sein Urteil über die Lage der Bundesrepublik insgesamt aus. "Das Fundament dieses Landes ist stabil" – aber: "Wir haben Renovierungsbedarf auf fast allen Etagen des Hauses, das darüber steht." Sind Sie für die Privatisierung von Kliniken?, wolle Lanz wissen, da Merz in der Sendung wiederholt gemeint hatte: Die Privatwirtschaft hätte das besser gekonnt, etwa die Beschaffung von Masken. Der CDU-Politiker plädierte für ein Nebeneinander privater und staatlicher Krankenhäuser. Er meinte aber auch: "Wir haben in diesem Land eine fatale Neigung zu glauben, der Staat kann alles besser" und meinte mit Blick auf das Corona-Krisenmanagement: "Wir bereiten uns nicht genug vor auf Probleme, die absehbar sind."

Wird Merz grüne Kanzlerin akzeptieren?

Apropos "vorbereiten". Auf die Frage, wo eigentlich der Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet sei, antwortete Merz: "Er bereitet sich intensiv auf die Bundestagswahl vor." Kritik, dass der CDU-Chef untergetaucht sei, wies er zurück. "Ruhig, konzentriert und trotzdem engagiert auf die Sache zuzugehen, finde ich richtig." Merz wurde von seinem einstigen Konkurrenten Laschet in dessen Wahlkampfteam geholt und ist dort für Wirtschaft und Finanzen zuständig. Ein Ministerposten wäre damit für den einstigen Fraktionschef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erneut denkbar. Aber würde er das auch unter einer Kanzlerin Annalena Baerbock machen?, fragte Lanz. "Mit der Frage 'was wäre wenn?' beschäftigte ich mich am 27. (September) morgens ab 9 Uhr", wich Merz aus. "Schließen Sie es aus?", hakte der Moderator nach. "Auschließeritis führt uns überhaupt nicht weiter", konterte der Christdemokrat.

Zu einem ähnlichen Schluss war die CDU bei ihrem Mitglied Hans-Georg Maaßen gekommen. Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident tritt jetzt sogar als Thüringer Direktkandidat bei der Bundestagswahl an. "Ich respektiere eine souveräne Entscheidung von Wahlkreisvertreterversammlungen", kommentierte Merz die umstrittene Personalentscheidung. Eine klarere eigene Meinung hatte er bei der Reaktion der nordrhein-westfälischen Staatssekretärin für Integration, Serap Güler, auf die Aufstellung Maaßens. "Wie kann man so irre sein und die christdemokratischen Werte mal eben über Bord schmeißen?", hatte die CDU-Politikerin den Parteifreunden in Südthüringen auf Twitter vorgeworfen.

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"Ich halte das für inakzeptabel", kommentierte Merz Gülers Aussage. Als beamtete Staatssekretärin sich so zu äußern, "das steht ihr nicht zu". Dann stritt sich Merz mit der Energieökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung um die Umsetzbarkeit der Energiewende und am Ende ging es natürlich erneut um seine Antipathie gegen gegenderte Sprache.

Krankenpfleger Lange saß die letzten 45 Minuten der Talkshow nur noch stumm auf seinem Platz. Irgendwie hatte man den Eindruck: Dieser Mann hat gerade ganz andere Probleme.

Verwendete Quellen
  • "Markus Lanz" vom 6. Mai 2021
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